Eels - Earth to Dora
E Works / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 30.10.2020
Herbsteinkäufe
Da gibt es im Bekanntenkreis des Rezensenten jenen Typen, der jedes Jahr zur Herbstzeit ins Kleiderkaufhaus seiner Wahl geht und dort einen Pullover kauft. Braun muss er sein und kuschelig warm. Manchmal hat der jeweilige Pullover ein Muster, manchmal spielt er ins Rötliche oder Gräuliche, doch im Kern bleibt sich der Freund treu. Bei Mark Oliver Everett weiß man auch, was man bekommt und vor allem, was man zu erwarten hat. Es gibt da so einige Trademarks, das warme Gitarrenplingern oder die watteweichen Streicher. Dazu eine matt-rauhe Stimme, die resignative Verzweiflung genauso vermitteln kann wie kindlichen Enthusiasmus. Und dann diese Geschichten und Figuren, teilweise aus den Schubladen der eigenen Biografie hervorgeholt. Dabei wahrt Everett immer den menschlichen Maßstab, wenig Übertriebenes oder Aufgeblasenes findet man in seinen Songs. Und so überrascht das vorläufige Fazit zum 13. Eels-Album "Earth to Dora" auch nicht wirklich, es ist sehr typisch geraten.
Doch wo der Vorgänger "The deconstruction" manchmal wie ein müdes Selbst-Plagiat wirkte, manchen Witz zum dritten oder vierten Mal erzählte, punktet das neue Werk mit einer naiven Frische. Die beseelte Liebeserklärung "Anything for Boo" muss sich für seine Simplizität und seinen Beatles-Vibe nicht schämen. Da wird zum luftigen Schlagzeug und zu sanft schwingenden Gitarrensaiten einfach ein Treueschwur abgegeben, der in seiner Leichtigkeit dennoch weit von Banalität entfernt ist. Vielmehr hat man endlich mal wieder das Gefühl, Everett habe die einfachen, aber entscheidenden Worte gefunden. Auch "Are we alright again" verleiht mit gelenkigem Beat und hellen Tönen der Hoffnung Ausdruck, nach durchstandener Krise wieder etwas Licht vom Leben abzubekommen. Es tutet, es swingt, dabei kommt durch den typischen Gesangsstil Everetts immer noch genug matte Melancholie zum Tragen.
Es entsteht der Eindruck, diese Stücke pendeln genügsam vor sich hin, als freuten sie sich, wenn sie eine zwingende Melodiefigur finden, wobei ein wenig hintergründige Traurigkeit gerne dazukommen darf. Der Titelsong vereint so beschwingte Rhythmik mit nachdenklichen Blicken in schattige Ecken. Dabei wieder bestechend: einfache Formulierungen, weit weg von gestelzten Aussagen, "We'll smile / As long as you're here." Oder eine Charakterisierung, wie diese hier: "She's beautiful / But she doesn't fight fair." Die Chancen stehen gut, dass bei einer solchen Line jeder ein eigenes, nicht wenig konkretes Bild vor Augen hat. Mit dieser Nüchternheit erschafft Everett Figuren, die das Zeug haben, sein Publikum lange und verlässlich zu begleiten. Da muss die Musik keine artistischen Ausrufezeichen setzen, ein milder Fluss der anschmiegsamen Melodien reicht da völlig.
Dies heißt aber nicht, dass nicht auch textliche Stolpersteine in den Weg gelegt werden, die eine Einfärbung in allzu Liebliches verhindern, so im bluesgetränkten "Are you fucking your ex". Aber es ist bei den Eels immer so, dass neben einem "I got hurt" auch ein "Baby let's make it real" steht. Doch selbst im besagten "I got hurt" wird die leidvolle Bilanzierung von Streichern in den Himmel getragen. Und der Wunsch nach Aufbruch, nach Verwirklichung des gemeinsamen Glücks ist längst nicht so freudentrunken, als dass nicht ein paar dunkel eingefärbte Klaviertöne das Zuckerpanorama ein wenig in Richtung realistischer Tristesse schubsen würden. Und genau das ist typisch Eels, nichts Neues also von dieser Stelle, aber das Gewohnte steht in Vollendung da.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Anything for Boo
- Are you fucking your ex
- I got hurt
Tracklist
- Anything for Boo
- Are we alright again
- Who you say you are
- Earth to Dora
- Dark and dramatic
- Are you fucking your ex
- The gentle souls
- Of unsent letters
- I got hurt
- OK
- Baby let's make it real
- Waking up
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Armin
2021-04-21 18:45:14- Newsbeitrag
Nachdem Eels im Oktober 2020 ihr letztes Album "Earth To Dora" veröffentlichten (via E-Works), präsentiert die Band um Mark Oliver Everett nun ein wunderbar animiertes Video zu dem Titeltrack des Albums.
Gemeinsam mit Regisseurin Isabel Garrett und Chris Murdoch entstand so ein liebevolles Video, welches davon handelt, dass Dora auf dem Mond gestrandet ist, umgeben von Traurigkeit, während E versucht, sie zurück zur Erde zu navigieren.
Isabel Garrett ergänzt dazu:
"For me the song is about the distance that depression creates and the beauty of companionship. I liked the idea of mixing paint with stop motion to make a world which is a bit playful and nostalgic with lots of handmade texture to capture the sensitivity of the lyrics."
jo
2020-12-14 20:14:12
Das war auch schon auf "Blow", oder? Nur ohne das Streicher-Stimmen-Intro, glaube ich.
juwe82
2020-12-14 19:49:24
Das Stück Doubled Up vom schönen Oyster Album, es handelt sich lediglich um das Streicher- Intro.
https://m.youtube.com/watch?v=PTpQW9c3LxY
The MACHINA of God
2020-12-14 10:55:39
durch Fresh Feeling habe ich meine Frau kennengelernt, da der Track so ähnlich beginnt wie ein Stück von Heather Nova...
Ok, das würd ich jetzt gern wissen, wie das geht.
jo
2020-12-13 12:08:44
Mein einstieg war zu jener Zeit die Souljacker, nachwievor ein absoluter Fav...dogfaced hat mich von der ersten sekunde im Sack gehabt, obwohl es kein symbolischer- Eels Track ist.
Das erklärt für mich auch fast, warum die "Blinking Lights..." nicht wirklich funktioniert. Die ist für mich komplett typisch Eels, die "Souljacker" hingegen doch ziemlich untypisch. Hat mit "Hombre Lobo" noch nen Verwandten in der Diskografie, aber ist sonst mindestens zu 50 % schon recht einzigartig. Ich mag sie insgesamt übrigens weniger ;), auch wenn sie einige sehr tolle Songs enthält. Das genannte "Fresh Feeling" gehört auf jeden Fall dazu; ist auch besser als das dort gesampelte "Selective Memory", das auf der "Daisies..." für mich eher "okay" ist, aber kein Highlight.
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