Astra Kid - Müde, ratlos, ungekämmt

V2 / Zomba
VÖ: 15.09.2003
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vor allem: müde

Stellen wir uns vor, Astra Kid wären ein Erpel. Sicher, ein Erpel ist weder der Herrscher der Meere noch ein eleganter König der Lüfte, aber immerhin: In heimischen Gewässern ist das männliche Ententier doch so etwas wie eine Passantenattraktion. Aufmerksamkeit und den ein oder anderen Brotkrumen gibt es für den Durchschnittserpel schon hin- und wieder zu erhaschen. Nehmen wir nun aber zudem an, daß unser Astra Kid-Erpel in einem ziemlich überfüllten, innerstädtischen See sein Dasein fristen müsste.

Welches wäre wohl die beste Strategie für unser Federvieh, seinen Ertrag an Brotkrumen zu maximieren, ohne gleich Federkleid oder Gewässer wechseln zu müssen? Mitten im Strom der übrigen Wassertiere zu schwimmen und abgesehen von der ungepflegten Frisur keine eigenen Merkmale zu besitzen kann - das liegt auf der Flosse - wohl kaum der richtige Weg sein. Also lieber Astra Kid-Erpel, sperr die Lauscher auf und laß Dir ein paar Sachen zu deinem Gequake gesagt sein:

Erst zu Deinen Texten: "Mein Leben in 16 zu 9 wäre ziemlich langweilig." Das hast du richtig erfaßt. Aber Selbsterkenntnis ist bekanntlich nur der erste Schritt zur Besserung. Es wäre schön gewesen, Du hättest aus Deiner Feststellung den logischen Folgeschluß gezogen und es mit der Vertonung in Stereo (zumindest im Fall dieses Liedes) auch gleich sein gelassen. Ähnliches gilt für Deinen Bericht von der Parkplatzsuche in Münster (Titel: Oha! "Parken in Münster") und Deine Balzversuche als "Rhytmuskäfer". Nicht jeder muß ein feuilltonistischer Denker zweiten Grades, ein depressiver Großstadtgrübler oder gar ein Berufsrevolutionär sein, aber wenn man Musik mit deutschen Texten macht, sollte man sich im Klaren sein, daß das Zielpublikum die Sprache versteht. Dieses mit einer dreiviertelstündigen Luftblase (Ausnahmen: "Müde, ratlos, ungekämmt" und "Schwarzfahren") zu traktieren, ist definitiv unklug. Wenigstens ein bißchen lustig könntest Du sein. Oder zumindest weniger unreif.

Und nun noch ein paar Worte zu Deiner Musik: Copy kills music. Als kreuzbrave deutsche Rockband auf einem Album unmarkierte Direktzitate von der versammelten amerikanischen Rockelite der 90er Jahre (Nirvana über Weezer bis hin zu den Foo Fighters) zu übernehmen, zeugt weniger von gutem Geschmack, als vielmehr von extremer Risikominimierung. Und wenn selbst bei einer solch konservativen Auslesestrategie nur zwei starke Songs bei vierzehn Versuchen abfallen, läßt sich schnell die Assoziation zu einem anderen Geflügeltier knüpfen: Dieses ist mit einer gewissen Sehschwäche ausgestattet und bei der Körnersuche bekanntlich auch nur mit Glück erfolgreich. Umso schlimmer, wenn bei Dir die Blindheit nicht einmal angeboren, sondern vielmehr selbstverschuldet ist. Aber es wurde ja oben schon angedeutet: Lieber Astra Kid-Erpel, wende die Augen doch einfach mal von den schönen, schönen Schwänen in deinem See ab, schwimme zu eigenen Ufern und vielleicht bringst auch du am Ende des Tages die verdienten Brotkrumen nach Hause. Laß sie Dir schmecken!

(Thorsten Thiel)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Müde, ratlos, ungekämmt
  • Schwarzfahren

Tracklist

  1. Müde, ratlos, ungekämmt
  2. Für etwas mehr als dich
  3. Du und dein Problem
  4. Jogginghose
  5. Parken in Münster
  6. Über dich
  7. Rhytmuskäfer
  8. Schwarzfahren
  9. Am Kanal
  10. 16 zu 9
  11. Keine Zeit zum Nichtstun
  12. Es beginnt an Ort und Stelle
  13. Was passiert
  14. www
Gesamtspielzeit: 48:33 min

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