Ty Segall - Harmonizer

Drag City / Indigo
VÖ: 03.08.2021
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Mit künstlichen Grüßen

Da ist er ja schon wieder. Oder sollte man eher sagen: Da ist er ja endlich wieder? Zwei Jahre Pause zwischen zwei Alben gibt es bei der kalifornischen Krawallschachtel Ty Segall jedenfalls höchst selten, und so kam schon fast ein wenig Sehnsucht auf. Aber keine Sorge: Für Nachschub aus der Pandemie-Bubble ist gesorgt und bei Segall gibt es ja sogar auf schwächeren Outputs immer die eine oder andere Großtat. Das ist auf seiner nun tatsächlich 13. unter eigenem Namen veröffentlichten Platte "Harmonizer" auch gar nicht anders, wenngleich die Tage von Segall als alles wegfegenden Tausendsassa nun irgendwie doch so langsam hinter ihm zu liegen scheinen. Aber dennoch: Spaß macht das noch immer allemal und unter die Haut geht es hier und da natürlich auch.

"Harmonizer", das sogar fast auf den Tag genau zwei Jahre nach "First taste" erscheint, macht entsprechend viel richtig. Segalls Mischung aus dreckigem Noise und psychedelischem Blues weiß zwar nicht immer von der ersten Sekunde an einzufangen, aber beißt früher oder später doch fest zu – und lässt so schnell auch nicht mehr los. Auffällig ist jedoch die arg künstliche Komponente: Keyboards und Drum-Computer sind nun zwar wahrlich keine neuen Elemente in Segalls Repertoire, wirken hier aber stellenweise fast schon aufdringlich im Vordergrund. Da kommt ein Stück wie etwa der Titeltrack zuerst kaum richtig in Fahrt und verheddert sich in seiner zweiten Hälfte auch noch in einem völlig überbordenden Chaos, während das zähe "Ride" sich ein bisschen zieht wie Kaugummi an der Schuhsohle und schnell ebenso nervig wird. Da kommt das lässig groovende "Whisper" gerade richtig und zeigt, wie es besser geht: Hier trifft jeder Ton ins Schwarze und Segall läuft auch ohne viel Schnickschnack auf Hochtouren.

Deutlich intensiver gibt sich das darauffolgende "Erased", das sich mit schriller Gitarre direkt ins Herz schrammelt und genau dieses schließlich mit hörbarem Genuss in seine Einzelteile zerfetzt. Eine solche Konsequenz bieten nicht alle der neun Stücke auf "Harmonizer", aber die meisten zumindest ansatzweise. Während "Waxman" noch Garage-Rock mit angezogener Handbremse präsentiert, ehe die letzten 45 Sekunden endlich die Sau rauslassen dürfen, tanzt sich "Play" von Anfang an in schmuddeliger Siebzigerjahre-Schlaghose den Frust von den Knochen. Am Ende beweist Ty Segall eben vor allem seine Wandlungsfähigkeit und bietet "Harmonizer" doch genau das, was man erwartet: das Unerwartbare. In diesem Sinne hat sich auch auf dem 13. Album nichts verändert. Segall macht, was er will und wie er es will – das ist mal rauher, mal herzlicher, mal zärtlicher oder, wie in diesem Fall, eben künstlicher. Und doch immer verflixt authentisch.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Whisper
  • Erased
  • Play

Tracklist

  1. Learning
  2. Whisper
  3. Erased
  4. Harmonizer
  5. Pictures
  6. Ride
  7. Waxman
  8. Play
  9. Feel good
  10. Changing contours
Gesamtspielzeit: 35:24 min

Im Forum kommentieren

Kojiro

2021-09-07 12:46:55

"Feel Good" bisher auch einer meiner Lieblingssongs 2021.

Armin

2021-08-27 21:19:40- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

fuzzmyass

2021-08-05 13:54:23

Manipulator ist mein Favorit... First Taste fand ich aber auch großartig. Irgendwie ist es fast egal was er macht, das wird immer mindestens gut...

fluppeaufex

2021-08-05 13:48:58

überragendes album welches mir weit besser gefällt als zuletzt zb "first taste". generell fänd ich es aber schön mal wieder ein album im stile von "melted" oder "twins" von ihm zu hören. sprich, weniger experimente, mehr lofi garage.

fuzzmyass

2021-08-04 12:18:38

"das ist seine Frau, der Gesang, oder?"

Ja.

"Sooooo große Lust auf mal wieder live Sehen!"

Oh ja! 3 Mal gesehen bisher, das war überragend!

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