Courtney Marie Andrews - Old flowers

Loose / Rough Trade
VÖ: 24.07.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Zurück ins Mauseloch

Ist das jetzt der Rückzug ins Mauseloch nach vollbrachter, großer Tat? Was war "May your kindness remain" , das siebte Album der Amerikanerin Courtney Marie Andrews, für ein vollumfängliches Country-Gold. Zum ersten Mal machte sich Feierlichkeit und Optimismus breit, der Titelsong war eine Umarmung der Emphase mit einem herzsprengenden Highlight-Moment. Oder dieses "Two cold nights in Buffalo", kernig, kräftig aber eben auch liebevoll. Dies war dann ein hochglänzender Kontrast zu den defensiveren, fragmentarischen Vorgänger-Platten. Doch so richtig scheint Andrews diesen Weg nicht weiter zu beschreiten zu wollen. Und sie hat auch einen guten Grund dafür: Eine neunjährige Beziehung ist in die Brüche gegangen. Und so ist ihre neue Platte "Old flowers", lediglich mit zwei weiteren Musikern aufgenommen, ein Rückzug in die verletzlichen Schatten, in die Intimität. Und eben auch ein Sehnen nach schützender Intimität: "If I could go back now / I'd pick you wild flowers."

Die neuen Songs schunkeln und wogen, scheinbar in der Besorgnis, irgendwo grob anzuschlagen, mild vor sich hin. Dabei mag man zunächst die dramaturgischen Spitzen des Vorgängers vermissen, doch schnell merkt man, dass es die durchaus gibt. Nur sind diese in einen stetigen Fluss homogen eingearbeitet. Da muss die liebliche Klavier-Melodie in "Guilty" nur melancholisch voran schreiten, der Gesang nostalgisch im Gestern verharren und das Schlagzeug selbstvergessen den Takt vorgeben, und schon ist man in einer wehmütigen Blase gefangen, die die scharfen Kanten von einem fernhält. Die intime Reibung, welche das Spiel der Akustikgitarre in "If I told" erzeugt, macht ebenfalls zweierlei deutlich, nämlich, dass man hier einkehren kann, behütet und warm gebettet ist, dass man jedoch in solchen Situationen am verletzlichsten ist. Diese doppelte Wahrheit wird wunderbar von Andrews' warm mäandernden Gesangslinien unterstrichen, welche auf große Nähe abzielen, jedoch eben auch besonders zerbrechlich sind.

Und es ist in "Together or alone" wieder das Klavier, welches anscheinend in Form von Erinnerungen, schöne und traurige, seine einsamen Klänge darbietet. In solchen Momenten merkt man, dass die Reduktion eine Stärke von "Old flowers" ist, jedes Instrument, inklusive der Stimme Andrews', offenbart seine Dualität aus emotionaler Wärme und großer Verletzlichkeit. Dies sind klassiche Stücke, ohne großen Pomp, so auch der Titelsong, welcher durch sein Schlagzeug dieses Mal ein robustes Gerüst erhält, aber dennoch wieder an der Vergeblichkeit ehemals ewiger Konzeptionen laboriert, "You can't water old flowers". Das in die Endlosigkeit weiter Landschaften ausschreitende "It must be someone else's fault" verschiebt diese Wehmut mit munterer Melodie in Richtung Zuversicht. Doch es scheint, dieses Album benötige einen Abschluss, der das Erlebte mit Nachdruck melancholisch einfärbt. Und in dieser Hinsicht liefert "Ships in the night" zuverlässig. Einsam und spartanisch steht es am Ende dieser Platte, hält Ausschau nach dem einen, dem man jedoch bereits endgültig Lebewohl gesagt hat.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Guilty
  • Old flowers
  • Ships in the night

Tracklist

  1. Burlap string
  2. Guilty
  3. If I told
  4. Together or alone
  5. Carnival dream
  6. Old flowers
  7. Break the spell
  8. It must be someone else's fault
  9. How you get hurt
  10. Ships in the night
Gesamtspielzeit: 41:08 min

Im Forum kommentieren

Xavier

2020-07-31 23:00:22

Gutes Album.

Enrico Palazzo

2020-07-28 20:25:37

Wow, höre es grad zum ersten Mal und bin begeistert. Also ne 8/10 höre ich auch. Carnival Dream hat mich ganz schön mitgenommen...

musie

2020-07-19 18:59:23

ich glaube 8/10 wäre nicht ganz daneben. ich höre eine 8++/10... das Album braucht ein bisschen Zeit

Armin

2020-07-17 22:09:48- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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