
Bonez MC - Hollywood
Vertigo / UniversalVÖ: 11.09.2020
Goldene Himbeere
"Ich bin krasser als die, krasser als alles, größte Gewicht." An einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen bzw. -verliebtheit hat es bei Bonez MC nie gemangelt. Ganz im Gegenteil. Aber das steht sicherlich auch in der Stellenbeschreibung für Mitglieder der 187 Strassenbande und gilt somit für deren Oberhaupt erst recht. Hoffentlich hat sein Ego keinen langfristigen Knacks erlitten, nachdem er feststellen musste, dass Capital Bra noch krasser zu sein scheint und ihn nach nur einer Woche auf Platz 1 vom Charts-Thron gekickt hat. Manch einer definiert sich ja über so etwas. Wie dem auch sei. Den Platz ganz oben auf dem Treppchen hat "Hollywood" auch nun wahrlich nicht verdient und ist vermutlich größtenteils der "Ich kaufe und streame alles, was mit Zahlen und Gangsta-Rap zu tun hat"-Fraktion zuzuschreiben.
Ganz nüchtern betrachtet – wie immer das auch funktionieren soll – ist das acht Jahre nach "Krampfhaft kriminell" erste Soloalbum des auf den bürgerlichen Namen Johann Lorenz Moser hörenden Bonez MC in erster Linie eines: irgendwie ernüchternd. Zufall oder nicht, aber am besten funktioniert das Album bei Songs, die auch aus "Palmen aus Plastik"-Zeiten hätten stammen können. Wie "Wild wild west", zum Beispiel. Zusammen mit Jahmiel verlustiert sich Bonez MC ganz chillig irgendwo zwischen Reggae und Dancehall und drückt allen nochmal ein "Wärst gern wie ich, unter der Sonne und reich" unter die Nase. "Roadrunner" geht einen ähnlich entspannten Weg, wenngleich auch ohne Jamaika-Einschlag, während der Instagram-Diss "Ihr Hobby" gut nach vorne geht und dank satter Bässe und eingängigem Refrain irgendwie im Ohr bleibt.
Leider war es das auch prinzipiell schon auf der Habenseite. Bonez MC nölt sich mit tiefer Stimme und großer (Autotune-)Klappe in knappen Drei-Minuten-Intervallen durch die Songs, die allesamt gleich klingen und einen trotz aller State-of-the-art-Instrumentierung mit fetten Beats und Bässen kaum vom Hocker reißen. Der Rest von "Hollywood" verliert sich Stück für Stück im belanglosen und verkrampften Einerlei. Das liegt gar nicht mal alleine an den ständig gleichen Inhalten irgendwo im Niemandsland zwischen Gewalt, Frauen, Autos, Drogen und Geld. Und auch nicht an der Tatsache, dass diese Themengebiete nur sehr selten genauso neutral und politisch korrekt benannt werden. Geschenkt. Das gehört in dem Genre scheinbar irgendwie immer noch dazu. Zugegebenermaßen fällt es schwer, jemanden ernst zu nehmen, der unterirdisch schlimme Zeilen wie "Sie sind gierig, ich schwör' auf alles (Ja) / Tu mir den Gefallen und komm nicht mit ihr zusammen / Konzentrier dich, sie saugt Dich aus (Ahh) / Zieh ihn vorher raus und spritz ihr besser auf den Bauch (Ahh), weil / Erst will sie ein Kind, danach ein Garten vor dem Haus / Am besten noch einen Ring, dann kommst Du gar nicht wieder raus" zum Besten gibt, um dann später in "Papa ist in Hollywood" ein persönliches Lied für seine Tochter zu schreiben und auf die Versöhnung mit der Mutter hofft. Das ist weder krass noch oscarreif. In Hollywood gibt es für so etwas für gewöhnlich eine goldene Himbeere.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wild wild west
- Ihr Hobby
Tracklist
- Handschuhfach
- Wild wild west
- Roadrunner
- Gierig
- Panik
- Tilidin Weg
- Big Body Benz
- Ihr Hobby
- Fuckst mich nur ab
- Grabstein
- Aww Johnny
- 187 Gang
- Papa ist in Hollywood
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Armin
2020-09-29 19:46:03- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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