Balthazar - Sand

PIAS / Rough Trade
VÖ: 26.02.2021
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Eleganz von Schulterpolstern

Wenn's läuft, einfach weitermachen. Das nahmen sich Maarten Devoldere und Jinte Deprez, Co-Frontmänner und Co-Songwriter der belgischen Alt-Pop-Band Balthazar beherzt vor. Sie waren nach den Aufnahmen des letzten Albums "Fever noch so im Flow, dass direkt die nächsten Songs aus der Feder purzelten. Das Resultat kann man nun in Form von "Sand" begutachten. Und dieser Flow spiegelt sich auch im Sound des Albums wider. Schlüpfrig, aber gediegen ziehen ein knappes Duzend Wohlfühl-Pop-Songs vorbei, die niemandem weh tun und das um Gottes Willen auch nicht wollen.

Smooth, mit sexy Groove, gebiert sich "Moment", kulminiert in einem Refrain, der gleichzeitig Sonnenschein und Late-Nite-Relaxtheit ausstrahlt. Da darf im Backround der Chor mit Stefan-Raab-Kopfstimme ein wenig zündeln, easy und locker bleibt es dennoch, und ach ja, "Free your mind." Die milde, runde Funkgitarre von "Losers" fängt noch das letzte Glitzern auf den geschmeidigen Meereswellen ein, und auch hier changiert der Gesang zwischen laid back cool in der Strophe und souligem Falsett im Refrain. Die Songs schieben in gemächlicher Gangart an, kennen keine nervöse Ekstase, aber auch keinen Verdruss.

Ein wenig irreführend ist da die morphige Alien-Gestalt auf dem Cover, welche die Isoliertheit des Einzelnen in einem Warteraum darstellen soll. "Sand" klingt eher nach gemeinsamem Abhängen, nach einer guten Zeit zusammen. Zwar ertönen die Vocals in den Strophen oft zurückgelehnt-nüchtern, doch meist gibt es eine Auflösung, die nach Emphase und Entspannung klingt, auch wenn es mal heißt: "I'm stuck in a zone." Dieses Album bietet neben einem Mehr an Drum-Samples und dem Einsatz eines Synth-Basses aber vor allem eine geringere Melancholie als noch der Vorgänger. Ob Groove oder Melodien, bedrückt wirkt hier nichts, ein Song wie "I want you" klingt nach einem sexy Freizeitvergnügen.

Dabei sind die Melodieläufe durchaus belebend und auch in einem gewissen Maße raffiniert. Doch leidet das Ganze an einer gewissen Gleichgültigkeit und phasenweiser Überzuckerung. Da Gangart und Stimmungslage eher konstant im locker-heiteren Bereich angelegt sind, entsteht auch etwas Eintönigkeit. "Hourglass" geht zum Beispiel mit dezentem Popo-Wackeln und nettem Girl-Background-Gesang munter voran, in seiner stilistischen Vorhersehbarkeit evoziert es aber auch ein verhaltenes Gähnen. Gute Laune, Lockerheit, dies kann man in großen Mengen von "Sand" erhalten, doch steht der beiläufige Modus im abschließenden "Powerless" stellvertretend für ein Album, das auf Nummer sicher geht und damit jedem künstlerischen Wagnis aus dem Weg geht. Eine runde Sache, an der man aber leicht abgleitet.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Losers
  • I want you

Tracklist

  1. Moment
  2. Losers
  3. On a roll
  4. I want you
  5. You won't come around
  6. Linger on
  7. Hourglass
  8. Passing through
  9. Leaving Antwerp
  10. Halfway
  11. Powerless
Gesamtspielzeit: 43:18 min

Im Forum kommentieren

musie

2021-03-08 07:09:33

Finde ich nach wie vor eins der besten Alben dieses Jahres. Interessant zu wissen, dass sie dieses Album komplett wegen Corona statt im Studio jeder bei sich zu Hause eingespielt und die Takes hin und her geschickt haben. Dies hat zur Folge, dass sie zum ersten Mal Drum-Samples benutzten. Der Sound der Band habe sich dadurch verändert, was sie selber spannend fanden.

Auch bei mir 8.5 mit Tendenz zu 9.

Hoschi

2021-03-03 18:45:59

Woah, das Album holt mich gerade dermaßen ab !
War/bin jetzt wirklich nicht der größte Balthazar Fan und fand die bis dato immer nur "nett" aber hier jagt Hit an Hit.
Dazu gibt's eine tolle, unaufgeregte Produktion.
Bis jetzt, zusammen mit the weather station und Arlo Parks, in meinen top 3 des Jahres
8,5/10 mit Tendenz zur 9.

musie

2021-02-28 21:24:15

was für ein Groover. herrliches Album 8+

BVBe

2021-02-27 14:08:03

Ich habe es jetzt übrigens wirklich nur wegen des Albumcovers gakauft. Davon abgesehen ist das sehr sympathischer, schrulliger Indiepop. Allein schon in der zweiten Hälfte von "Halfway' derart die Kopfstimmen zu überreißen, dass es zum unfreiwilligen Kreischen kommt - ohne dass es peinlich wird - das muss man erstmal bringen. Ich kannte bis heute aber auch wirklich nix von denen, ist mein absoluter Einstieg.

Affengitarre

2021-02-19 18:13:40

Hehe. Ich musste spontan an Alf in einer Midlife-Crisis denken, aber deine Beschreibung trifft es eigentlich perfekt.

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