Cro - Trip

Urban / Universal
VÖ: 30.04.2021
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Grüße von der Insel

Mit dem Image und den Erwartungshaltungen ist das ja immer so eine Sache. Gerade in der Kultur. Da gibt es den Wunsch des Publikums, das Liebgewonnene auch beim nächsten Mal wieder erleben zu wollen. Experimenten wird mit Argwohn begegnet, im schlimmsten Fall wenden sich die Fans ab. Gestern Held, heute weggeklickt. Was blüht vor diesem Hintergrund dem bekanntesten Panda des Landes? Wie werden die Anhänger von Cro auf das reagieren, was er auf "Trip" vorlegt? Nun: Sie müssen sich gar nicht unbedingt entscheiden.

Und das kam so: Cro, der in Zeiten der Pandemie die Insel Bali vom Urlaubsort zum Dauerwohnsitz machte, hat ein Doppelalbum eingespielt. Einfach, weil er es kann. Und da er einerseits seinem Trademark-Sound des Raop, dieser charakteristischen Mischung aus Rap und Pop, durchaus treu bleiben wollte, und andererseits neue Wege nicht scheut, hat er die beiden Hälften entschlossen voneinander entkoppelt. Auf "Solo", der ersten Hälfte, fahren wir mit Cro bei heruntergelassenen Fenstern durch die Stadt, drehen die Lautstärke auf und lassen uns treiben. Hier können sich die Fans des 31-jährigen Carlo Waibel in die Pandaarme schließen lassen und mitträumen, mitcruisen, mitsingen. Die Grundstimmung klingt in "Nice" durch: "Ich fühl' mich, als ob jeden Tag die Sonne scheint", singt Cro da und blendet die besonderen Umstände der Zeit aus: "Denn grad' ist alles nice".

In welcher Liga er, der 2012 mit "Raop" sein Debüt vorlegte, noch immer unterwegs ist, beweisen die Gastauftritte von Capital Bra, Shindy und Teesy. Kenner der Szene wissen die Genregrößen einzuordnen, die dem Neu-Insulaner hier zur Seite springen. Elf Songs umfasst Halbzeit eins, die sich souverän in Cros Schaffen auf seinen ersten beiden Alben einordnet. Danach wird es spannend, denn ab der ersten Note schwebt die Frage durch den Raum, was denn wohl die Fans dazu sagen. Experimenten gegenüber war er schon auf dem Vorgänger "Tru." offen, aber hier geht Cro mindestens einen Schritt weiter. Vielleicht lässt der eine oder andere verschämt die Scheiben wieder hochfahren? Dazu besteht aber gar kein Anlass, denn die ebenfalls elf Titel auf "Trip", der zweiten Halbzeit des Ganzen, können sich hören lassen.

"Aus Weitsicht wurde Tunnelblick", hatte Cro auf "Tru." noch angedeutet. Mit der zweiten Albumhälfte "Trip" erinnert er sich daran, dem entgegen zu arbeiten und wird vielmehr dem Motto "Mir ist so egal, was ihr denkt" von seinem zweiten Album "Melodie" gerecht. Mit einem funkigen "Endless summer" nimmt er seine Hörerschaft mit in sein Paralleluniversum, säuselt in "Alice" über eine schon hippieske Soundlandschaft oder unternimmt später in "Hoch" einen kleinen Ausflug in Gospel-Gefilde. Dass bei der alles durchdringenden Leichtigkeit rund um die wahre Flut an Video-Veröffentlichungen aus dem Hause Cro immer wieder von "Trapped in paradise" die Rede ist, muss ironisch verstanden werden. Denn während die Welt sich für die meisten auf die eigenen vier Wände verkleinert hat, genießt der Panda den unendlichen Sommer auf Bali. Gefangenschaft sieht anders aus.

Dennoch: Cro ist zu gratulieren für seinen Mut, die Dinge auch einmal ganz anders anzugehen. Ein bisschen Surfer-Attitüde, ein bisschen Filmmusik-Feeling, ein bisschen dies und das – und eine große Menge an Spaß sind da zu hören. Gewiss, hier ist ein Musiker auch auf der Suche nach dem Kern seiner Kunst, nicht alles wirkt da überzeugend, manches bleibt ein unausgegorenes Experiment. Und während auf der ersten Hälfte noch die angesagten Kollegen wie Capital Bra am Mikrofon stehen, tritt auf Hälfte zwei nur noch ein Gast auf: die Sängerin Friedberg, die wohl nur wenige kennen – die aber eine umso spannendere musikalische Geschichte aufweist. Nicht verschwiegen werden darf: Deutschlands Reimelyriker Nummer eins ist Cro nicht, aber das Funkige, das Unbeschwerte und das Tanzbare in den Melodien hebt dieses Doppelalbum über den Durchschnitt. In einigen Momenten eben genau der passende Klang zur außergewöhnlichen Zeit.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Smooth
  • Wach
  • So schön

Tracklist

  • Part 1
    1. Alles dope
    2. 1 Instagramm
    3. Good vibes
    4. Smooth
    5. Blessed (feat. Capital Bra)
    6. Wach
    7. Superwoman
    8. Nice!
    9. Diamonds
    10. SYGL (feat. Shindy)
    11. Hör nicht auf (feat. Teesy)
  • Part 2
    1. Trip
    2. Endless summer
    3. Alice
    4. So schön
    5. Luft (feat. Friedberg)
    6. Dich
    7. LMF2
    8. Quarandream
    9. Summerlove
    10. Hoch
    11. Letzter Song
Gesamtspielzeit: 63:54 min

Im Forum kommentieren

musie

2021-08-07 15:38:39

die zweite Hälfte hätte ich ihm nicht zugetraut. so nice so schön.

VelvetCell

2021-04-29 15:01:08

Das, was sizeofanocean sagt.

ichreitepferd

2021-04-29 09:46:22

Ausnahmekünstler!

sizeofanocean

2021-04-29 08:26:25

da ist der Panda ja richtig am Puls der Zeit, Daft Punk zu kopieren, während die sich im gleichen Jahr auflösen...

Armin

2021-04-28 21:35:56- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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