
Mega Bog - Life, and another
Paradise Of Bachelors / CargoVÖ: 23.07.2021
Wald und Wüste
Viele Einflüsse, viele Eigenschaften. Erin Birgy war immer schon einzigartig in ihrer künstlerischen Ausgestaltung. "Life, and another" ist bereits ihr sechstes Album als Mega Bog und wieder fällt eine Kategorisierung schwer, da hier unheimlich viel angesteuert wird. Im weitesten Sinne ist das Art-Pop, der ein jazziges Grund-Feeling transportiert. Innerhalb dieser Klammern herrschen jedoch eine unheimliche Wandelbarkeit und Bewegungsfreiheit, Birgy limitiert sich nie selbst. Die Vielfalt dieser Platte spiegelt sich schon in den Entstehungsorten der Musik, die sowohl in der Wüste, nahe des Rio Grande, als auch in den üppigen Wäldern rund um Seattle geschrieben wurde. Die musikalischen Mitstreiter decken ebenfalls ein weites Feld ab: Big Thiefs James Krivchenia ist genauso dabei wie Meg Duffy von Hand Habits, dazu steuert Ambient-Künstler Matt Bachmann einige sphärische Klänge bei. Inhaltlich inspiriert wurde "Life, and another" sowohl von weit gefassten Themen wie der Weltraum-Kolonisation, als auch von den Werken des Künstlers David Wojnarowicz, welcher in der Einsamkeit Ekstase fand. Viel los also auf einem Album, welches trotz kontrastierender Momente nicht allzu eklektisch wirkt.
Denn "Life, and another" durchzieht ein organisches Band-Feeling, ob dies sich nun im südamerikanischen Groove von "Weight of the earth, on paper" niederschlägt oder im beschwingten Latin-Folk des Openers "Flower". Immer ist man sich bewusst, dass hier einige Musiker zusammengekommen sind, um etwas Lebendiges einzuspielen. Die Bläser in "Crumb back" besitzen eine rostige Knitterigkeit, erzeugen aber Schub und Druck. Die Stimme Birgys unternimmt während der Songs zwar so manchen Abzweig in Richtung schräger Artikulation, doch prägend ist eine nonchalante Nüchternheit. Das Coole bis Unterkühlte ist ein geschmackvoller Widerpart zur oft hitzigen Instrumentierung.
Es sind oft kleine Details, die die Stücke lebendig machen. Das Klavierklimpern mit loser Melodiefolge in "Butterfly" besitzt genau das Maß an Struktur und Substanz, um den Song mild zu steuern. Die quietschenden Geigen widersprechen dem nur dosiert mit schrillen Tönen. Es enstehen immer wieder sehr lebendige Dialoge zwischen den Instrumenten, die mitunter die Detailfülle von inspirierten Jazz-Jams besitzen, von Birgy aber immer wieder in ein kompaktes Song-Format eingebunden werden. Besonders gelungen wirkt dies bei Passagen, die irgendwo zwischen Bedroom-Pop und einem elektrifizierten Slowcore agieren, so im Titelsong oder in "Station to station".
An der Album-Struktur fällt auf, dass die zweite Hälfte der Platte noch etwas loser aufgehängt ist, kurze, skizzenhafte Einwürfe prägen eine klangliche Landschaft, die mehr auf Stimmungen setzt als auf voll ausformulierte Songs. So etwas wie "Adoreable" gerät dabei zu gehobener Kunst, Akustikgitarren gleiten neben dramatischem Gewitter-Bollern, der lässige Lauf neben der punktuellen Explosion. Auch der jaulende Hall in "Bull of heaven" sieht sich mit der Wucht von Industrial-Drums konfrontiert, an dieser Stelle geht es nicht um ein songwriterisches Narrativ, sondern um die Ekstase einer einzelnen Situation. "Before a black tea" sitzt dann in der Nachbarschaft jenes Folk-Prog, den Ryley Walker kürzlich so schön dargeboten hat. Richtige Similaritäten lassen sich bei diesem Album aber nur schwer aufzeigen, zu eigen ist dieser Mix aus Art-Pop, Folk und Jazz. Schön, dass hier merklich nichts eingedampft und zurecht gestutzt wurde.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Station to station
- Weight of the earth, on paper
- Life, and another
- Before a black tea
Tracklist
- Flower
- Station to station
- Weight of the earth, on paper
- Crumb back
- Butterfly
- Life, and another
- Maybe you died
- Beagle in the cloud
- Darmok
- Adorable
- Bull of heaven
- Obsidian lizard
- Before a black tea
- Ameleon
Im Forum kommentieren
Peacetrail
2021-07-21 21:18:18
Nach der Kritik im ME und dieser hier freue ich mich da mega drauf.
PS: Die ersten vier Kritiken, die ich geöffnet habe, waren Mega Bog, Ora the molecule, Runner und Squirrel Flower, und in allen ist Bat for Lashes die Referenz. Die Band muss ich mir anscheinend mal geben.
Armin
2021-07-21 21:13:42- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Mega Bog - Life, and another (2 Beiträge / Letzter am 21.07.2021 - 21:18 Uhr)