Howling - Colure

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VÖ: 24.07.2020
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Im Marmeladenbottich

Neulich auf Planetentests.de: Zwei Herren, nennen wir sie der Einfachheit halber Ry Cuming alias Ry X und Frank Wiedemann, unterhalten sich darüber, ob "Colur" noch eine gebräuchliche Bezeichnung für den beide Pole durchlaufenden Großkreis auf der geozentrischen Himmelskugel ist oder nicht. Da beide von Astronomie nicht allzu viel Ahnung haben, einigen sie sich darauf, dass dieser Begriff nicht nur einen prima Albumtitel, sondern auch ein gutes Sinnbild dafür abgibt, dass sie sich von Zeit zu Zeit in höheren musikalischen Sphären begegnen. Unter dem Namen Howling war das erstmals 2015 auf "Sacred ground" der Fall, nachdem der gebürtige Australier und der Deutsche ein Jahr zuvor bereits maßgeblich ihre Finger beim The-Acid-Debüt "Liminal" im Spiel gehabt hatten – am Ende stand die Erkenntnis, dass Cumings knurpseliger, emotional waidwunder Laptop-Folk mit Hipsterbart und der Deep House, den Wiedemann als Hälfte des Duos Âme produziert, deutlich besser zusammenkommen als Hanfsamen und Betonmischer.

Und auch auf "Colure" sind Klackern und Klagen, Bassmassage und Bardentum, Synthetik und Schwelgen keine Gegensätze, sondern notwendige Bedingungen für eine Musik, die ihr Hypno-Potenzial häufig mit Verzögerung, aber auch mit Langzeitwirkung entfaltet. Schon bei "Pieces" überzieht Cuming eine staubtrockene Dubstep-Rhythmusfigur mit sehnsüchtigen Gesangsharmonien, dazu trabt im Hintergrund ein desorientiert trötender Baby-Elefant durchs Bild – wer hier Bon Iver sagt, muss auch Burial, zumindest aber Moderat sagen. Auch "Healing" lässt sich Zeit mit dem Gesundbeten per angerautem Percussion-Loop, ehe das Stück doppelbödige rhythmische Fahrt aufnimmt und sich Keyboard-Glühwürmchen unter der Tür durchschieben. "Need you now" genügt sich hingegen bis zum finalen Ausbruch mit einer mächtigen Durchlaufsequenz und karg zuschnappenden Beats – doch das dicke respektive hymnische Ende reißt auch hier alles mit sich, was nicht rechtzeitig das Weite sucht. Doch wer will das schon?

Tracks wie sanfte Monolithen, mit denen sich Ereignislosigkeiten wie das eher simpel um einen Vocal-Loop gebaute "Phases" locker aussitzen lassen, während Howling gerade offenbar durch einen Bottich voll kochender Marmelade waten. Zuvor spielen sich beide die Bälle ziemlich souverän zu: Dem taumelnden Piano-House von "Dew" leiht Cuming seine Stimme als rein lautmalerisches Element, Wiedemann poliert im Gegenzug dessen "Unfurl"-Song "The water" mit voluminösen Flächen auf – sozusagen der einzige Remix eines Albums, das dennoch oft wie ein Remix klingt und den Hörer so etwas zu sehr in Sicherheit wiegt. Umso dicker daher das Ausrufezeichen am Schluss: "Lover" schreckt mit unsanftem Geknatter und synthetischem Ächzen auf und landet schließlich dank humpeligem Klavier bei einem ähnlich reduzierten Stampf-Soul wie LCD Soundsystem im zweiten Part von "45:33". "Colure" wirft das nicht mehr aus der Bahn – Fluch und Segen zugleich für knapp 70 zuweilen ernüchternd beschauliche Minuten.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Pieces
  • Need you now
  • Lover

Tracklist

  1. Ellipses I
  2. Pieces
  3. Bind
  4. Healing
  5. Dew
  6. Need you now
  7. The water
  8. Light on
  9. Phases
  10. Mother mother
  11. Body inside
  12. Lover
  13. Ellipses II
Gesamtspielzeit: 69:01 min

Im Forum kommentieren

Kai

2020-07-17 22:38:08

Die 5 Songs die es auf Spotify zu hören gibt gefallen mir eigentlich ganz gut.
Natürlich ist das jetzt nicht die ganz große Nummer aber insgesamt gefällt mir das.

Ich mag allerdings auch die alten Amé Sachen und Ry X (der hier ja auch eher schlecht bewertet wird).

Die Songs die ich bis jetzt gehört hab gehen eher in 7-8.

Armin

2020-07-17 22:11:20- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Autotomate

2020-05-01 18:47:18

Fünf Jahre nach dem auch hier bei PT freundlich begrüßten "Sacred Ground" kündigen Howling für den 24.07. endlich ein neues Album an.

"Colure" zeichnet sich gleichermaßen durch elektronische sowie akustische Klänge aus und schnürt seine großen melodischen Hooks zu hypnotischen Clubproduktionen.
sagt fazemag.de

Ich freu mich wie Bolle, denn der Vorabtrack "Bind" ist schon wieder wahnsinnig geil.

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