
Patrick Richardt - Pangaea, Pangaea
Snowhite / Rough TradeVÖ: 13.11.2020
In lauter Hoffnung
Wie passend: Für sein drittes Album hatte sich Patrick Richardt gemeinsam mit seinem Produzenten Benjamin Kronski ins Krefelder Studio Unicuum Zwack begeben – benannt nach einem Magenbitter. Nur eine Schnapsidee? Zufall ist es sicher nicht, denn hört man sich das dort aufgenommene Werk an, merkt man schnell, dass Richardt, wie so vielen anderen Menschen wohl derzeit, der Bauch schmerzen dürfte. Wohin eigentlich mit all diesen dummen Sorgen? Na, am besten raus damit. Dachte sich vielleicht auch der 31-Jährige, als er nach einer eindrucksvollen Reise beschloss, sämtliches bis dahin vorbereitetes Material für den Nachfolger des 2017 veröffentlichten "Soll die Zeit doch vergehen" sprichwörtlich über Bord des Luxusdampfers warf. Und daraufhin in den Magenbitter-Studios das nun vorliegende "Pangaea, Pangaea" aufnahm.
Benannt nach dem letzten Superkontinent, stellt das Album nicht etwa die Evolution infrage – lieber Verschwörungstheoretiker, bitte zieh weiter! –, sondern macht sie sich zu eigen. Der Mensch ist ein Tier, und zwar ein gefährliches. Und was passiert in einer Gesellschaft voller Tiere, die alle zähnefletschend auf der Suche nach der nächsten Beute, dem nächsten Aufstieg im Rudel, der nächsten Gelegenheit zum Fauchen sind? Chaos. Verunsicherung. Das Bedürfnis nach Verdauungsschnäpsen wächst, die Hemmschwelle sinkt. Dem versucht Richardt mit "Pangaea, Pangaea" entgegenzusteuern. "Ich kann nichts garantieren", singt der Singer-Songwriter da zwar im Titeltrack, hebt aber auch gleich beruhigend beide Hände in die Luft: "Meine Geduld kennt kein Ende / Ich zeig' mein wahres Gesicht / Fürchtet Euch nicht." Der Mann ist nicht unbewaffnet, im Gegenteil. Aber er kämpft für die gute Seite.
Im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern ist Richardts dritter Streich melancholischer und düsterer, jedoch nicht unbedingt ruhiger. Der Krefelder hat etwas zu sagen, und er holt dafür tief Luft. Dennoch startet "Pangaea, Pangaea" zurückhaltend: Der Opener "Rede zu denen, die ich liebe" steht im harten Kontrast zu "Euphorie" von "Soll die Zeit doch vergehen" und überzeugt doch auch durch seine Nahbarkeit, seine offenen Worte, seine wärmende Stimmung. Ungleich stürmischer, aber nicht weniger berührend kommt "Welt auf neuen Wegen" daher, das nicht nur feststellt, dass die fetten Jahre vorbei sind, sondern in der Veränderung auch die Chance für einen Neuanfang sieht. "Geist" wandelt auf Gisberts Spuren und sorgt mit seinem fast schon noisigen Ausbruch in der zweiten Hälfte für die größte Überraschung des Albums, während das hektische "Nur ein Tag" den viel zu kurzen 24 Stunden hinterherzurennen versucht. Mit "Letzter Schluck Luft" gibt es ein letztes Highlight aus dieser Sammlung von Songs, die klarmachen wollen, dass nicht alles schlecht ist, auch wenn es des Öfteren so scheint. Und manches wird sogar immer besser – Patrick Richardt ist dafür das beste Beispiel.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rede zu denen, die ich liebe
- Geist
- Letzter Schluck Luft
Tracklist
- Rede zu denen, die ich liebe
- Hirte der Kaputten, ein Aufstand
- Welt auf neuen Wegen
- Visionäre
- Denn Du bist wie ich
- Pangaea, Pangaea
- Goldener Käfig
- Geist
- Nur ein Tag
- Letzter Schluck Luft
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Armin
2020-11-24 20:32:17- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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