Respire - Black line

Church Road
VÖ: 04.12.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Die Hölle ist voller Geigen

335 unterschiedliche gehörte Genres warf Spotify neulich in seinem Jahresrückblick als Bilanz für 2020 raus. Wie es sein kann, dass jeder Song ein eigenes Genre darstellen kann, zeigt beispielsweise http://everynoise.com. Dennoch ist diese Liste unvollständig: Der Jahresrücklick, pünklich zum ersten Dezember, ließ die Kanadier von Respire außen vor, deren Drittwerk "Black line" jetzt – leider zu spät für die meisten Jahresbestenlisten – erscheint. Selbst bezeichnen sich Respire als "orchestral post-everything collective" – was nun schwer vorzustellen und doch so passend ist, denn einen vergleichbaren Sound gibt es nicht.

Versuch einer Annäherung: Die bisherigen Alben standen irgendwo auf der Kippe zwischen Post-Rock, Post-Metal und Screamo. "Black line" erweitert diese Palette nun noch einmal. Härter wie nie werfen Respire noch den Black Metal in den wilden Mix. Mit zwölf Musikern arbeitete das Kollektiv zusammen, um Gegensätzliches zu vereinen. Tieftraurige Violinenmelodien im Stile von Godspeed! You Black Emperor (im Interlude "Kindling" scheinen sogar die Bahnstrecken-Recordings Einzug gehalten zu haben) treffen auf ihren größtmöglichen, alles wegbrechenden Hardcore und mehr.

Zurück zum Anfang. "Blight" ist zunächst ein dramatisches Intro, bei dem cinematische Streicher dominieren. Der Übergang zu "Tempest" ist hart, aber schmerzvoll. Sofort donnern Respire mit finsterstem Blackgaze drauflos, neu sind hierbei eingesetzte Growls. Nach knapp anderthalb Minuten Geprügel bricht es abrupt ab und setzt alles auf null. Das dem Post-Rock angelehnt Laut-Leise-Schema wird hierbei komplett auf die Spitze getrieben, entlädt sich in einem von den Streichern hochgejazzten Finale.

Nach diesem Baukasten setzt sich auch der Brecher "Cicatrice“ zusammen, auf dessen Höhepunkt die Violinen sich über einem Berg des Gemetzels auftürmen, was noch lange nicht alles ist. "Flicker and faint" etwa bietet neben diesem auch noch eine einnehmende Bläsersektion. Thematisch widmen sich Respire all den Dingen, die neben Corona diese Welt noch in Atem halten wie das (Wieder)Erstarken faschistischer Strömungen und der Klimawandel. Respire kanalisieren diese Wut, verwandeln sie in einen Aufruf zum Bau einer besseren Zukunft. Bleibt zu hoffen, dass "Black line" wirklich so etwas wie das Silvesterfeuerwerk ist: Ein lauter, brachialer Abschluss eines völlig kaputten Jahres, welches Respire nun krachend eine bessere Zeit ankündigen lässt.

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cicatrice
  • Lost virtue
  • Embers to end

Tracklist

  1. Blight
  2. Tempest
  3. Cicatrice
  4. Lost virtue
  5. Kindling
  6. Embers to end
  7. Flicker and faint
  8. To our dead friends
  9. Catacombs part II
Gesamtspielzeit: 41:07 min

Im Forum kommentieren

hidden

2022-06-14 20:17:44

Bei mir geht's sich in 10 Minuten zu Fuß aus ^^ (Trompete, Bochum).

Klaus

2022-06-14 20:15:18

Jetzt nur kleines Dilemma, da gerade heute überlegt an dem Wochenende das Meo Kalorama mitzunehmen, aber andererseits "Support your local Hardcorefest" oder so. Die anderen Acts dort lesen sich auch spannend.

Autotomate

2022-06-14 20:08:49

Ah ok, prima! Das mit den 10 Minuten auf dem Fahrrad geht mir genauso – zum Bei Chez Heinz in Hannover.

Klaus

2022-06-14 20:01:14

Sagen wir es so: Mir war diese Veranstaltung/ dieses Festival bis zu deinem Post komplett unbekannt und ich kann da in 10 Minuten mit dem Fahrrad hinfahren ;). Eben ausgecheckt. Tolle Sache.

Autotomate

2022-06-14 19:59:06

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