Ólafur Arnalds - Some kind of peace

Mercury Classics / Universal
VÖ: 06.11.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Augen auf und durch

Im Englischen gibt es einen Begriff, dessen Übersetzung leider etwas platt klingt: "somber", zu Deutsch "finster", "dunkel" oder "düster". Nehmen wir also Letzteres: Düster schaut es auf den ersten Blick aus, das Cover des neuen Albums von Ólafur Arnalds. Ein tiefes, klares Blau, eine Nahaufnahme vom Kopf des Isländers, der seine Augen verschlossen hat. Weil er sich das Elend nicht mehr anschauen mag? Nein. Viel eher wirkt es so, als würde Arnalds tief durchatmen, sich sammeln, konzentrieren, besinnen. Die Lider sind entspannt, auf der Stirn keine Sorgenfalten zu sehen, überhaupt gibt es hier keinerlei Anzeichen von Stress. Ob der 34-Jährige bereits etwas weiß, wovon wir noch keine Ahnung haben? "Some kind of peace" untermauert diesen Verdacht zumindest. Ganz anders als der 2018 erschienene Vorgänger "Re:member" klingen die zehn neuen Stücke, die wie eine Art Rückgang zur Natur, oder eher: zum Altbewährten, scheinen.

Das ist Arnalds, wie man ihn aus seinen Anfangstagen kennt: Klang und Melodie pur. Wer das große Experiment, einen Ambient-Ausbruch oder trickreiche Soundspielereien sucht, ist hier falsch. Wer jedoch ein wenig Hoffnung und Zuversicht braucht, sollte sich das Album nicht entgehen lassen: Arnalds ist angekommen in dieser Welt, die so ganz anders ist, als er jemals gedacht hätte. Er hat seinen Platz gefunden und einen Weg, mit allen unschönen Dingen umzugehen. So ganz teilen mag er diesen nicht, und muss er ja auch nicht, überhaupt ist er wahrscheinlich sowieso für jeden ein wenig anders. Aber "Some kind of peace" vermittelt genau das, nämlich Frieden. Eine innere Ruhe, die nicht nur in stürmischen Zeiten herzlich willkommen ist. Eine streichelnde Hand, ein liebes Wort, eine warme Umarmung – die Vielfältigkeit von Musik ist immer wieder erstaunlich.

Mit der Unterstützung an einzelnen Stellen von Bonobo, JFDR und Arnalds' deutscher Lebenspartnerin Josin sorgt "Some kind of peace" freilich nicht dafür, dass wirklich alles plötzlich super wird und die eigenen Probleme für immer im Nichts verschwinden. Aber sie lassen sie immerhin für eine Weile erträglicher machen, manchmal sogar ganz vergessen. Tröstend ist dieses Album, auch melancholisch, aber vor allem berührend. Arnalds' cleveres Klavierspiel fühlt sich manchmal an wie kleine Fingerabdrücke auf der Haut, die Streicher wie ein erfrischender Wind im Angesicht des Höllenfeuers. Zehn kleine, liebevolle Wiegenlieder, die den Weg ins Traumland ebnen. Musik zum Einschlafen? Klar, wenn es denn hilft. Dennoch sollte man hier nicht nur die Augen, sondern vor allem die Ohren offenhalten: Mit Musik wie dieser scheint doch noch nicht alles verloren zu sein.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Spiral
  • The bottom line (feat. Josin)
  • We contain multitudes

Tracklist

  1. Loom (feat. Bonobo)
  2. Woven song
  3. Spiral
  4. Still / Sound
  5. Back to the sky (feat. JFDR)
  6. Zero
  7. New grass
  8. The bottom line (feat. Josin)
  9. We contain multitudes
  10. Undone
Gesamtspielzeit: 38:49 min

Im Forum kommentieren

Gomes21

2021-01-12 10:44:12

Ja, fantastisches Album, da stimme ich zu

Armin

2020-11-10 21:14:59- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2020-09-24 19:46:48- Newsbeitrag

Künstler: Ólafur Arnalds
Single-Titel: „Woven Song“
Single/Video-VÖ: 24.09.2020
Album-Titel: „some kind of peace“
Album-VÖ: 06.11.2020
Label: Mercury Classics (Universal Music)
Fotocredit: Anna Maggy

Hier gibt es ab sofort das Video (von Thomas Vanz) zu Ólafur Arnalds neuer Single „Woven Song“:

Info:Der isländische Multiinstrumentalist und Komponist Ólafur Arnalds veröffentlicht heute die neue Single „Woven Song“.
Der Song stammt aus seinem kommenden Album „some kind of peace“, das am 6. November bei Mercury KX erscheinen wird. Das Album, auf dem auch Kollaborationen mit Künstlern wie Bonobo und Josin zu hören sind, wurde vor Kurzem durch die ersten beiden Singles „Back To The Sky“ (mit JFDR) und „We Contain Multitudes“ angekündigt

„Woven Song ist ein entscheidender Moment für „some kind of peace““, sagt Ólafur. „Es ist eine Metapher dafür, von etwas Größerem als man selbst ergriffen zu werden, während man neue Horizonte entdeckt, sowie das Gefühl starken Rückhalts während man sich öffnet. Mithilfe eines Acrylgussverfahrens namens „viskose Fingertechnik“ zur Gestaltung fraktaler Formen, hat Thomas Vanz eine wunderschöne visuelle Darstellung der Lebensader geschaffen, die den Menschen angesichts einer herausfordernden Erfahrung in der Welt verankert.“

Bei „Woven Song“ handelt es sich um ein einzigartiges Stück in Ólafurs bereits vielfältigem Musikkatalog. Ein wunderschöner schwungvoller Track mit flatterndem Klavierspiel, leichten und schnellen Notenklängen und einer Kostprobe des schamanischen Gesangs eines 'Icaro', eines amazonischen Heilungsliedes, das traditionell in die Struktur der Notation eingebettet ist. Im Verlauf des Liedes setzen melancholische Streichinstrumente ein und wieder aus und das Stück wird allmählich fast gespenstig ruhig.

„Woven Song“ macht deutlich, warum Ólafur Arnalds zu einem der einflussreichsten Musiker der Moderne gehört, der sich den Weg durch die elektronische und klassische Musikwelt geebnet hat. Mit seinem neuesten Album „some kind of peace“ leitet Ólafur Arnalds nichtdestotrotz ein gänzlich neues Kapitel ein. Auf diesem begegnet man einem bekennenden Perfektionisten in seiner Auseinandersetzung mit der chaotischen Realität des Alltags: mit den Möglichkeiten der Liebe oder Beständigkeit zu finden und wie man das Ganze während einer globalen Pandemie handhabt (das Album wurde teilweise vor dem Lockdown geschrieben und in Arnalds‘ Hafenstudio in der Innenstadt von Reykjavik fertiggestellt). „some kind of peace“ erweist sich so als Dokument der Auseinandersetzung mit dem Zeigen der eigenen Verwundbarkeit und der Frage, was es letztendlich bedeutet, am Leben zu sein.

Mehr als alle seine bisherigen Werke, es für die Lebensgeschichte Ólafur Arnalds – und da gibt es jede Menge zu erzählen. Arnalds begann mit dem Schreiben von Kompositionen für eine deutsche Metal-Band, bevor er sich Sigur Rós anschloss. Nach einer umfangreichen Zusammenarbeit mit dem deutschen Pianisten/Komponisten Nils Frahm erwies sich Ólafurs letztes Album „re:member“ als eine technologische Innovation (es enthielt seine bahnbrechenden, selbstspielenden und halbgenerativen Stratus-Klaviere). Es folgte eine über 140 Konzerte umfassende Welttournee, auf der Arnalds Veranstaltungsorte von der Royal Albert Hall bis hin zu seinem eigenen, genreübergreifenden Musikfestival OPIA im Southbank Centre bespielte. Nur wenige zeitgenössische Künstler würden sich schließlich genauso bei Iggy Pops Show auf 6Music zu Hause fühlen, wie bei der Komposition von Tanzpartituren für Wayne MacGregor in Sadler's Wells oder dem Gewinn eines BAFTA für seine Arbeit an „Broadchurch“ oder einer Emmy-Nominierung am Anfang des Jahres für seinen Titelsong zu „Defending Jacob“.

Das Album „some kind of peace“, verkörpert die persönliche und kreative Entwicklung Ólafur Arnalds vor dem Hintergrund einer chaotischen Welt. Man wird auf diesem Album, das in seiner Offenheit und Schönheit schlicht bemerkenswert ist, also durchaus Andeutungen einschneidender privater Erlebnisse heraushören können: „Es ist so persönlich, dass ich immer noch selbst versuche, die Worte zu finden, um darüber sprechen zu können“, sagt Arnalds heute. „Ich hielt es für wichtig, dass das Album meine Geschichte auf eine sehr ehrliche Art und Weise erzählt.“ Ólafur fordert die Zuhörer auf, sich dem Leben mit aller Offenheit zu stellen und vor allem eigenständig zu handeln und nachzudenken, um die eigene innere Ruhe zu finden. Sein beeindruckendes neues Album ist der richtige Ansatzpunkt, um damit zu beginnen.

Facebook: https://www.facebook.com/olafurarnalds/
Instagram: https://www.instagram.com/olafurarnalds/

VelvetCell

2020-09-09 19:48:32

Sehr schön, stimmt. Freue mich aufs Album!

dieDorit

2020-08-31 19:28:25

Oh, schön. Kommt auf gleich auf die Vormerkliste.

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