The Cribs - Night network

Sonic Blew / PIAS / Rough Trade
VÖ: 20.11.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Zum Ende noch ein Anfang

Eine einzige schicksalhafte Begegnung kann schon reichen, um neue Wege einzuschlagen. Um sich aufzumachen zu neuen Ufern und loszumachen von der Last vergangener Tage. Wenn das Gegenüber dann sogar Dave Grohl heißt und sagt, man solle nach Los Angeles kommen, um dort ein Album im Studio 606 aufzunehmen, dann braucht man schon wahnsinnig viel Glück. Von einem glücklichen, märchenhaften Zufall zu sprechen, wäre hier vielleicht ein wenig übertrieben. Diese Begegnung fand schließlich nicht irgendwo statt, sondern backstage im Etihad Stadion in Manchester. Und The Cribs sind nicht irgendeine Schülerband, sondern haben in Großbritannien vier Top-Ten-Alben in Folge auf dem Kerbholz und eröffneten eben jenes Foo-Fighters-Stadionkonzert. Die drei Jarman-Brüder hatten nach fast 15 Jahren die Zusammenarbeit mit ihrem Management beendet und dümpelten von Selbstzweifeln und Herzschmerz verfolgt im Niemandsland des kreativen Schaffens herum. Grohls Ritterschlag in Form der Einladung nach Los Angeles kam also genau zum rechten Zeitpunkt und hatte offenbar den Effekt eines ausgereiften Arschtritts.

Und so macht sich die Band frei vom Druck der Musikindustrie und tut wohl das erste Mal seit Beginn der Laufbahn, wonach ihr ist. Nach Monaten der Ungewissheit, wie und ob es überhaupt weitergehen würde, rauften sich die drei wieder zusammen. Ihr achtes Studioalbum "Night network" fasst sämtliche vorherigen Platten in gewisser Weise zusammen: Das Lossagen von dieser Welt, in der man mitgespielt hat, weil man nicht wusste, wie man das ändern soll, kommt gleich im ersten Song zur Sprache. "Goodbye to that world we can't live with" singen die Brüder aus Wakefield südlich von Leeds selig und befreit – zumindest hier, fernab ihres üblichen Sounds. Sie sehnen sich zurück zur Freiheit vergangener Tage, bevor die Zwänge des Business zuschlugen. "Screaming in suburbia" resümiert "You gave away the dreams you tried to keep" – in dem Vorort, wo immer noch die gleichen Kids leben und schreien. Die Stücke sind phasenweise dreckig und wild und erinnert an die Anfangszeit von The Cribs, klingen nach durchzechten Nächten und nach von übertriebenem Gerauche kratzigem Hals am nächsten, verkaterten Morgen. Aggressive Riffs und treibende Drums versetzen einen zurück in die so viel unschuldigere Indie-Rock-Gesellschaft vor zehn oder 15 Jahren.

Und so wirkt "Night network", als fänden The Cribs all die Gefühle wieder, die sie nach Jahren zunehmender Abgestumpftheit als Rädchen in der Musikindustrie ausgeblendet, vergessen und aus den Augen verloren hatten. Die Nostalgie ist auf dem gesamten Album viel zu präsent, als dass man die Erleichterung um die zurückerlangte Freiheit überhören könnte – zumal die Jarmans wieder und wieder davon erzählen. Das könnte nerven, was The Cribs aber gekonnt umschiffen. Man kann einfach einsteigen und zurückdenken an die Tage, an denen man wieder und wieder mit Kippe in der Hand vor den Türen runtergerockter Clubs und Bars stand und dem dumpfen Widerhall des Indie-Rocks der damaligen Zeit durch mies isolierte Wände zuhörte. An die Tage, an denen man frei war von Zwängen und Verpflichtungen. Frei von jenen Dingen eben, zu denen man sich heute am liebsten verabschieden würde.

(Paul Milde)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Screaming in suburbia
  • I don't know who I am

Tracklist

  1. Goodbye
  2. Running into you
  3. Screaming in suburbia
  4. Never thought I'd feel again
  5. Deep infatuation
  6. I don't know who I am
  7. She's my style
  8. Under the bus station clock
  9. The weather speaks your name
  10. Siren sing-along
  11. Earl & Duke
  12. In the neon night
Gesamtspielzeit: 42:59 min

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kingsuede

2020-11-24 20:32:48

Sogar bereits erschienen. Wird erkundet und angehört.

Armin

2020-11-24 20:30:19- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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