Death By Stereo - We're all dying just in time
Concrete Jungle / EdelVÖ: 07.08.2020
Schaum vorm Mund
Man fragt sich manchmal ein bisschen, wo denn eigentlich die ganzen Punkbands abgeblieben sind. Seinerzeit, also zu Axis-Of-Evil-Zeiten, als sich vermutete Massenvernichtungswaffen als heiße Luft entpuppten und trotzdem munter Krieg geführt wurde, schossen die doch wie Pilze aus dem Boden, gab es Sampler, Punkvoter, und und und. Und jetzt, wo ein Szenario eines Donald Trump, der eine etwaige Wahlniederlage einfach nicht akzeptieren würde, nicht mehr aus dem Reich der Utopie kommt? Braucht es einen John K. Samson, der sich an alte Propagandhi-Tage erinnert und in gebotener Deutlichkeit Zeilen wie "And the next fascist fucker in line for the job / Of demolishing hopes for us all" formuliert. Da stimmt doch was nicht!
Ein Glück, dass es da noch die Propagandhi-Artverwandten von Death By Stereo gibt. Die haben seit acht Jahren nichts mehr von sich hören, aber doch zwischenzeitlich bereits via EP Gift und Galle gegen "ihren" Präsidenten gekotzt. Und ja, der Eindruck, der sich auch auf der siebten Langrille "We're all dying just in time" verfestigt, ist schlichtweg: Death By Stereo sind grantig. "California addiction" macht keine Sekunde rum, zieht keinen Vorhang zur Seite, sondern schickt die Backpfeifenarmada bis an die Zähne bewaffnet mit abgehackt-verzerrten Gitarrenknüppeln, obligatorischem Uffta-Beat und gerade genug Melodie los, das Feld zu bereiten. Irgendwo bringt die Band innerhalb des Getöses dann tatsächlich noch ein paar Bad-Religion-Gedächntnischöre und ein Gniedel-Solo unter. Alles, was Death By Stereo ausmacht, in unter drei Minuten. Und wenn man ehrlich ist, könnte man den Satz beinahe einfach auf das gesamte Album ausdehnen.
Fast, weil man zwischendurch bei aller gerechtfertigen Wut und bei aller Notwendigkeit dieser Platte ein bisschen ins Mosern kommt. "Mass self destruct" nervt nämlich ein bisschen mit seinen Stimmeffekten und gewinnt wohl auch keinen Songwriting-Pokal. Und auch in "The gift of attack" verliert die Band vor lauter Schaum vorm Mund den Song ein Stück weit aus den Augen und prügelt einfach ins Leere. Man hat kurz ein bisschen Angst, die Kalifornier hätten sich hier bei der Schaffung einer kolossalen Wuchtbrumme ein Stück weit verhoben, bevor "Straight from the inside" das Album wieder in sichere Gefilde geleitet. Und an "I sing for you part deux" übergibt, das Melodien aus dem Ärmel schüttelt, die eigentlich nur Death By Stereo so runterschrubben dürfen. So nah am Metalkitsch, so wundervoll auf Kante genäht. "Oh oh"s und Gang-Shouts inklusive. Fehltritte erlaubt sich die Band bis dahin nicht mehr. Im Gegenteil: "300 tribes" drosselt erfolgreich das Tempo und geriert sich als eine Art Hymne und der Closer darf sogar einen Kinderchor mit ins Boot holen. Ohne peinlich zu sein. Liebe Punkszene: Gerne mehr davon!
Highlights & Tracklist
Highlights
- California addiction
- Straight from the inside
- I sing for you part deux
Tracklist
- California addiction
- Free gun with purchase
- The gift of attack
- Mass self destruct
- Straight from the inside
- I sing for you part deux
- An end to sensation
- Choose a side or open wide
- 300 tribes
- We sing they die
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Armin
2020-08-09 22:08:15- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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