Meer - Playing house
Karisma / Plastic HeadVÖ: 29.01.2021
Hohe See
Alles Gute kommt von oben: Die Artrock-Szene Norwegens beglückte die Musikwelt bereits mit hochkarätigen Bands wie Gazpacho und Airbag, aber auch mit bisher noch eher als Geheimtipps gehandelten Acts wie Major Parkinson und Oak. Hierzu gesellen sich nun die Neuankömmlinge von Meer, die anno 2008 als Duo starteten, inzwischen aber auf ein Acht-Personen-Projekt angewachsen sind. Bei so vielen kreativen Köpfen bietet sich ein orchestraler Ansatz natürlich geradezu an. Gitarre, Violine, Viola, Piano, Bass und Drums wollen schließlich genauso angemessen beschäftigt werden wie Sänger und Sängerin. Eine geballte Ladung Talent also, die üppige Kost vermuten lässt. Und tatsächlich ist "Playing house" ein so ausschweifendes wie atmosphärisches Vergnügen.
Und das nicht nur im technischen Sinne, weil die Songs von einer sicheren Hand geschrieben wurden, die sich offenkundig auf harmonische und ideenreiche Strukturen versteht, sondern auch in Bezug auf das beim Hören vorherrschende Gefühl, das sich durch teils berauschende Melodien zuweilen in ekstatische Höhen steigert. Dabei erliegen Meer jedoch nicht den Verlockungen einer Eskalationslogik, die das Album zu einer überfrachteten Dramödie degenerieren lassen würde. Nein, vielmehr unterstreicht die Band ihre melodische Meisterklasse durch eine ausgewogene Dynamik rastloser Energie und ruhiger Elegie. Das ist besonders dann überzeugend, wenn, wie in "She goes", beides unmittelbar im Wechsel erfolgt, oder, wie in "Where do we go from here", die in diesem Falle männliche Stimme fast nur sich selbst überlassen wird.
Meer bieten aufregenden Artrock, der in seiner operettenhaften Herangehensweise an Major Parkinson erinnert – ein Vergleich, der ohnehin auf der Hand liegt, denn die Gemeinsamkeiten sind nicht zu übersehen: Beide Bands stammen aus Norwegen, sind bei Karisma Records unter Vertrag und haben eine Vielzahl an Mitgliedern. Doch anders als ihre Landsleute, die einen unverkennbaren Hang zum Düsteren, Morbiden und Skurrilen aufweisen, macht es bei Meer vor allem während der besonders eingängigen Passagen wie "Beehive” oder dem grandiosen "Songs of us" den Eindruck, als hätten sie sich das ein oder andere von Indie-Ensembles wie Of Monster And Men abgeschaut. Gar nicht mal so abwegig angesichts der geographischen und kulturellen Nähe Islands und Norwegens.
Und es hat schließlich auch seinen guten Grund, warum hier von Artrock und nicht von Prog-Rock die Rede ist, denn die Vorlieben und Einflüsse der Band sind offensichtlich so vielfältig, dass sich allzu vorbelastete Einordnungen schlichtweg verbieten. Sich selbst hätten die Skandinavier allerdings das auf der Promo enthaltene und leider eher misslungene Whitesnake-Cover von "Here I go again" verbieten sollen, zumal die Musik von Meer nicht so klingt, als wäre derartiger 80er-Rock für ihr eigenes Wirken überhaupt relevant gewesen. Da das Stück aber glücklicherweise nicht Teil des regulären Albums zu sein scheint, ist die norwegische Artrock-Szene mit diesem Werk und dem lebhaften Achter-Gespann um ein weiteres Highlight reicher.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Beehive
- Songs of us
- Honey
- She goes
Tracklist
- Picking up the pieces
- Beehive
- All at sea
- Songs of us
- Child
- You were a drum
- Honey
- Across the ocean
- She goes
- Where do we go from here
- Lay it down
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Watchful_Eye
2022-01-10 17:26:32
Ich hab es mir nochmal angehört. Schön und gut, aber ehrlich gesagt, es hat sich nicht allzu viel am Eindruck geändert.
Mit poppig kann ich gut leben, da bin ich glaube ich schmerzfreier als du. Aber dann sollte es auch Melodien und Hooks haben, und die kicken mich bisher nicht so hart, wie sie sollten. Es ist natürlich sehr solide und hat auch ein paar kleine Highlights, u.a. "Honey" und den Opener. Die zweite Hälfte finde ich insgesamt stärker als die erste, glaube ich.
Irgendwelche groben Fehler bzw "Red Flags" hat es aber auch nicht. Also vielleicht finde ich es in ein paar Monaten toll, dann kannst du "ich habs dir ja gesagt" sagen. ;)
nörtz
2022-01-02 00:37:16
Jetzt sogar Progalbum des Jahres bei den alten Männern von Progrock-dt/BBS. Hör doch nun endlich mal rein, Watchful_Eye. :D
nörtz
2021-12-15 18:34:04
Das Jahr ist nicht mehr lang, Watchful_Eye. :D
Arne L.
2021-12-03 22:38:21
Ist natürlich persönlicher Geschmack, aber ich finde, dass das Album mit "Picking Up The Pieces" und "Beehive" einen der stärksten Albumanfänge seit langem hat.
nörtz
2021-12-03 19:15:41
*hust*
Beste Songs imho:
Beehive!
Honey
You Were A Drum
Honey
Across The Ocean
Lay It Down
Hör dir wenigstens die an. Teils auch poppig, aber damit musst du leben können. Fand der Brückner auf den BBS nicht so toll, aber eine 10/15 gab er trotzdem.
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