Alex Izenberg - Caravan château

Domino / GoodToGo
VÖ: 31.07.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Diagnose: Überzeugend

Aus ernsthaftem Interesse eine Frage an den Netdoktor gestellt und gleich mal die Beklommenheit für die nächsten Tage abgeholt: Die Symptome einer paranoiden Schizophrenie – der am häufigsten auftretenden Schizophrenieform – lesen sich wie die Zusammensetzung eines furcheinflößenden Horrorfilms. Wahnvorstellungen? Halluzinationen? Stimmen im Kopf? Alles dabei. Der kalifornische Musiker Alex Izenberg ist also alles andere als zu beneiden ob seiner 2012 diagnostizierten Erkrankung, und aufgrund der Umstände wundert es auch gar nicht, dass der Mann abseits von der Bühne größtenteils zurückgezogen lebt. Wie schön es dann aber ist, dass er die Welt zumindest zeitweise an seinen guten Momenten teilhaben lässt.

Nach seinem 2016 veröffentlichten Debüt "Harlequin" findet ein solcher guter Moment nun mit dem dieser Tage erscheinenden zweiten Werk "Caravan château" statt. Gemeinsam mit solch illustren Gästen wie Jonathan Rado von Foxygen und Grizzly-Bear-Bassist Chris Taylor schuf Izenberg ein Album zwischen Sechzigerjahre-Rock und zeitgenössischem Kammerpop. Das klingt hier und da durchaus ein wenig verschroben, aber stets charmant: Etwa wenn die blauen Augen der besungenen "Sister Jade" trotz des Fehlens einer wirklichen Vorstellung von der Dame zwischen dem polternden Schlagzeug und der Schrammelgitarre durchblitzen. Oder auch, wenn das hochdramatische "Bouquets falling in the rain" den Drahtseilakt zwischen Kunst und Kitsch bewältigt, ohne auch nur ansatzweise ins Zittern zu geraten.

Derweil darf sich das glasklare Highlight "Saffron glimpse" gemeinsam mit den Beatles, Todd Rundgren und Harry Nilsson auf einer quietschbunten Blumenwiese die Klamotten vom Leib reißen und in alter Hippie-Manier dem Müßiggang frönen. Ultraentspannt klingt Izenberg hier nämlich, zufrieden, frei von Ängsten. So soll es sein, so ist es nicht immer: Kurz vorm Jahresende spürt man "December 30th" die Anspannung des vergangenen Jahres noch deutlich an, und auch "Lady" kann trotz üppiger Instrumentierung nicht über die unheilschwangere Atmosphäre hinwegtäuschen.

Am liebsten wäre es Izenberg, wenn seine Musik vor allen Dingen auch jene Menschen erreichen könnte, die sie am nötigsten haben, ließ er vorab verlauten. Solchen, die sonst nicht viel Freude empfinden im Leben. Tatsächlich spricht "Caravan château" eine ganze Reihe von Leuten an. Solche etwa, denen der Sinn nach etwas Pomp und Extravaganz steht ebenso wie andere, die aus den kleinen und feinen Augenblicken in der Musik ihre Kraft ziehen. Am Ende kommen dann eben alle zusammen, "Revolution girls" sei Dank, das völlig irre vom Lauten ins Leise und wieder zurück wandert, mal schräg, mal schön, mal nichts so richtig. Ein Arzt – ob ein richtiger oder einer aus dem Netz – ist hier dennoch unnötig. Gegen dieses Gefühl gibt es hoffentlich keine Behandlung. In jedem anderen Fall wünschen wir von Plattentests.de natürlich dennoch alles Gute!

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sister Jade
  • Saffron glimpse

Tracklist

  1. Requiem
  2. Sister Jade
  3. Anne in strange furs
  4. Disraeli woman
  5. Saffron glimpse
  6. Dancing through the turquoise
  7. Bouquets falling in the rain
  8. December 30th
  9. Lady
  10. Revolution girls
  11. Caravan château
Gesamtspielzeit: 38:27 min

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Armin

2020-07-24 21:11:49- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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