Primitive Man - Immersion

Relapse / Membran
VÖ: 14.08.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Godzilla im Marianengraben

Vielen Extreme-Metal-Bands wird von ihren Fans nachgesagt, sie seien die heaviesten. Es wird mit höllischen Attributen um sich geworfen – Raserei, Wahnsinn und Nihilismus als die heiligen Werte hochgehalten. Auf die wenigsten Bands treffen diese überkandidelten Beschreibungen wirklich zu. Primitive Man hingegen können wahrlich von sich behaupten, zu den härtesten da draußen zu gehören. Tonnenschwere Riffs walzen alles weg, die Drums schlagen schwerfällig, aber gnadenlos massive Pflöcke in den Boden der zerstörten Umgebung. Die Growls von Frontmann Ethan Lee McCarthy gehören zum inbrünstig Angst- und Hasserfülltesten überhaupt. In seinen Worten, seinem Gebrüll verdichtet sich ein Ekel, eine Wut, eine Verstörtheit vor und von der Welt. Die Texte erzählen vom Überlebenskampf in den zerrütteten USA. Der kataklysmische Zustand des Landes wird hier offengelegt.

"Immersion" ist mit knapp 36 Minuten deutlich kürzer als der Vorgänger "Caustic" ausgefallen, der mit seinen epischen 77 Minuten ein absolutes Death-Doom-Brett war und im Genre neue Maßstäbe gesetzt hat. Die kompaktere Form des neuen Albums sollte einen aber nicht täuschen, denn auch dieses Werk entspricht der Definition von "skull-crushing". Der im besten Sinne zähe Opener konfrontiert den gewappneten Hörer mit fetten Zementriffs, die in Zeitlupe mutieren und vom schleppend polternden Schlagzeug untermauert werden – phlegmatisches Headbangen ist gerade so noch erlaubt. Später säumt nur eine nebelige Gitarrenwand die finstere Soundlandschaft.

Nach einem bestrafenden Noise-Intro und vereinzelten Drumbeats ertönt in "Entity" Lee McCarthys abgründiges Geschrei. Der Sound des Songs ist flächig. Bei einer anderen Komposition wäre eine solche von Reverb getränkte Gitarre dreamy, doch die absolute Dissonanz der gespielten Töne lässt den Sound eher wie Rasiermesser klingen, die die Schwärze durchschneiden. Zum Ende kommen noch monströse Riffs dazu, die ähnlich atonal eine weitere Lärmschicht auf das dekonstruierte Soundgerüst schichten. "Menacing" ballert unerwartet mit Blastbeats und an Portal erinnerndem Death-Metal-Riffing drauf los, verfällt dann aber doch wieder in finsterste Doom-Langsamkeit. Der Track changiert immer wieder zwischen verschiedenen Modi der Zerstörung: Mal langsam und erbarmungslos, mal mit prügelndem Tempo.

Noisige Drone-Intermezzi leiten dabei von einem ins andere. Das Harsh-Noise-Interlude "∞" stellt in seinem Feedback-Terror so etwas wie eine Pause vom oppressiven Doom dar und ist dabei dennoch keinesfalls erholsam. "Foul" ist astreiner Doom mit einer kaputten Sludge-Schlagseite und in seiner dröhnenden und erschütternden Langsamkeit dem Drone-Metal von Sunn O))) näher als sonst einer anderen Band. Ein einziges Mal erklingt entfernt so etwas wie eine derangierte Gitarrenmelodie, an die sich der ausgelaugte Hörer verzweifelt klammert, bevor sie einem wieder entrissen wird und nichts als Dunkelheit und Lärm bleibt. Der Closer kommt mit wenigen Akkorden aus, die wie Monolithe in der Leere thronen. Das Stück baut sich auf, erzeugt immer mehr Spannung, wird dringlicher und verendet letztlich im Nichts. Auch auf "Immersion" gehen Primitive Man stoisch und unbeirrbar ihren Weg. Es hagelt verstörende Erfahrungen inmitten angsteinflößender Songs und man möchte meinen: Das kann sonst kaum einer.

(Benedikt Stamm)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The lifer
  • Menacing
  • Consumption

Tracklist

  1. The lifer
  2. Entity
  3. Menacing
  4. Foul
  5. Consumption
Gesamtspielzeit: 35:59 min

Im Forum kommentieren

Euroboy

2020-09-13 09:02:37

Die Platte ist nicht direkt schlechter wie die "Caustic", aber 6 "Songs" sind einfach zu wenig. Gerade wenn man so richtig von dem Abwartsstrudel mitgerissen wird, ist die Platte schon zu Ende.

Given To The Rising

2020-08-11 00:44:09

Find's auch eher enttäuschend nach dem Eindruck, den Caustic hinterlassen hat sowohl an Spiellänge als auch an Zerstörungskraft. Immersion wirkt wie ein schlechter Klon, lediglich Menacing weiß teilweise zu überzeugen.

Armin

2020-08-09 22:10:00- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Dumbsick

2020-06-19 08:48:38

Freue ich mich auch sehr drauf. Hab mich sehr geärgert, dass ihre Tour mit Full of hell abgesagt wurde

Given To The Rising

2020-06-18 21:10:32

Schon Caustic war ein totales Monster von einem Death Doom/Sludge-Album. Das neue erscheint am 14.08..

Erster Song The Lifer:
https://www.youtube.com/watch?v=hL1odyk7QmU

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