William Fitzsimmons - Ready the astronaut

Grönland / Rough Trade
VÖ: 25.06.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Alles mittig

Nicht zu hoch fliegen, auch nicht zu tief, genau in mittiger Höhe eine hoffnungslose Zufriedenheit finden. William Fitzsimmons' neues Album "Ready the astronaut" steht im Zeichen der Resignation. Da, wo seine letzte Platte "Mission bell" in Verzweiflung und brüchige Hoffnung getaucht war, spiegeln die neuen Songs eine Ruhe nach dem Sturm wider. Die Beziehung zu seiner Ehefrau ist endgültig vorbei, alles abgeschlossen. Dazu greift Fitzsimmons die Geschichte von Ikarus auf, der zu hoch strebte. Aber auch der titelgebende Astronaut ist ein sprechendes Bild. Als der junge William, Sohn zweier Menschen mit Behinderung, übergewichtig und Ziel für jede Menge Spott in der Schule, einen Ausweg aus der tristen Realität suchte, nahm die Vorstellung, ins All zu flüchten, reizvolle Konturen an.

Resignation und Realitätsflucht sind dann auch Charakteristika, die auf die Musik des Amerikaners zutreffen. Man kann in diese weichen, gleitenden Folk-Songs seit jeher eintauchen und mit ihnen wegdriften. Dabei herrscht immer eine traurige Milde, nichts geht dabei jedoch ins Extrem. Die Stimme Fitzsimmons' ist dabei immer weich und zärtlich. Natürlich ist dies inzwischen ein mehr als erprobter Modus, und ganz kann der Musiker den Vorwurf der stilistischen Stagnation nicht entkräften, andererseits gibt es wenige Künstler, bei deren Musik man sich direkt derart aufgehoben fühlt. Und trotz der übergeordneten Gleichmäßigkeit gibt es Details, die für moderate Abwechslung sorgen.

Das behutsame Stop and go vom eröffnenden "Dancing on the sun" unterbricht direkt zu Beginn sanft den sich aufbauenden Fluss, dazu ist der Gesang erhaben wie immer, setzt allmählich den Weg in Richtung unaufgeregte, getragene Hymnik. "No promises" verpasst Fitzsimmons' Sound einen dezenten elektronischen Anstrich, bleibt dabei jedoch reduziert und genügsam. Man wird erneut keine wuchtigen Ausbrüche in diesen Stücken ausmachen, dies braucht es aber auch nicht, um zu fesseln.

"Deadalus my father" benötigt sogar nur einen Akkordwechsel und ein sacht ansteigendes Tempo, um eine tragende Dramaturgie aufzubauen. Und dieses "I thought / That I could fly / With the wings of my father / Stretched to the sky" wird wunderbar in ein helles melodisches Licht getaucht. Fitzsimmons lässt seine Songs in Ruhe wachsen, sich ohne Hast entfalten, oft ist dabei der nüchterner Gesang, wie im Titeltrack, der augenscheinlichste Orientierungspunkt und Inhaltsträger. Die Instrumentierung hält sich zurück, ergänzt nur behutsam, mal mit einer etwas markanteren Melodie von der E-Gitarre, mal mit etwas kraftvolleren Drums. Aber dies sind bereits die Speerspitzen musikalischer Dringlichkeit auf "Ready the astronaut". Es gibt also nicht viel Neues auf diesem Album, Fitzsimmons hat jedoch seine Kunst behutsam weitergetrieben. Dabei bleiben kontrastierende Einsprengsel wie die lebendigen Synths von "You let me down" zwar die Ausnahme, dies stört jedoch weniger, da hier jemand schon längst seine artistische Sprache gefunden hat.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dancing on the sun
  • Daedalus, my father
  • You let me down

Tracklist

  1. Dancing on the sun
  2. No promises
  3. Down with another one
  4. Daedalus, my father
  5. As long as I can breathe
  6. Ready the astronaut
  7. You let me down
  8. Maybe she will change her mind
  9. If I fell back to Earth (You will never find me)
  10. Icarus
  11. To love forever
Gesamtspielzeit: 41:12 min

Im Forum kommentieren

VelvetCell

2021-07-02 13:23:39

"The Sparrow And The Crow" war eine Großtat! Danach wurde es leider etwas beliebig. Aber immer noch gut. Ob ich mir das neue Album kaufe, weiß aber noch nicht.

Mr Oh so

2021-07-01 21:42:58

Ach ja, der gute alte William. Man muss ihn halt mögen. Bin allerdings damals nach dem dritten Album ausgestiegen.

Armin

2021-06-18 22:03:13- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2021-05-14 20:05:41- Newsbeitrag

Im Laufe seiner Karriere hat sich William Fitzsimmons einen Namen damit gemacht, ehrliche und nach innen gerichtete Folksongs zu schreiben. Songs, die freimütig und unerschrocken die Entwicklung seiner Selbst untersuchen, während sie geschickt Williams Talent für tragende Melodien und eingängige Arrangements nach außen kehren. Dabei ist es kein Zufall, dass sich die Themen oft aus den dunkleren Bereichen der menschlichen Existenz speisen.

Über die letzte Vorabsingle „Dancing On The Sun“ sagt Fitzsimmons: „Love is a force like no other. It leads us to acts of unfathomable sacrifice, and also to unspeakable harm. It can cause us to feel joy that is not explainable with words; like dancing on the sun or walking upon water. But when we deny reality, when we forget that we are in danger of falling to the sea. Dancing on the sun is a morale about being caught up in passion, but forgetting that pain and pleasure are never too far from each other.”



Armin

2021-01-19 20:17:41- Newsbeitrag

Der US-Amerikaner bedarf eigentlich keiner Vorstellung. Nach sieben Alben, unzähligen Tourneen um die Welt und einer insgesamt eher intensiven Vergangenheit, veröffentlichte der melancholische Songwriter letzten Freitag mit der Single „Down With Another One“ neue Musik. Und hier ist das Video dazu:




RELEASE INFO



“Like watching a winged man falling into the sea. Down With Another One is the story of a person coming to terms with the inability to ever find a trusting love, or ever being the kind of partner and person they desperately want to be. It`s resigning to failure as you watch yet another relationship fall to his death, and wondering if perhaps one will ever actually be able to fly.”



Im Laufe seiner Karriere hat William Fitzsimmons seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben einer speziellen Art von ehrlichen und nach innen gerichteten Folksongs verdient, die furchtlos und offen das sich-entwickelnde-Selbst untersuchen, während er sein Talent für robuste Melodien und eingängige Instrumentierung gekonnt vermittelt. Es ist kein Zufall, dass sich die Themen eher mit den dunklen Seiten der menschlichen Existenz und Beziehungen befassen.



“I get that question all the time: ‘You ever gonna write some happy music?’” Fitzsimmons erzählt. “There are a million different good answers—to paraphrase Ani DiFranco, ‘When I’m happy I just want to live, I don’t want to write about it’—all that’s true. Personally, my job description when it was handed to me, for whatever reason, was: ‘You need to write about the hard shit.’ It became my responsibility. It might sound a little egotistical, and I don’t mean it to, but it’s just my job. That’s what I do, and I do it well. So, I write ‘sad music’; if that’s how someone wants to categorize it, that’s fine. But if you look a little deeper, I think there’s a lot more going on.”



„Down With Another One“ ist ein weiterer Vorgeschmack auf das dieses Jahr via Grönland Records erscheinende Album „Ready The Astronaut“.




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