
Common - A beautiful revolution pt. 2
Loma VistaVÖ: 10.09.2021
Stevie Wonders Dachboden
Sagen wir, wie's ist: Common ist verdammt uncool. Der Chicagoer Rapper hat die Ausstrahlung eines bibelzitierenden Jugendarbeiters, bewegt sich seit Ewigkeiten nicht mehr in der Relevanzzone seines Genres und hat mit Ende 40 schon zwei Memoiren veröffentlicht. Doch wer in seiner Schauspielkarriere schon einem animierten Kaiserpinguin die Stimme geliehen hat, schert sich vermutlich einen Dreck um die Einordnung in irgendwelche Coolness-Schubladen. Seit geraumer Zeit macht Lonnie Lynn, so scheint es zumindest, was er will. Mit dieser Einstellung konnte er sich nach wahrhaft gruseligen Alben wie "Finding forever" und "Universal mind control" auch musikalisch wieder fangen, obwohl – oder gerade weil – er eher am Rand des aktuellen HipHop-Brennpunkts steht. "Let love" und "A beautiful revolution pt. 1" etablierten einen warmen, souligen Bandsound, der für die Lyrics um Selbstliebe und einen friedlich-spirituellen Rassismus-Protest genau richtig war. Um aber ja nicht in dieser Ästhetik festzufrieren, löst er sich auf dem zweiten Teil des letztgenannten Konzeptwerks wieder davon, ersetzt das so prägnante Klavier durch eine zackige E-Gitarre und agiert generell mit mehr Drive als zuvor.
In diesem Sinne ist "A beautiful revolution pt. 2" deutlich rhythmusorientierter als sein Vorgänger, klingt ähnlich organisch, aber nähert sich mehr dem Funk an. Ein aus der Zeit gefallenes Instrumental wie das von "Majesty (Where we gonna take it)", in dem sich Sechssaiter, Bass und Synthie-Akzente wie Legosteine zu einem luftdichtverschlossenen Groove zusammensetzen, könnten Common und seine Produzenten auch auf Stevie Wonders Dachboden gefunden haben. Was die Platte neben der thematischen Ausrichtung am ehesten mit dem ersten Teil verbindet, ist die Stimme der Sängerin PJ, die wieder fast jede Hook beisteuert – und dazu in "A beautiful Chicago kid" auch mit Reggae-esker Slacker-Pose eine gute Figur abgibt. Ihre erneut bereichernde Präsenz verhindert allerdings nicht, dass einige Songs zu oberflächlich vorbeirauschen und zu einer zwar bewegungsanregenden, aber konturlosen Suppe verschwimmen. Zudem passt Commons eigener Rapstil mit seiner überdeutlichen Artikulation nicht optimal zu den agilen Beats, und seine lyrische wie technische Performance ist nicht ganz auf der Höhe. Ein zweites "Be" darf man vielleicht nicht mehr erwarten, weniger cringy Zeilen als "My stepfather was a plummer / So I understand pressure" allerdings schon.
Dementsprechend ist es alles andere als schade, dass sich der 49-Jährige oft zurücknimmt und seinen teils prominenten Gästen die Bühne überlässt. Dem knochentrockenen Handclap-Blues "Poetry" drücken Marcus King und Gitarrist Isaiah Sharkey dick ihren Stempel auf, während Alabama-Shakes-Frontfrau Brittany Howard den gefühlvollen Paartanz "Saving grace" schnell in eine Solo-Nummer verwandelt. Am meisten Spaß macht indes "When we move", ein hibbeliges Stück Afro-Funk mit The-Roots-MC Black Thought und einem fiebrigen Bläser-Part, arrangiert von Seun Kuti, dem jüngsten Sohn Felas. So ist "A beautiful revolution pt. 2" trotz des ungewohnten Soundbilds typisch für im Grunde alles, was der Rapper seit 2012 veröffentlicht hat: nicht begeisternd, aber gefällig mit ein paar Highlights, um Botschaften bemüht, aber nicht extrem zeigefingrig und vor allem ursympathisch in seiner Verweigerung jeglicher Genre-Trends. Da lässt man ihm auch die etwas nichtssagenden Vorträge von Jessica Care Moore respektive Morgan Parker im In- und Outro durchgehen, schließlich ist Common kein Laberkopf, sondern engagiert sich außerhalb der Musik mit diversen Hilfsprogrammen aktiv für soziale Gerechtigkeit. Den Einleitungssatz müssen wir deshalb an dieser Stelle als glatte Flunkerei entlarven: Common ist doch verdammt cool.
Highlights & Tracklist
Highlights
- A beautiful Chicago kid (feat. PJ)
- When we move (feat. Black Thought & Seun Kuti)
- Poetry (feat. Marcus King & Isaiah Sharkey)
Tracklist
- Intro (Push out the noise) (feat. Jessica Care Moore)
- A beautiful Chicago kid (feat. PJ)
- When we move (feat. Black Thought & Seun Kuti)
- Set it free (feat. PJ)
- Majesty (Where we gonna take it) (feat. PJ)
- Poetry (feat. Marcus King & Isaiah Sharkey)
- Saving grace (feat. Brittany Howard)
- Star of the gang (feat. PJ)
- Imagine (feat. PJ)
- Get it right (feat. Raphael Saadiq)
- Outro (Exclamation point) (feat. Morgan Parker)
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Armin
2021-09-06 11:13:15- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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