Mother's Cake - Cyberfunk!

Membran
VÖ: 18.09.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der Funk ist nicht genug

An Kreativität und Tatendrang hat es im Hause Mother's Cake noch nie gemangelt. Verfolgt man die Entwicklung vom starken Erstling "Creation's finest" bis zum überschäumenden "No ryhme no reason" nach, so entsteht der Eindruck, Mother's Cake täten keinen einzigen Schritt zweimal. Lässig jonglierten die Österreicher bisher mit Funk, Progressive Rock, Psychedelic, Stoner, Space-Rock, Jazz und Blues – und das mit einem Können und einer Spielfreude, die ihresgleichen sucht. Mit diesem breit gefächerten Genre-Repertoire ist es dem Trio gelungen, einen Sound zu entwickeln, der einerseits enorm wandelbar ist und andererseits trotzdem immer eine unverwechselbare Handschrift trägt. Mittlerweile sind die Tiroler bei Album Nummer vier angelangt, schaffen es aber immer noch, ihrem Sound neue Facetten hinzuzufügen, ohne diesen komplett umzukrempeln. Zudem stellt der Titel "Cyberfunk!" auch die Antwort auf die wohl mit der Zeit immer nerviger gewordene Frage dar, was für Musik Mother's Cake eigentlich genau machen. Einen tieferen Sinn muss man dahinter eher nicht vermuten, manchmal reicht es einfach, wenn es abgefahren klingt – und das trifft auf den Titel genauso wie auf den Inhalt zu.

Dieses Mal sollte alles mehr dem Live-Sound der Band entsprechen, daher wurde "Cyberfunk!" größtenteils live eingespielt und Overdubs vergleichsweise sparsam eingesetzt. Dieser Ansatz macht sich zwar bemerkbar, reduziert klingt das Album aber dennoch nicht. So energisch, wie die Tiroler zu Werke gehen, füllt ihr Sound den Raum im Handumdrehen mit einem explosiven Gemisch, das jeden Winkel erobert und ständig zu explodieren droht. Auch wenn "Cyberfunk!" etwas roher und mehr nach Proberaum klingt als sein Vorgänger, verhält es sich beim Songwriting genau andersherum: Klangen besonders die ersten beiden Alben nach einer ausgiebigen Jam-Session, setzt sich der auf "No rhyme no reason" gestartete Trend zu fokussierten Songs weiter durch. Der Opener "Toxic brother" peitscht unbändig nach vorne und bereitet den Weg für die wilde Abfahrt, die bevorsteht. Das flott groovende Bassriff brennt sich ins Trommelfell, das Schlagzeug drückt, dass die Wände beben und über dem Chaos schwebend verleiht Yves Krismers Gesang dem Song seine besondere Melodik. Speed-Stoner nennt die Band das – passt!

Songs dieser Couleur finden sich einige auf "Cyberfunk!". "Crystals in the sky" und "I'm your president" drücken mit Psychedelic- und Funk-Einschlag heftig nach vorne, bevor "Love your smell" mit seiner Ohrwurm-Hook kurz die Geschwindigkeit drosselt. Besonders in der zweiten Albumhälfte brechen dann alle Dämme. "Cybernova" deutet bereits eine Zäsur an, das folgende "Hit on your girl" bestätigt diesen Eindruck. Der Funk besetzt wieder die Hauptrolle, Bassist Benedikt Trenkwalder slappt sich den Daumen wund, Krismer schreit, singt und stöhnt fast gleichzeitig, bevor der Song plötzlich in ein unerwartetes, aber episches Finale kippt. "Lonely rider" tänzelt entspannt zum Synthesizer und erinnert zuerst einmal an die Kollegen von Bilderbuch, bevor im Refrain die verzerrte Gitarre wieder die Richtung angibt. Zum Finale warten Mother's Cake mit dem atmosphärischen Kopfnicker "The beetle" auf, der nach der straighten Strophe letztlich noch einmal sein heftig groovendes Hauptriff zelebriert, und dem lässig auf Offbeat-Gitarren wankeldem "Desire" auf, das mühelos Ska mit Psychedelic fusioniert.

Mother's Cake scheint nichts genug zu sein. Die Mischung aus Funk und Progressive-Rock auf der das Trio seinen Sound aufgebaut hat, bildet zwar noch immer die Grundlage ihres Outputs, aber spätestens jetzt reichen diese zwei Genres keinesfalls mehr aus, um auch nur annähernd zu beschreiben, was das Trio für einen Sound vor sich herschiebt. Und trotz unzähliger Einflüsse wirken Mother's Cake nie bemüht oder gar unbeholfen. Die Tiroler beweisen auf "Cyberfunk!" vielmehr ihr Talent dafür, ihre Musik ständig neu anzureichern, ohne jemals fremd zu klingen und immer neue Wege einzuschlagen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Nennt es Cyberfunk, nennt es, wie Ihr wollt – Mother's Cake bleiben unverwechselbar.

(Christopher Padraig ó Murchadha)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Love your smell
  • Hit on your girl
  • The beetle

Tracklist

  1. Tapedeck
  2. Toxic brother
  3. Crystals in the sky
  4. I'm your president
  5. Love your smell
  6. The operator
  7. Cybernova
  8. Hit on your girl
  9. Lonely rider
  10. Gloria
  11. The beetle
  12. Desire
Gesamtspielzeit: 45:13 min

Im Forum kommentieren

MasterOfDisaster69

2020-10-06 20:44:33

so sieht es aus. Bei einigen Songs hoert es sich an, als ob Lenny Kravitz bei Rage Against the Machine angeheuert haette...
Beide Referenzen fehlen aber.

pounzer

2020-09-29 22:33:07

Sehr geiles Album. Läuft hier seit ein paar Tagen rauf und runter. Besonders "The Operator", das in der Review leider keine Erwähnung findet ist fantastisch. Beinahe unmöglich, dabei die Füße still zu halten.

Armin

2020-09-15 21:20:15- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum