The Lawrence Arms - Skeleton coast
Epitaph / IndigoVÖ: 17.07.2020
Das Ende der Beschwerde
"How long can we sing the same old tired songs?" fragen The Lawrence Arms kurz nach der Halbzeit ihres mittlerweile siebten Albums in "Ghostwriter" und nehmen dem ewigen Lamento vom immer gleichen Punkrocksong in einem Handstreich den Wind aus den Segeln. Nach über zwanzig Jahren, unzähligen Konzerten und doch gar nicht mal so vielen runter geschrubbten Powerchords weiß man schließlich um die selbstgeschaffenen Grenzen und vielfach begangenen Pfade. Und kommt damit klar. Weil die drei altgedienten Midwest-Punkrock-Recken keinerlei Beweise führen müssen und außerdem nach all der Zeit noch für die ein oder andere kleine Überraschung gut sind.
Das meint einerseits die recht plötzliche Ankündigung von "Skeleton coast", wo doch erst 2018 ein Best-of erschienen war. Andererseits trifft der Satz – wie schön, wenn man in so bekannten Gefilden noch solche Worte verlieren kann – ein Stück weit auf die hier versammelten musikalischen Darbietungen zu. Dass The Lawrence Arms das Alter sowohl der jeweiligen Personen als auch der Band als solches gern annehmen, stellte Kollege Meyer schon im Text zum Vorgänger "Metropole" treffend fest. Neu hingegen ist, dass die Band das Thema zu ihrer Stärke macht – "Sekeleton coast" macht keinen Hehl aus seiner Routine, aus seinen oft erprobten Akkordfolgen, aus seinen Gesangslinien, die man vielleicht so irgendwo schon mal ähnlich gehört hat. Vielmehr nimmt das Album all seine Erfahrung, schickt sie eng an eng mit einer deutlich sichtbaren Melancholieschlagseite und destilliert aus dem Ergebnis 14 Stücke sehnsuchtsvollen Punkrocks.
Klingt vielleicht ein bisschen unangenehm nach Promoagentur-Werbesprech, ist aber so. Wer's nicht glaubt, lasse sich vom furiosen Opener "Quiet storm" – der sich nebenher in Rekordzeit zu einem sicheren Kandidaten für wirklich jede Best-of-Playlist der Band mausert – nach ein paar gemächlichen Eingangsworten- und Akkorden mitsamt all seiner Liebe zur Melodie und einer Dringlichkeit, die man andernorts oft vermisst vom Gegenteil überzeugen. Und das alles, ohne aufdringlich oder holzschnittartig zu erscheinen. Überhaupt machen The Lawrence Arms nicht den Fehler, allzu marktschreierisch daherzukommen. Und basteln mit einer bemerkenswerten Zurückhaltung Songs wie das ohne große Hektik, aber doch stetig nach vorne laufende "Dead man's coat" oder das im Refrain geradezu leise auftretende "Last last words". Oder eben das voller Wertschätzung in Richtung Alkaline Trio nickende "Under Paris". Songs, die auf den ersten Blick so unscheinbar ihre Bahnen ziehen, dass man sie zu übersehen droht.
Und doch gleichsam Songs, die man bei genauerer Betrachtung als treue Begleiter an seiner Seite wissen will. Nicht, weil die Band hier lyrisch tiefste Einsichten über die Welt und ihre Beschaffenheit im Allgemeinen serviert. Nicht, weil "Skeleton coast" knapp 35 Minuten lang Hit an Hit reiht. Einfach nur, weil es hier fast unmöglich ist, Rosinen zu picken. Weil The Lawrence Arms ihre Sache so unaufgeregt und vor allem gut machen, dass man das Gehörte nochmal genauer inspizieren will. Und ehe man sich versieht, pfeift man ganz unwillkürlich die eine oder andere Melodie von "Sekeleton coast" vor sich hin. Und ans Lamentieren ist nicht zu denken.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Quiet storm
- Ghostwriter
- Lose control
- Coyote crown
Tracklist
- Quiet storm
- Planes traines and automobiles
- Belly of the whale
- Ded man's coat
- Pigeons and spies
- Last last words
- Demon
- Ghostwriter
- How to rot
- Under Paris
- Goblin fox hunt
- Lose control
- Don't look at me
- Coyote crown
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Armin
2020-07-17 22:12:02- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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