Wolf Alice - Blue weekend

Dirty Hit / Virgin / Universal
VÖ: 04.06.2021
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

So schwerelos

Erfolg um Erfolg sammelten Wolf Alice binnen kürzester Zeit. Mit ihren ersten EPs, vor allem aber ihrem Debüt "My love is cool" 2015 galten sie schnell als eine der kommenden großen Bands von der Insel. Clever verknüpfte das Quartett sowohl britischen Indierock, als auch Grunge oder Ausflüge in die 1970er Jahre. Der recht schnell hinterhergeworfene Nachfolger "Visions of a life" wurde zwar nicht überall geliebt, brachte ihnen aber dennoch weitere Auszeichnungen und Fans. Nach Touren, Touren und noch mehr Touren nahmen sich die vier nun etwas länger Zeit, ein Haus in Somerset und ein Studio in einer alten Kirche, um "Blue weekend" aufzunehmen.

Der Vorbote dessen heißt "The last man on Earth" und sorgt direkt für eine unverhoffte Überraschung. Als hätte es das rotzige, in vielen Momenten nervige "Visions of a life" nicht gegeben, zeigt sich binnen Sekunden, warum Wolf Alice so durchstarteten. Dieser wohlige warme Sound, die wunderschönen melodischen Gesangsmelodien von Ellie Rowsell! Dazu ist "The last man on Earth" genau jener leicht pathetische, Aufbruchstimmung verbreitende Song, welcher nach der schwierigen Zeit der letzten Monate wie gelegen kommt. Die Zeilen des Refrains "You'd like a light to shine on you / Let it shine on you / Let it shine on you" verleihen dem Stück einen gar hymnischen Charakter, hier hat sich das Einmieten in die Kirche bezahlt gemacht. Direkt ein Kandidat für den Song des Jahres. Das kann doch aber nicht das Niveau des ganzen Albums sein?!?

Tatsächlich ist "The last man on Earth" ein Leuchtturm, der weit über dem Album scheint, welches jedoch auf äußerst hohem Niveau stattfindet. "Blue weekend" durchzieht ein erkennbarer Grundsound, der dem Vorgänger komplett abging. Etwas Indierock, etwas (mehr) schwelgerischer Dreampop, dazu jeweils eine leicht pathetische und psychedelische Note sind die Zutaten für ein "blaues" Wochenende.

Bekannt und wieder dabei: das Händchen für komplett unterschiedliche Hits. Sei es das rockende "Smile" oder das halb gehauchte "How can I make it OK?". Rowsells Gesang ist permanent auf den Punkt, meistert sowohl die Vielzahl an Balladen, als auch krawallige Momente glänzend. Jäh unterbrochen wird die Stimmung von "Blue weekend" nur von "Play the greatest hits". Zwei Minuten 28 Sekunden Punkgeschrammel. Laut, lärmend, komplett nervig – und absolut deplaziert. Weder passt dieser Song an die Stelle, an der er ist, noch überhaupt auf dieses Album. Es ist der große Mittelfinger, das wieder ausgegrabene "Yuk foo". Auf keiner der bisherigen Veröffentlichungen wäre "Play the greatest hits" gut, hier jedoch ärgert er maximal und begründet, warum es eine Skip-Funktion gibt.

Wie nahe Genie und Wahnsinn beieinander liegen können, beweisen die dann folgenden Minuten. "Feeling myself" ist vielleicht der beste Song, den Wolf Alice jemals aufgenommen haben. Was zunächst als leicht 1970er-angehauchte Ballade beginnt, mutiert nach einer Minute zu einer Gänsehaut erzeugenden Dreampop-/Shoegaze-Explosion, ehe das Spiel von neuem beginnt und im nächsten Ausbruch mit breit aufgetragenen Streichern vollends zu einem Wechselbad der Gefühle wird. Wunder-, wunderschön – und direkt danach schließt auch noch "The last man on Earth" an. "Play the greatest hits" vergessen und vergeben, "Let a light shine on you"!

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Smile
  • Feeling myself
  • The last man on Earth

Tracklist

  1. The beach
  2. Delicious things
  3. Lipstick on the glass
  4. Smile
  5. Safe from heartbreak (if you never fall in love)
  6. How can I make it OK?
  7. Play the greatest hits
  8. Feeling myself
  9. The last man on Earth
  10. No hard feelings
  11. The beach II
Gesamtspielzeit: 40:40 min

Im Forum kommentieren

Klaus

2022-11-23 08:46:57

Beim nachhören entdeckt, dass es nun eine kleine EP gibt mit Akustikversionen einiger Songs. Zu finden bei Spotify und auch ganz schön.

Blanket_Skies

2022-07-27 12:57:45

Mein Album des letzten Jahres. Konnte mit den früheren Werken nichts anfangen, aber das hier, wie aus einem Guss mit so vielen kleinen catchy Momenten, ohne platt zu sein.

Kojiro

2022-07-27 05:21:55

Die Lullaby-Version des Songs ist übrigens ebenfalls sehr gut. find die anderen Lullaby-Versionen ebenfalls recht gelungen. Interessanter als das tatsächliche Album.

Kojiro

2022-06-13 19:41:22

"How Can I Make It OK?" ist durchaus ganz gut. Aber ja: Die Band weiß nicht, wohin es soundwise gehen soll. Album gerade erst das erste Mal wirklich angehört.

Garmadon

2022-04-29 13:41:31

Ich höre es nach wie vor gerne und bleibe bei meiner positiven Bewertung von damals.

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