Desire Marea - Desire

Mute / PIAS / Rough Trade
VÖ: 06.08.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Meine Tanten

Hier sollte jeder hinhören, der etwas mit urbaner Musik aus dem Leftfield anfangen kann. Buyani Duma alias Desire Marea aus Durban pfeift auf die heutzutage viel zu eng gewordene Einordnung in männlich und weiblich und etabliert sich als menschliches Wesen, dessen künstlerischer Ausdruck sowohl Rave-Ekstase als auch spirituelle Einkehr beinhaltet. Manchen vielleicht als eine Hälfte des Duos Faka bekannt, hat Marea das vorliegende Debüt "Desire" digital auf dem eigenen Label bereits Anfang 2020 veröffentlicht. Nun folgt der physische Release – eine willkommene Gelegenheit für ein größeres Publikum, diese Musik zwischen cleveren Großstadtsounds und fast schon sakraler Würde zu entdecken.

Den eher tradtitionellen Gqom-Sound bei Faka, eine südafrikanische House-Spielart, lässt Marea hier hinter sich, setzt distinktiv moderne Akzente. Der Club ist dabei oftmals Inspiration für die Rhythmik, so im maximal betörenden "Tavern kween", welches Marea den eigenen Tanten widmet, die sich ihrerseits einen Platz in der männlich dominierten Kneipenlandschaft der Heimat erkämpften. Das stampft mächtig, schiebt ordentlich an, doch gibt es auch Stillstand-Phasen, wo gefährlich funkelnde Bläser aufheulen. Diese Vermittlung zwischen synthetischer Urbanität und treibender Leidenschaft in der Gesangsmelodie sind ein Markenzeichen, das Marea wunderbar einzusetzen weiß.

Extrem spirituell mutet auch der Gesang von "You think I'm horny" an, irgendwo aus einer geistigen Einkehr erhebt sich dieses mächtige Stück, das die Abwendung von kurzfristiger sexueller Lust hin zu einer tiefgreifenden Liebe proklamiert. Wie die einzelnen Gesangslinien durcheinander schwirren, durch den Track geistern, immer unter dem Leitstern eines mal kräftigen, mal verschachtelten Beats, ist große Kompositions- und Produktionskunst. Diese Musik ist immer reichlich ausgefuchst und clever, vergisst aber nie den emotionalen Faktor.

Der grelle Sound zu Beginn von "Thokozani", ein kleiner Gruß an die indische Community in Durban vielleicht, überführt in eine klangliche Umgebung, die als Startpunkt sowohl für kühl-distanzierte als auch für wärmere Töne dienen könnte. Es entsteht dann tatsächlich eine Mischung aus beiden. Die Breaks in der Rhythmik werden durch fast liebliche Synth-Sounds weichgezeichnet und trotzdem herrscht ein unnachgiebiger Drive, die betriebsame Hektik einer Metropole. In dumpfem Hall steht dann "Uncle Kenny", die Gesangsmelodie vermittelt in ihrer Weichheit, in ihrem sanften Wechsel zwischen Höhen und Tiefen einen liebevollen Umgang mit dem eigenen Andenken. Nachgerade garstige Sprach-Sequenzen und psychotische Drums leiten hingegen die abschließenden "Studies in black trauma" ein. Hier präsentiert sich Marea zerrissen und am Limit der geistigen Gesundheit. Dieser gewaltige Abgesang wirft ein unversöhnlichen Schatten auf ein Werk, das zwischen kühlen, unnahbaren Sounds immer wieder das emotionale Sentiment aufruft. Aber auch dieser Schlusstrack findet noch seinen Weg zu verspielt-fröhlichen Sounds, ein blühendes Pflänzchen im tiefsten Graben. Liebe und Anteilnahme können halt viel bewirken.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • You think I'm horny
  • Tavern kween
  • Uncle Kenny

Tracklist

  1. Self center
  2. Zibuyile izimakade
  3. You think I'm horny
  4. Tavern kween
  5. Thokozani
  6. The void
  7. Uncle Kenny
  8. Ntokozo
  9. Studies in black trauma
Gesamtspielzeit: 40:29 min

Im Forum kommentieren

MasterOfDisaster69

2021-08-26 01:11:00

Remix version
https://www.youtube.com/watch?v=mIXJfwW6zOc

MasterOfDisaster69

2021-08-26 01:08:41

Tavern Kween hat was.

Eurodance Commando

2021-08-15 17:40:33

Das interessiert mich.

Armin

2021-08-15 17:33:52- Newsbeitrag

Frisch rezensiert. Also fast frisch. Ich hab doch tatsächlich am Freitag die Threads vergessen.

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