Novo Amor - Cannot be, whatsoever

AllPoints / Music Glue / Believe / Soulfood
VÖ: 06.11.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Soll der Winter doch kommen

Die Tage werden kürzer. Man könnte sich darauf einstellen. Ist ja schließlich jedes Jahr der Fall, aber irgendwie kommt das dann doch immer zu schnell. Gerade für die jenigen, die Sommernächte mehr mögen als Sommertage, eigentlich kein schlechter Umstand, wären da nicht auch der Wind, der ständige Fisselregen und Temperaturen, die fallen und fallen und fallen. Trank man im Sommer den ersten morgendlichen Kaffee in der Hand noch auf dem Balkon, um so früh wie möglich die Sonnenstrahlen des neuen Tages aufzusaugen, steht man, sobald es dann kälter wird, drinnen vor dem Fenster mit dem Kaffee und sieht zu, wenn es endlich hell wird, wie die Blätter, die das Geäst der Bäume verbergen, erst Tag für Tag etwas grüne Farbe verlieren und der Wind dann das Übrige tut, um die Bäume vollends zu entblättern.

Zehn Songs hat der Waliser Ali John Meredith-Lacey, bekannt als Novo Amor, verpackt in seinem neuen Werk "Cannot be, whatsoever", die zumindest ein wenig Abhilfe schaffen könnten. Der Mulitinstrumentalist hadert auf diesem Album damit, gefangen zu sein in Beziehungen, in denen er nicht er selbst sein kann und wenig Wertschätzung erhält, er hadert mit Entscheidungen in der Vergangenheit und sehnt sich nach Freiheit. In "Opaline" schafft er es, sich zu befreien. "But I'm here just to hold your coat / I've been thinking I could stay at home", doch der Song wird abgeschlossen mit eben jenem befreienden "Now I feel like I'm finally me". Gleichzeitig sehnt er sich nach einer Beziehung, in der dies, so wie es sein sollte, der Fall sein kann. "Let my life be worth your while", singt er in "Decimal". Seine Songs strotzen vor Selbstkritik und sind entwaffnend ehrlich. In "Halloween" vermisst er und bereut. "I miss my friends that I pretend I don't need." Und fast fleht er "Keep me on fire" in "Keep me".

Das ganze Werk ist geprägt von einer angenehmen musikalischen Vielfältigkeit. Meredith-Lacey erzeugt ein Wohlbefinden mit Synthies, die die meisten Songs dieses Albums umwabern. Führt Streicher, Percussions und einen durchdringenden Bass zusammen zu einem komplexem Soundmantel, der der Gitarre oder dem Piano die Möglichkeit gibt, die Songs zu zu leiten. Der Song "No plans" bricht bombastisch aus dem Gitarrenintro und der Autotune, liegend auf der Zweitstimme, lässt alles noch bedeutender wirken. Generell sind die lauten Ausbrüche so präsent, dass man die Erleichterung förmlich spüren kann. "Guestbook", das letzte Stück, ist ein versöhnlicher Folksong, der das Gesamte passend abschließt.

Der Winter wird kommen, das steht außer Frage. Novo Amor hat etwas geschaffen, das zumindest etwas helfen kann. Dieses Album wärmt von innen, wie der erste Löffel Grünkohl, nach einer durch Fehlplanung geprägten, viel zu langen Wanderung durch die Kälte, mit billigen Thermoskannen, die bereits nach einer halben Stunde Glühwein in nur noch unertragbarer Temperatur ausschenken. Trotz allumfassender melancholischer Nostalgie wärmt dieses Album vom ersten bis zum letzten Ton. Packt die Winterklamotten aus, es wird kalt. Für manche von uns wird dieses Album aber vielleicht ein Mantel sein, um uns ein wenig erträglicher durch den Winter zu bringen.

(Paul Milde)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Opaline
  • No plans
  • Halloween
  • If we're being honest

Tracklist

  1. Opaline
  2. I feel better
  3. Decimal
  4. No plans
  5. Birdcage
  6. Keep me
  7. Halloween
  8. Statue of a woman
  9. If we're being honest
  10. Guestbook
Gesamtspielzeit: 30:30 min

Im Forum kommentieren

Enrico Palazzo

2020-11-06 18:10:25

Uncanny valley?

Vive

2020-11-06 18:09:01

es klingt schon ganz nett, aber mein problem damit ist, dass es nicht nur an bon iver erinnert, sondern bon iver sein könnte. das ist so eine uncanny valley situation..

Kai

2020-11-06 15:57:29

Der physikalische Release (zumindest die LP) wurde um eine Woche verschoben.

Ich selbst hab meine Vorbestellung storniert. Das Album ist leider eher ein Rückschritt und wirkt nach den ersten beiden Durchgängen sehr langweilig.

6/10

Eurodance Commando

2020-11-06 12:59:57

So ne Weichflöten-Musik natürlich Album der Woche auf Plattentests. #epicfail

Deer

2020-11-06 12:14:39

Die Welt leidet schon unter Covid-19, warum noch diese Platte?

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