Freindz - High times in Babylon

IME / Al!ve
VÖ: 30.07.2021
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Schweigefüchse

"Verdammt, wir brauchen jetzt echt mal einen verdammten Namen, unter dem wir das Zeugs raushauen..." murmelt Aydo Abay zu Matthias Sänger. Letzterer ist Songwriter und Produzent aus Köln, ansonsten mit Albert Luxus unterwegs. Als Freindz starten er und der Abay-Kopf mit Blackmail-Historie nun ein Spontanprojekt, von dem ausdrücklich nicht überliefert ist, dass sich die eingangs phantasierte Art der Annäherung an den Bandnamen so oder so ähnlich zutrug. Ein Projekt, von dem man vielmehr gar nichts wusste. Außer vielleicht, dass Beatsteaks-Drummer Thomas Götz sich der Umsetzung der Stücke an den Schlagstöcken angenommen hat. Der Schweigefuchs hatte vorzügliche Arbeit geleistet, bis zum Release – und der begleitenden Web-Vernissage als Live-Promo-Event. Das wirklich Gute neben dieser gelungenen Überraschung ist jedoch: Wie bei eigentlich allen bisherigen Projekten, denen ein Aydo Abay sich annimmt, ist es unterm Strich ziemlich wurscht, was drauf steht. Solange das, was drin ist, so gut ist.

Vorab: Nach Beatsteaks klingt hier abseits des druckvoll geschwungenen und manchmal windschiefen Drummings von Götz kaum etwas, nach Abay oder Blackmail auch nicht direkt, aber dann doch hin und wieder mal. Was aber eher an der Art und Weise von Abays Gesangsstil und an seiner Intonation liegt. Nach was klingt dieses Surprise-Bonbon namens "High times in Babylon" also dann? Nunja, nach Gitarrenmusik, möchte man schreiben. Und ja, das sollte man sogar. Zumal sich Anhänger jenes "Genres" diebisch freuen über den drückenden Opener "Prepper spray", der spätestens in der zweiten Hälfte mit seinem exzellenten Synthie-Refrain und ordentlich Dampf auf dem (Götz-)Kessel das Hinterteil in Wallung und die Füße zum Zappeln bringt. Schon jetzt unter den besten Gitarren-Tracks des Jahres. Überhaupt kredenzt das Spontan-Trio uns eine Platte ausschließlich mit Volltreffern, der eine mitunter etwas mehr als der andere, aber – und nun nicken vielleicht eher die Spotify-Jünger insgeheim leicht beschämt – (fast) geschenkt.

Freindz liefern in erster Linie eine bunte Mischung: Mal luftigen 90s-Brit-Sound wie mit "Wish I was made in England" oder dem eingängigen "Lit", mal sphärisch und psychedelisch arrangierte Songs wie das schwelgerische "Clickbait heart" oder das Titelstück samt seiner hübschen Klavier-Sprenkel. Oder mal einfühlsamen, modernen Pop wie das balladeske "Dopine". Zynisch wird's in "Panasonic rolemodel", und nicht erst ab Abays lautstarkem "We are all going straight to hell" kommt aufmerksamen Hörer*innen das verschmitzte Songwriting eines Damon Albarn in den Sinn. Wem das alles noch nicht ausreichend illustre Musik-Paten sind, denen die Herren Sänger und Abay beim Schreiben der zehn Songs womöglich auch ein wenig huldigten, der bekommt im beschwingten "King of the hopper" noch eine blitzsauber getaktete Bläser-Sektion inmitten des beinah jazzig-krautigen Finales geboten. Arty und düster wird es mit "Demon lol". Doch weder die tolle und oft überraschende Instrumentierung dieses Albums noch das finale, achtminütige und hintenraus fast postrockende Epos "A reptile for the faint" treiben uns trotz bester Unterhaltung den inneren Teufel aus. Denn der ist, im Gegensatz zum Schweigefuchs, leider menschlich.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Prepper spray
  • Clickbait heart
  • Panasonic rolemodel
  • King of the hopper

Tracklist

  1. Prepper spray
  2. Lit
  3. I wish I was made in England
  4. Dopine
  5. High times in Babylon
  6. Clickbait heart
  7. Panasonic rolemodel
  8. King of the hopper
  9. Demon lol
  10. A reptile for the faint
Gesamtspielzeit: 45:50 min

Im Forum kommentieren

fuzzmyass

2023-12-09 12:22:07

Habs auf Vinyl und finde es nicht schlechter als Musa Dagh, eher besser

Hierkannmanparken

2023-12-09 11:05:30

Prepper Spray ist so ein guter Song

afromme

2023-12-09 10:39:25

Bin bei Felix H - bei Musa Dagh komm ich nicht so richtig rein, Freindz höre ich immer noch sehr gern.

Affengitarre

2023-12-08 20:37:36

Ich war gestern ziemlich verblüfft als ich gesehen habe, wie verdammt wenig Plays die einzelnen Songs auf Spotify haben. Der wunderbare Closer schafft es nicht einmal auf 4000 Plays. Das finde ich schon sehr schade.

Felix H

2023-03-10 14:25:48

Schön. :-D
Ja, mir gefällt es tendenziell auch besser als Musa Dagh sogar.

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