Lùisa - New woman
Nettwerk / ADA / WarnerVÖ: 07.05.2021
Spurenbeseitigung
Wer viel erlebt, nimmt in der Regel auch viel mit – einfache Faustregel, könnte man meinen. Häufig schlummert der Ballast im Anschluss aber auch nicht an der Oberfläche, sondern schwelt irgendwo im Unterbewusstsein, um irgendwann ans Licht zu kommen. So geschehen in den insgesamt sechs Jahren, die seit Lùisas letztem Album "Never own" ins Land gezogen sind. Mit "New woman" präsentiert die Hamburger Singer-Songwriterin nach Phasen der inneren Unruhe eine LP, die mit ihrer Vergangenheit im spießigen Mädcheninternat oder dem gewagten Umzug von Australien nach Deutschland abschließt, gesellschaftliche Strömungen analysiert und nebenbei natürlich auch die eine oder andere verflossene Romanze thematisiert. Klingt erstmal nach einer eher bedrückten Angelegenheit, gestaltet sich aber zu einem schnörkellosen Pop-Hörerlebnis, das an vielen Stellen genau die richtigen Regler dreht.
Besonders in der ersten Albumhälfte geben sich Vergangenheitsbewältigung und hoffnungsvoller Blick nach vorne hierbei in herrlichen Uptempo-Stücken die Klinke in die Hand. Dabei sträubt sich Lùisa konsequent dagegen, in allzu melancholischen Pathos abzudriften. "By your side" steht sinnbildlich als Beispiel für ein nahezu perfekt arrangiertes Stück: Verträumte Gitarren, die luftige Produktion und ein wehmütiger Refrain, der von Lùisas Stimme getragen wird, fügen sich zu einem Song zusammen, welcher anspruchsvollen modernen Pop nicht besser abbilden könnte. Auch der Opener "Deep sea state of mind" verarbeitet negative Erinnerungen im forschen Gewand – Synth-Flächen und gedämpfte Instrumentierung entführen Hörerinnen und Hörer in die von Sorgen und Ängsten überschwemmte Gedankenwelt der Wahl-Hamburgerin. "It's never been like that / I've been chasing my own head for a long, long time." Nur, um im anschließenden Refrain die Hände in die Luft zu reißen und endgültig auszubrechen: "I'll never be hurt, never be hurt again." Songs wie der Titeltrack oder das mit Americana-Verweisen gespickte "Come around" schlagen in eine ähnliche Kerbe, liefern eingängige Hooks und verspielte Instrumentierungen – ohne dabei jemals Gefahr zu laufen, in die Beliebigkeit abzudriften. Gegen Ende des Albums holt Lùisa in "Walking home with a lover" gar noch die Achtziger-Trumpfkarte raus und präsentiert ein wunderbar frisches Stück Synthpop mit einander auf den Punkt zuspielenden Komponenten.
Auch die ruhigen Momente halten auf "New woman" einige Entdeckungen bereit. Etwa "Into the void" oder besonders "Late summer day", das eine schwüle, emotionsgetränkte Atmosphäre heraufbeschwört – ein Eintauchen in den Moment kurz nach Sonnenuntergang, der die letzten schwachen Strahlen des Tageslichts bereithält. In diese Momentaufnahme projiziert Lùisa wehmütige Gedanken über die verflossene Liebe. "I gave all that I could give / you took all that you could take from me / But all these memories in the back of our heads / What we could have been / These every hopes they hang over me / It is like waiting for rain on a late summer day." Ein melancholisches Glanzlicht auf einem Album, das sechs Jahre voller Unruhe in einem mitreißenden, perfekt produzierten Gewand präsentiert. "All of the dark times come to an end."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Deep sea state of mind
- By your side
- Late summer day
- Walking home with a lover
Tracklist
- Deep sea state of mind
- By your side
- New woman
- Late summer day
- I forgive you
- Come around
- Into the void
- Walking home with a lover
- Long lost friend
- Burnout
- To let you go
Im Forum kommentieren
Outrun
2021-12-22 16:00:49
"New Woman" ist einer der besten Popsongs des Jahres. Was war das live für ein Banger! Dazu sollte man sich als Anspieltips noch "Walking home with a lover" und "Late summer day" anhören. Schönes Album!
peter73
2021-12-22 14:31:59
leider zu spät entdeckt. aber besser spät als nie... schönes album, sollte hier auch gut ankommen.
Armin
2021-05-05 21:11:18- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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