Bruckner - Hier

Columbia / Sony
VÖ: 26.06.2020
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Mit oder ohne

"Bruckner machen Musik, die sich anfühlt wie ein Bad in Euphorie, eine Fahrt mit den besten Freunden im VW-Bus an die französische Atlantikküste, der letzte Sommertag, bevor die Tage kälter werden: sie zelebrieren die Kraft des Augenblicks." So steht es auf der Website des Brüder-Duos aus Bayern und puls nennt sie "Die Bulli-Hitmaschine". Joa, irgendwie ist damit auch schon alles über das Debütalbum der beiden Buben vom Chiemsee erzählt. Auf dem Artwork liegen der Jakob und der Matti voll gechillt auf einer Straßenbrücke in der Sonne, der Minivan ist nicht im Bild, aber seine Präsenz ist deutlich spürbar. Man fühlt an dieser Stelle sicher schon die Abneigung gegen diese hyperkitschige, ekelhaft lebensgefühlige Form der Inszenierung.

Und das ändert sich auch nach dem mehrfachen Hören von "Hier" nur bedingt. Es gibt dabei bloß ein Problem: Der Rezensent kann mittlerweile jeden einzelnen Vers der Platte mitsingen. Das ist eine perfide Angelegenheit, denn genau dafür sind solche Songs ja da. Es konterkariert all das, was man an Musik so liebt, wenn einem plötzlich ständig solche – zumindest textlich weitestgehend – seelenlosen Tracks durchs Hirn dudeln. Trotzdem es ist ja nun auch nicht so, dass man jetzt anfangen würde, Satan anzubeten oder so, wenn man zusammen mit Bruckner ein ziemlich sinnfreies, aber halt saueingängiges Lied namens und über "Elefanten" singt.

Hätten wir das geklärt. Also darf jetzt aus voller Seele mitgekeift werden. Größter Smash-Hit auf "Hier": "Never change". Funkiger Rhythmus, Handclaps, ein sich endlos steigernder Chorus. Ab jetzt alle happy auf ewig. Fast genauso der Opener "Für immer hier", mit seinem sakrisch scharfen Gitarren-Lick. Oder das Bilderbuch kopierende "Ich und Deine Freunde" ("außer mir tragen alle black, alle black"). Die Kids werden den Autotune-Effekt in "Weit weg" lieben. Die Älteren den Up-Tempo-Garage-Rock-Banger im Blues-Rhythmus mit dem Titel "Lifestyle". Nachdenklicher, zumindest ä bissle, erscheint "Regenmacher". Dort geht es darum, dass manchmal nicht alles cool ist, aber dann wird doch wieder alles cool. Cool. Nur: Diesen Refrain bekommt man nicht mehr aus dem Kopf. Anderswo wird "Josephine" hinterhergetrauert, der Jakob nuschelt seine Kinderreime runter, zwischendurch geht's immerhin sogar mal kurz um die Umwelt und so. Schließlich jedenfalls, kauft er sich ein Fahrrad und fährt damit nach Stockholm, Happy End. Passend dazu lautet die zentrale Zeile des Closers "Frau Joha": "Es wird gut", bzw. crazy mit den Zeiten jonglierend "Am Ende wird alles gut gewesen sein." Diese Aussicht hilft natürlich ungemein.

So oder so: Jeder Song auf "Hier" ist ein Hit (wie gesagt, "Bulli-Hitmaschine"), das muss man Bruckner schon lassen. Nur das gibt es eben auch inhaltsvoller. Wer musikalisch fast dasselbe Gedeck serviert bekommen möchte, aber gleichzeitig gern auf Textschnipsel wie "es gibt von gestern noch Bananenbrot" verzichtet, der möge sich einfach "Goldene Zukunft" von Das Paradies anhören. Da gibt's ebenso fluffige Pop-Musik mit agiler Gitarre und Party-Keyboard, man muss sich aber ungleich weniger (fremd-)schämen. Es ist ein bisschen so wie bei AnnenMayKantereit, die man auch hassen will, aber es irgendwie nicht hinkriegt. Am Ende sagt man sich: Das ist keine gute Band, sondern eine okaye. Kann man mit leben. Aber halt schon auch ohne.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Never change
  • Regenmacher

Tracklist

  1. Für immer hier
  2. Nichts tun
  3. Never change
  4. Josephine
  5. Regenmacher
  6. Weit weg
  7. Elefanten
  8. Hätt ich's gewusst
  9. Ich und Deine Freunde
  10. Lifestyle
  11. Ich klebe fest
  12. Frau Joha
Gesamtspielzeit: 39:39 min

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Armin

2020-07-17 22:10:41- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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