Eraldo Bernocchi & Hoshiko Yamane - Mujo

Denovali / Cargo
VÖ: 11.12.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Klangkosmopoliten

Wer eine Band mit einer größeren Anzahl an ehemaligen Mitgliedern als Tangerine Dream weiß, gewinnt. Nichts konkret Brauchbares, aber in Gedanken. Ursprünglich als Quartett im Zuge der aufkeimenden Psychedelic-Rock-Szene um die sogenannte Berliner Schule gegründet, entwickelte sich die Gruppe schnell zu Pionieren einer neuen elektronischen, von analogen Synthesizern und Sequenzern durchzogenen Musik, deren Einfluss auch geschlagene 50 Jahre später ungebrochen ist. Klassiker wie das durch wabernde Synthie-Flächen pulsierende "Phaedra" oder die Space-Ambient-Blaupause "Zeit" geistern noch heute durch etliche Filmscores und Neoklassik-Projekte.

Zu den neuesten Mitgliedern des sich stets im Wandel befindenden Kollektivs zählt die japanische Violinistin Hoshiko Yamane. Auch als Solokünstlerin hat sie die letzte Dekade an zahlreichen eigenständigen Projekten und Soundtracks gearbeitet. Berstend voll mit eigener Erfahrung und den Einflüssen lebender Legenden schafft sie nun in Kollaboration mit Ernaldo Bernocchi ein faszinierendes Album, das all diese Einflüsse akkumuliert und letztlich transzendiert. Als versierter Gitarrist und Produzent versteht der Italiener sein Handwerk und weiß die Talente seiner Mitmusikerin elegant und anerkennend in den treibenden Kosmos seiner Kompositionen einzubinden.

Der Einstieg lässt augenblicklich staunen. "Floater" präsentiert bedrohlich anmutende Drones, aus denen sich schichtartig berauschende Klangebenen herausschälen. Der wabernde Synthie-Bass zuckt durchs Klangspektrum und hebt die Schwerkraft nach und nach auf. Nach gut drei Minuten wird es ruhig, als wäre man im Kosmos angekommen. Nur vorsichtig finden pulsierende Fragmente zusammen und bilden ein melodiöses, andächtiges Ganzes. In knapp zehn Minuten präsentiert Highlight "Hokorobi" den gesamten Reichtum an Klangfarben, mit denen "Mujo" aufwartet. Elegische Violinen zeichnen ein trostloses Bild, in das sich tief grollende Tupfen wellenartiger Tieftonfrequenzen mischen. Eine treibende, wie durch einen Arpeggiator generierte Melodie schafft helle Akzente. Alles summiert sich in den letzten Minuten zu einem großen, kilometerhohen Finale, um sich schlussendlich in den Weiten des Universums zu verlieren. So und nicht anders hat kosmische Musik heute zu klingen.

Während die erste Hälfte von "Mujo“ ganz den flächigen Klangteppichen analoger Synthesizer gehört, kommen in Stücken wie "Fall" und "Endure" mehr und mehr die klagenden Harmonien der Violine zum Tragen. Während des Rausschmeißers "Muga" finden beide Welten wahrhaftig zusammen. Violine und Synth-Bass bilden die Bühne, auf der Keyboard-Arpeggios, perkussiv agierende Syntheziser und eine Vielzahl an Streichinstrumenten eine klassisch geschulte Space-Ambient-Oper aufführen. Tragisch, rührend, fesselnd. Ein Klangkosmos für die Zukunft.

(Lars-Thorge Oje)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Floater
  • Hokorobi
  • Endure

Tracklist

  1. Floater
  2. Future suns
  3. Dance zero
  4. Hokorobi
  5. Phenomenon
  6. Fall
  7. Endure
  8. Muga
Gesamtspielzeit: 51:41 min

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Randwer

2020-12-22 06:43:42

Tatsächlich nochmal ein Highlight zum Jahresende.

Armin

2020-12-21 21:24:10- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

"Album der Woche"!

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