Michael Beach - Dream violence
Goner / Poison CityVÖ: 19.03.2021
Nebel am Strand
Manche Namen bringen unweigerlich eine imaginierte Biographie mit. "Michael Beach" ist so einer, der außerdem recht passend für den Protagonisten eines Hollywood-B-Movies erschiene. Sonnig, entspannt, abgehangen kommt er daher, da muss der Blick aufs Leben ja schon fast zwangsläufig optimistisch und zugewandt sein. Wenn man nun noch erfährt, dass der so geheißene Musiker regelmäßig zwischen seiner Heimat Melbourne und der Bay Area pendelt, scheint die Sache endgültig klar zu sein. Und in der Tat spielt Beach, der nach vielfacher Banderfahrung sein bereits fünftes Soloalbum vorlegt, seine Songs mit einer gewissen Lockerheit und Lässigkeit, nichts muss bis zur Perfektion geschliffen sein. "Slacker-Rock" nannte man das mal, wie jedes Label richtungsweisend und in die Irre führend gleichermaßen. Denn so wie Melbourne für Außenstehende erstaunlich oft von Kälteeinbrüchen und heftigen Unwettern heimgesucht wird, kennt auch "Dream violence" den Zustand, in dem die Unbeschwertheit passé ist. Schließlich ist es auch ein Album über die Krise des Künstlerdaseins geworden, in einer Zeit, in der das kulturelle Leben bedrohlich schrumpft.
Zunächst aber sind es eingängige Riffs, die in "Irregardless" zwei Minuten lang drauflos galoppieren, als stammten sie aus einem Paralleluniversum, in dem die Queens Of The Stone Age nicht als Festivalheadliner, sondern in der Garage auftreten. Dann verlangsamen Beach und Kollegen das Tempo, das Gitarrensolo hüpft wild durch die Tonleitern wie bei J Mascis, und der hymnische Refrain im Schlussteil evoziert den proletarischen Geist Bruce Springsteens. All das passt auf wundersame Weise gut zusammen und präsentiert in fünf Minuten vieles, was Beach auszeichnet: die Fähigkeit, verschiedene Epochen zu emulieren und in seinem charmant verwaschenen Sound zusammenzubringen. "De facto Blues", die erste Single, ist ein wütend scheppernder Indie-Hit und verpackt seine Sozialkritik in griffige Slogans, wenn Beach "modern existentialism" auf dem Fabrikboden wiederentdeckt. Danach manifestiert sich langsam die grobe Tendenz des Albums, auf die Dauer immer ruhiger und resignierter zu werden. Mit Drumcomputer, wispernden Stimmen und zu Synthieflächen verfremdeten Gitarren leitet "The tower" als Interlude hinüber zur entrückten Psychedelik von "Metaphysical dice": "The future is a feather and history is a breeze." Dann bringt "You know, life is cheap" tatsächlich das mit Zynismus gebändigte Unheil des frühen Nick Cave aufs Tableau, während die Leadgitarre zwischen Störgeräuschen und verführerischen Melodien pendelt, dabei aber stets einigermaßen angetrunken wirkt.
Auch auf der zweiten Hälfte integriert Beach unterschiedliche Einflüsse in seine Songs ("Spring" könnte etwa das etwas mildere Gegenstück zu The Velvet Undergrounds "Heroin"-Eskapade sein), die durchgehend stark geschrieben sind, mit ausrutschenden Gitarren und mitunter nebulös entgleitenden Akkorden aber deutlich machen, dass sie nicht poliert werden wollen. Den Lackmustest besteht dann schließlich "You found me out" als traurig-intime Pianoballade, die vollkommen zurecht alles auf ihre berührende Melodieführung setzt. An anderer Stelle konstatiert Beach beklommen und gegenwartsdiagnostisch: "At the end of the day it's just me and my shadow." So versammelt "Dream violence" Lieder, in denen der Traum klammheimlich seine Behaglichkeit verliert und trifft damit eine sehr profunde Aussage: Am Ende des Tages ist die Sehnsucht nach Leichtigkeit wohl dann am größten, wenn diese erst einmal abhandengekommen ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Irregardless
- De facto Blues
- You found me out
Tracklist
- Irregardless
- De facto Blues
- The tower
- Metaphysical dice
- You know, life is cheap
- Spring
- Curtain of night
- You found me out
- Dream violence
- Sometimes I get that cold feeling
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Armin
2021-03-10 20:39:13- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Michael Beach - Dream violence (1 Beiträge / Letzter am 10.03.2021 - 20:39 Uhr)