Black Heino - Menschen und Maschinen

Tapete / Indigo
VÖ: 25.09.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Monarchie und Zahltag

Mit Vergleichen ist es so eine Sache. Sie helfen bei der Veranschaulichung, sorgen aber oft für eine verengte Sicht. Bei Black Heino drägt sich jedoch ein Vergleich unmittelbar auf: Das Trio klingt wie ein Update zu Fehlfarben. Punkt. Braucht es dieses Update? Aber sowas von. In Zeiten des freidrehenden Konsumismus besteht die Notwendigkeit, gelegentlich an die Glastürme zu pissen. "Vandalismus!", empören sich die Eigentümer jener Phallussymbole. Schon schlimm, diese Unruhestifter, die sich partout nicht unterordnen wollen. Wer angesichts der Zeichen der Zeit ruhig bleibt, macht sich aber schweigend zum Mittäter. Black Heino verfügen nicht nur über einen der besten Bandnamen des Landes, sie sind auch auf einer Mission. Auf "Menschen und Maschinen" vereinen sie griffige Slogans mit marschierendem Noiserock. Der Kopf nickt, der Fuß kickt. Kritik kann auch Spaß machen. Vielleicht muss sie das sogar.

Aber was bedeutet schon Spaß. Der "Homo oeconomicus" hat es sich gemütlich gemacht. Hauptsache, die Work-Life-Balance stimmt. Was für ein Blödsinn das doch ist. Schön brav den Kopf hinhalten, um dann am Stadtrand überteuerte Höhlen in Würfeln zu bewohnen. Danke für nichts. Im Gleichschritt der U-Bahn entgegen, Ringe unter den Augen und an den Fingern. Man liebt ja auch. Wer das Arbeitslos gezogen hat, gilt ohnehin als Schmarotzer. "Pfaffenbrot" erzählt von der Freiheit, die das Leben bietet, wenn der befristete Vertrag mal wieder ausgelaufen ist. Früher haben wir auch so schön lachen können, aber das ist Geschwätz von gestern. Freilich ist die Mär vom Automaten, der die Arbeitskraft ersetzt, schon bis zur Unkenntlichkeit durchgekaut worden. An ihrer Relevanz ändert das nichts. Noch immer gibt es keine rechte Antwort, was auf den Fetisch der Arbeit folgen soll. Blickt man auf Klimaprognosen, wirken derlei Fragen ohnehin lächerlich. Vielleicht sterben Menschen auch einfach zu früh. Das halbe Leben geht dafür drauf, klarzukommen. Der Rest besteht aus der Absicherung des Claims für die Nachkommen. Darauf erstmal ein zünftiges Saxofonsolo.

"Menschen und Maschinen" ist ein Album, auf dem sich Hit an Hit reiht. Kompromisslos im Songwriting, unmissverständlich in der Haltung. Die Texte schrammen mehr als einmal haarscharf am T-Shirt-Spruch vorbei, aber das muss so sein. Wenn sich etwa "Die toten Augen von Hammerbrook" zum Refrain aufschwingt, gibt es kein Halten mehr. Es geht ums Kaputtmachen. Jeder Titel ist wie ein Peitschenhieb. Was dereinst ein großer Plan war, ist jetzt Frust. "Große Erwartungen" machen Platz für Gleichmut und Ignoranz. Glücklicherweise gibt es Roboter, mit denen man reden kann. Hätte man im Jahr 1984 einem Stasi-Mitarbeiter erzählt, dass sich in der Zukunft Menschen freiwillig Abhörmaschinen in die Wohnung stellen, um nicht mehr auf den Lichtschalter drücken zu müssen, hätte er sich wahrscheinlich weinend in sein Büro zurückgezogen. Zynisch zu werden, ist natürlich auch immer eine Option. Black Heino haben darauf keinen Bock. Sie machen Musik für das Zeitalter der optimierten Kommunikation. Tanz den Elon Musk, tanz den Kapitalismus. "Bambusschrott, Telefonismus / Ist die Vorstufe zum Faschismus."

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Homo oeconomicus
  • Große Erwartungen
  • Die toten Augen von Hammerbrook
  • Alexa!

Tracklist

  1. Homo oeconomicus
  2. Schachmatt
  3. Große Erwartungen
  4. Pfaffenbrot
  5. Die weißen Kragen
  6. Menschen und Maschinen
  7. Die toten Augen von Hammerbrook
  8. Alexa!
  9. Social bots vs. King Ludd
  10. Bambusschrott
Gesamtspielzeit: 34:50 min

Im Forum kommentieren

Christopher

2020-09-26 22:41:45

Muss das mal bumpen, höre das Album grade nochmal. Macht einfach Spaß.

Wer Geschrammel mag und kein Problem mit explizit linkem Gedankengut hat: Anhören.

Armin

2020-09-22 19:49:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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