
AFI - Bodies
Rise / SonyVÖ: 11.06.2021
Whatever happened
Die Achtziger sind musikalisch nicht totzukriegen und waren nie weg, abgesehen vielleicht von einigen Jahren inmitten der Neunziger, als eine unerbittliche Grunge-Walze die glitzernden Keyboards unter meterdickem Staub und miefenden Karo-Hemden begrub. Jedenfalls bauen Musiker*innen aus sämtlichen Genres auch heute noch auf Synthies und elektronische Effekte von einst. AFI reiten nunmehr seit den frühen 00er-Jahren auf der Dark-Punk-Welle, doch so deutlich wie auf "Bodies" strahlten die 80er-Jahre nie durch. Stellvertretend hierfür ist "Dulcería". Der Track punktet mit feinem Basslauf und schöner Dramaturgie, wäre aber sehr gern auch Bonustrack auf The Cures Klassiker "Kiss me kiss me kiss me" geworden.
"Bodies" fühlt sich nach den ersten Durchläufen in erster Linie melodisch, luftig und fluffig an. Von Punk oder hektischem Stakkato-Takt eher bloß versandete Spuren, dafür Midtempo, Melancholie und in auffälligen Momenten mal hymnischer Alternative-Rock. Wie etwa beim vorab ausgekoppelten, auf simpler Dreiakkord-Folge tanzenden "Looking tragic", oder beim gar feinen, kraftvollen "No eyes". Klar, AFI zollen gerne Tribut, so deutlich wie auf "Bodies" verschleierten die verehrten Vorlagen den eigenen, durchaus markanten Sound noch nie.
Was im Opener "Twisted tongues" durchaus passabel gelingt, da die Mixtur aus dunklem Ambiente, scharfen Riffings und Stadion-Refrain greift, rutscht hier und da auch mal ins Belanglose. "Death of the party" macht keinen Hehl daraus, dass Davey Havok und Co. Depeche Mode auf Repeat laufen hatten, ebenso aufs Heft von Dave Gahan und Konsorten gelinst haben die Amerikaner für die Dark-Pop-Ballade "Back from the flesh". Weiterentwicklung nennen sie das im Hause AFI, wie Gitarrist Jade Puget betont. Im Falle des angenehm tiefgehenden Closers "Tied to a tree" und seinem flehenden Refrain, stimmt der Rezensent zu. Jedoch ist der Grat auch hier nicht allzu breit, da einige das auch als langweilig abtun könnten.
"Begging for trouble" als Vorab-Track? Hat ohne Zweifel Energie und macht Spaß, blinzelt im Refrain aber auch kräftig in Richtung der Glam-Metal-Veteranen Manowar, selbst wenn diese Reminiszenz höchst sympathisch sein mag. Jene, denen das alles nicht too much ist, freuen sich über den verstärkten Hall auf Havoks Stimme genauso wie über die durchaus treffende Produktion Tony Hoffers, einst schon für Depeche Mode an den Reglern. Unterm Strich ist es dann auch einem simplen und frischen Punkrocker wie "On your back" zu verdanken, dass "Bodies" sich das Prädikat "überdurchschnittliches Album ohne Ausfälle" verdient, jedoch ohne dem beachtlichen Backkatalog der Truppe große Highlights hinzuzufügen. Den Flux-Kompensator werden AFI vermutlich so schnell nicht abstellen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- On your back
- No eyes
- Tied to a tree
Tracklist
- Twisted tongues
- Far too near
- Dulcería
- On your back
- Escape from Los Angeles
- Begging for trouble
- Back from the flesh
- Looking tragic
- Death of the party
- No eyes
- Tied to a tree
Im Forum kommentieren
Affengitarre
2023-01-12 21:17:46
Das Album ist für mich ein ganzes Stück besser als zunächst gedacht. Die stärkere Orientierung an ihre Helden der 80er steht der Band ziemlich gut, ohne dass dabei zu viel Eigenständigkeit verloren geht. Der Einstieg mit dem tollen „Twisted Tongues“ ist klasse, „Far Too Near“ und „Dulceria“ halten das Niveau des Openers dann auch weiter. Ganz zu konsistent bleibt es leider nicht. „Back from the flesh“ ist ein eher misslungenes Experiment mit diesen echt nervigen Vocalsamples, „Looking Tragic“ rauscht etwas unspektakulär an mir vorbei. Dennoch ist das Album für mich eine positive Überraschung mit vielen guten Melodien, einer angenehmen klanglichen Vielfalt und einer guten Länge. Und ich mag Davey Havoks Stimme einfach sehr.
Highlights: „Twisted Tongues“, „Dulceria“, „Begging for Trouble“
Bcz789
2021-06-12 11:37:39
Zum Glück hat Visions "Bodies" zur Platte des Monats gemacht, sonst wäre mir diese Perle wohl entgangen, eine 8/10 von mir.
Aus irgendwelchen Gründen ist AFI in den letzten 30 Jahren an mir vorbeigerauscht. Der Name war mir zwar aus alten HC-Zeiten noch ein Begriff, aber ich kannte keine ihrer Platten und nicht mal Miss Murder kommt mir bekannt vor. Das nur um zu sagen: ich bin kein AFI-Fanboy.
Allerdings bin ich ein Kind der 80er und wenn jemand den Sound von mir geliebten Bands wie Depeche Mode oder The Cure aufgreift und ihn einer Frischzellenkur unterwirft, dann hüpft mein altes Herz. Und genau das passiert hier, meine Herz mach Freudensprünge!
Natürlich kann man da anderer Meinung sein, zwei Punkte in der Rezension finde ich aber schon sehr fraglich. Erstens ist es für mich komplett unverständlich, wie man "Twisted tongues" als "durchaus passabel" bezeichnen kann. Für mich ist der Song bis jetzt der Hit des Jahres und ich bin mir ziemlich sicher, dass der in so einigen SOTY-Listen auftauchen wird.
Zweitens denke ich, "ebenso aufs Heft von Dave Gahan und Konsorten gelinst haben die Amerikaner für die Dark-Pop-Ballade "Back from the flesh"" wirft eine ganz falsches Bild auf. Hier wurde nicht abgeschaut, sondern es ist ein sehr direkte Bezugnahme auf "A question of lust" von DM. Das beginnt damit, dass AFI den exakt gleichen Schlagzeugbeat verwenden. Und natürlich spielen beide Titel auf sexuelle Gelüste an ("lust" und "flesh"). Wo aber Martin Gore seine Freundin anfleht, ihm zu vertrauen, dass er auf Tour anderen Frauen nicht so leicht erliegt, scheint Davey Havok den Gelüsten auf Tour erlegen zu sein und nun zu Kreuze zu kriechen. Das äussert sich dann auch darin, dass die Grundstimmung in AFIs Song eine ganz andere ist. Der Rezensent lässt es so klingen, als ob der Song ein billiger Abklatsch ist. Tatsächlich ist es eine direkte Fortsetzung der Geschichte, die Martin Gore in den 80ern begonnen hat. Und dieser Bezug wird nicht verheimlicht, sondern lautstark hinausposaunt. Meiner Meinung nach ganz grosser Sport.
Armin
2021-06-02 21:26:30- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Affengitarre
2021-06-02 21:22:03
Sind Manowar wirklich Glam Metal? Ansonsten schöne Rezension, seit der "Decemberunderground" sind für mich alle Alben etwa bei 6/10, auch wenn es da schon kleinere Qualitätsunterschiede gibt. Ob ich jetzt eine 80s Version der Band brauche, weiß ich allerdings noch nicht.
Armin
2021-05-28 19:47:28- Newsbeitrag
AFI - veröffentlichen weiteren neuen Song - “Tied To A Tree” - Visualizer / Album "Bodies" am 11.06.21 auf Rise Records / BMG
Die mit Platin ausgezeichnete US-Alternative/Rock Größe AFI, veröffentlicht mit „Tied To A Tree“, einen weiteren Song aus dem am 11.06. erscheinenden Album „Bodies“ (Rise Records/BMG).
"Dies ist nicht nur mein Lieblingssong auf der Platte, sondern ein Beispiel für die Entwicklung der Band", kommentiert Gitarrist Jade Puget den Song.
AFI - „Tied To A Tree“ - Visualizer
Vergangene Woche haben AFI einen Remix-Wettbewerb für ihre aktuelle Single "Dulcería" gestartet. Der Wettbewerb ist auf der interaktiven 360°-Website "The Bodies Experience" zu finden, wo Fans Song-Stems herunterladen und ihre eigene Version des Tracks erstellen können. Die besten Einsendungen werden online präsentiert und können exklusive Preise gewinnen, darunter ein "goldenes Ticket" für zukünftige AFI-Shows. Einsendeschluss ist Freitag, der 4. Juni um 11:59pm PT.
Die Band hat außerdem kürzlich The Ritual Collection orgestellt, eine neue Merch-Linie, die exklusiv in The Bodies Experience zu finden ist. Dazu gehören ein spezielles Deck von Orakelkarten (mit einer Karte für jeden Song), Soja-Gebetskerzen und Räucherstäbchen - alles passende Gegenstücke zu den dunklen und grüblerischen neuen Tracks. Das Artwork des "Tied To A Tree"-Visualizers basiert auf der Kunst, die auf dem Orakelkarten-Deck zu finden ist.
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Referenzen
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