Magik Markers - 2020

Drag City / Indigo
VÖ: 23.10.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Zittrige Hände

Wie wichtig doch eine Band wie Magik Markers ist. Eine Band, die gar nicht darauf aus ist, einen stringenten Trademark-Sound zu finden, sondern einen übergeordneten Spirit walten lässt. Und dieser definiert sich über Freundschaft und darüber, dass das gemeinsame Musizieren etwas sein kann, was Halt gibt und Identität. So ist dieses Trio schon immer vorgegangen, besonders in den 00er Jahren mit Alben wie "Boss", welches sich jeder allzu klaren Zuordnung entzog und frisch und frei alles ausprobierte, was man gerade noch so guten Gewissens Indie nennen konnte. Sechs Jahre Pause liegen nun hinter den Markers, "2020" ist nun eine gewohnt schräge Rückkehr zu alter Form, da sehr vieles hier erlaubt ist, die Trampelpfade abseits der geordneten Hauptstraße viel lieber abgeschritten werden. Damit fangen Magik Markers genau jene Unsicherheit ein, die unseren Planeten gerade latent bevölkert.

Man muss sich nur den Rowdy-Rocker "That dream (Shitty beach)" reinziehen, die Riffs fletschen die Zähne, das Schlagzeug pumpt gewaltig nach vorne, eine einzige diabolische Heimsuchung. Dabei kommt dem Unperfekten eine entscheidende Wirkung zu. In diesem Stück versucht sich Bassist John Shaw am Mikro, quält sich durch die hohen Töne, Dieter Bohlen würde abwinken. Aber wie jene eher armselige Stimme die große Geste versucht und dabei scheitert, macht viel vom Charme dieses Stückes aus. Ein anderes Beispiel für gewollte Konzentrations- und Performanceschwächen ist der Opener "Surf's up", dieses Mal mit Stammfrontfrau Elisa Ambrogio als Sängerin. Dort wird eine recht liebliche Ballade eingeleitet, alles nett mit weicher Gitarrenmeditation und beiläufigen Klaviertupfern, doch irgendwie verlieren Magik Markers hier anscheinend ganz bewusst den Hauptplot aus den Augen. Die Gitarren beginnen zu jaulen und sägen den Wohlklang in handliche Teile, aus wohlgeordneter Bekömmlichkeit entwächst ein hitziger Jam, der zwar die seichten Elemente vom Beginn noch zu Wort kommen lässt, aber eben inmitten eines bedrohlichen Fiebertraums.

"Born dead" ist dann melodisch unheimlich anrührend, Vergeblichkeit, ein mattes Sehnen, im vordergründig nüchternen Gesangsvortrag Ambrogios verbergen sich existentielle Emotionen, und trotzdem belässt es die Band bei einem blassen Setting, durch das höchstens mal die E-Gitarre jault. Auch "Hymn 2020" interessiert sich nicht für wohlgestaltete Eingängigkeit aus einem Guss, ist ein Irren und Wandeln durch Stimmfetzen und schief gewickelte Drones. Und doch findet man viel abwegige Schönheit in den Stücken, gerade dann, wenn munter am springenden Punkt vorbei musiziert wird. "CDROM" wickelt rostige Gitarrenschleifen um die handbelassene Rhythmik, im Gesang ringen selbstbewusster Stoizismus und wackelige Verunsicherung um die Deutungshoheit. Und genau da, wo es knirscht, wo der gerade Weg verlassen wird, wo auch Manien und Ängste in eigentlich adrette Melodien Einzug finden, beginnt und waltet der Zauber dieser Band. Auf wackeligen Beinen und mit zitternden Händen hauen Magik Markers Songs raus, die keine Miss-Wahlen gewinnen, in ihrer versehrten Schieflage aber einem wahrhaften Abbild von dem nahekommen, was es bedeutet, Mensch zu sein in der sogenannten westlichen Welt.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Surf's up
  • Born dead
  • CDROM

Tracklist

  1. Surf's up
  2. Find you ride
  3. That dream (Shitty beach)
  4. Born dead
  5. You can find me
  6. Hymn for 2020
  7. Swole sad tic
  8. CDROM
  9. Quarry (If you dive)
Gesamtspielzeit: 42:05 min

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Armin

2020-11-04 21:16:49- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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