Matmos - The civil war

Matador / Beggars / Zomba
VÖ: 22.09.2003
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Kriegsspielzeug

Nicht, daß wir es schon selbst erlebt hätten, aber mit Björk zusammen auf Tour zu sein, stellen wir uns doch eher anstrengend vor. Abgesehen davon, daß man durch etwaige "Wie findet ihr dieses Kleid?"-Fragen in unangenehme Situationen gebracht werden könnte, ist die Frau mit dem langen Nachnamen schließlich auch für Stimmungsschwankungen bekannt, die selbst Klaus Kinski unheimlich gewesen wären. Von ihrem Divengehabe mal ganz zu schweigen. M.C. Schmidt und Drew Daniel, oder kurz: Matmos, setzen sich solcherlei Strapazen jedoch gerne aus. Sie sind schließlich schon seit Jahren für die Elektronik zuständig, wenn Madame Guðmundsdóttir zu konzertieren gedenkt. Und da haben sich wirklich mal drei gefunden.

Was Verspieltheit und Sturköpfigkeit, oder eben die konsequente Umsetzung der eigenen musikalischen Visionen angeht, stehen Matmos ihrer Freundin aus Island in nichts nach. "The civil war" ist ihre fünfte Platte und wie schon auf den Vorgängern knuspert und brutzelt es hier an allen Ecken und Enden. Merkwürdige Soundscapes verwachsen nicht wirklich zu richtigen Songs, knöpfen sich scheinbar wahllos jedes erdenkliche Instrument vor, das gerade im Studio rumsteht, und sollten am Ende vor allem als heilloses Durcheinander wiedergeboren werden. Daraus wird aber nichts. Weil diese Herren hier ihr Baby im Griff haben.

Was man nicht unbedingt erwartet hätte: Matmos gehen das Ganze mit einer gesunden Portion Humor an. Daß sie ihre verfrickelte Elektronik in "Zealous order of candied knights" mit mittelalterlichem Liedgut überbacken, mag zwar noch ihr Ernst sein, wenn sich aber ins neunminütige "Reconstruction" ein schmissiger Boogie-Beat einschleicht, muß man sich das fette Grinsen der zwei Sonderlinge nicht mal mehr dazu denken. Nur scheinbar zum Lachen ist allerdings "The stars and stripes forever", daß erst an Super Mario-Sounds rumfummelt, um dann auf einmal den gleichnamigen US-Militärmarsch im Rummelplatz-Remix durch den Kakao zu jagen. Politik ohne Worte. Hail to the thiefs.

Dabei laufen die Herren ja gerade erst warm. Nachdem mit "Y.T.T.E." ein zweiter Neunminüter in alle Richtungen geschossen hat, erfindet "For the trees" noch eben schnell den Electro-Country, bevor Matmos kurz vor knapp endlich zu ihrem Meisterstück kommen. Fernöstliches Klimbim reibt sich an der eigenen Spannung auf, steigert sich zur Kreissäge und kreuzt die Schwerter schließlich mit donnernden Drumloops. Eine brillante Laptop-Tragödie bringt das Album nach allem Kreuz und Quer auf den Punkt. "The struggle against unreality begins". Peace is over. Auf in den Kampf.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Y.T.T.E.
  • The stars and stripes forever
  • The struggle against unreality begins

Tracklist

  1. Regicide
  2. Zealous order of candied knights
  3. Reconstruction
  4. Y.T.T.E.
  5. For the trees
  6. The stars and stripes forever
  7. Pelt and holler
  8. The struggle against unreality begins
  9. For the trees (return)
Gesamtspielzeit: 45:52 min

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