Bush - The kingdom

BMG / Warner
VÖ: 17.07.2020
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Weltmeister in Uerdingen

Mal ehrlich. Wer braucht denn heutzutage noch neue Musik von Bands wie Bush? Wie ein Fußballer, der einst Weltmeister wurde, jetzt in der Dritten Liga über halbe Dorfplätze tingeln darf und die Frage aufwirft: Warum tut er sich das noch an? Ab und an blitzt das alte Können noch auf, der eine oder andere Trick gelingt noch, und unregelmäßig, aber öfter als zufällig schweißt man dann doch einen Ball in den Winkel – und wenn es nur im Training ist. Bush ist es ähnlich ergangen. Zwar immer noch da, aber oft mit fraglichen Leistungen. Auf Festivalplakaten gefühlt im unteren Drittel alphabetisch einsortiert, und selbst das mag angesichts des gruseligen "Black and white rainbows" noch eine freundliche Geste an die Vergangenheit sein. Kurzum: Die Luft scheint raus.

Neue Saison, neuer Anlauf: "The kingdom" steht anno 2020 in den Startlöchern. Schnell ist klar: Die 90er haben angerufen und möchten ihren Sound zurück. Die letzten Jahre schienen im Hause Bush zu der Erkenntnis geführt zu haben, dass es wenig bringt, den eigenen Sound weichzuspülen und mit elektronischen Spielereien zu unterfüttern. Schon wenige Minuten "The kingdom" zeugen vom Versuch, nicht mehr wie die Väter von 30 Seconds To Mars zu klingen, sondern wirklich wie Bush. Damals, 1995.

"Old picture challenges" sind in den sozialen Medien ein Renner. Nimm ein zwanzig Jahre altes Foto von Dir und schau, wie Du Dich verändert hast. Heute mit Gavin Rossdale und Freunden. Resultat beachtlich: Kein bisschen verändert, nur ein paar Falten, aber die Stimme stabil wie eh und je. Ja, "The kingdom" hält den Niedergang von Bush auf, kehrt ihn sogar deutlich um. Neue Anhänger werden die Briten wohl nicht mehr gewinnen, aber eben auch keine alten mehr verlieren. Album Nummer acht ist Fanservice schlechthin. Das Label "handgemachte, ehrliche Rockmusik" schreit aus jeder von Rossdales Zeilen, aus jedem Gitarrenriff, jedem Drumschlag.

Zurück zur Eingangsfrage. Wer hört heutzutage noch Bush? Nun, vielleicht sollte man sich zur Ehrenrettung Bushs und anderer einmal veranschaulichen, wo und wie Musik konsumiert wird, und da steht eben überwiegend nicht die Suche nach dem "next big thing" oder generellem musikalischem Trend im Vordergrund. Weder im Feuilleton, noch den angesagten Festivals oder dergleichen, sondern ganz trivial: Das (Auto-)Radio ist nach wie vor bestimmend für einen breiten Musikkonsum. Jeder, der entlang der Autobahnen durch dieses Land fährt, erfährt viele unterschiedliche Landschaften und eine Konstante: "Das Beste der 70er, 80er, 90er und der Hits von heute". Die "Hits von heute" sind dabei Neuerscheinungen, die genau so klingen wie jenes davor, um nicht zu viele Brüche auf Sendung zu haben. Gemein gesprochen: Boomerradio. Rossdale ist 55. Eins und ein zusammen gezählt liefern Bush mit "The kingdom" für diesen Zielmarkt Neues. Material für die Rotation.

Breitbeiniger Rock, im Vergleich zu den Vorgängern übrigens extrem auf den Punkt produziert. Elf Mal Schema F, Strophe – Gitarrenriff – Refrain – Strophe. Wie die Alleebäume an der Straße ziehen die Songs vorbei, und um die Monotonie zu bekämpfen, natürlich ein einziger, der anders ist, nämlich die bewährte pathetische Quotenballade. "Undone" ist das hier, ein paar verträumte Gitarrenakkorde, Rossdale, der sein stimmliches Reibeisen in sanfte Bahnen lenkt, samt großem Gefühlausbruch. Coldplay haben das schon schlechter hinbekommen. Ziemlich respektabel ist insgesamt übrigens das folgende, recht düster ballernde "Our time will come".

1995 wäre "The kingdom" vermutlich ein großer Wurf gewesen. Ein weit überdurchschnittliches Rockalbum auf der Höhe der Zeit. 2020 ist Rock (mal wieder) tot, die Welt hat sich weitergedreht und hat nicht auf Bush gewartet. Schlimm ist es jedoch nicht, was Rossdale und seine Mitstreiter hier fabrizieren. Die 45 Minuten dieser Platte sind eine Art Zeitkapsel, alles ist danach genauso wie vorher, keine großen Erkenntnisse erlangt, kein "Wow"-Moment, aber eben auch immerhin kein Urteil wie "hätten sie es mal gelassen" mehr. Nach "Black and white rainbows" ist "The kingdom" eine recht ordentliche Rehabilitation. Kein Grund, das Radio leiser zu drehen.

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bullet holes
  • Blood river
  • Our time will come

Tracklist

  1. Flowers on a grave
  2. The kingdom
  3. Bullet holes
  4. Ghost in the machine
  5. Blood river
  6. Quicksand
  7. Send in the clowns
  8. Undone
  9. Our time will come
  10. Crossroads
  11. Words are not impediments
  12. Falling away
Gesamtspielzeit: 47:12 min

Im Forum kommentieren

tjsifi

2020-08-07 14:08:02

Ist das eigentlich Sophia Thomalla auf dem Cover? ;-)

mot

2020-08-06 18:04:35

Was sind denn euere Lieblingssongs auf The Kingdom? Finde ja das Titelstück, Blood River, Quicksand und auch Send in the Clowns gut.

"Words Are ..." beginnt gut und hat auch interessante Teile, nur zündet der Refrain bei mir gar nicht. Da ist irgendwie was verschenkt worden.

The MACHINA of God

2020-08-06 17:55:20

Photoshop? So Zeug hab ich vor 20 Jahren mit Paint gemacht. :D

mot

2020-08-06 17:07:58

:) bisschen mit photoshop rumgespielt und das scheint's gewesen zu sein. Bisschen schade diese Lieblosigkeit

jo

2020-08-06 16:42:46

Ja, die Farben finde ich auch noch vollkommen okay. Aber diese Silhouette? Das ist schon super billig...

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