Kansas - The absence of presence
Inside Out / SonyVÖ: 17.07.2020
Jeopardy!
Von dieser Band stammen die beiden Klassiker "Dust in the wind" und "Carry on wayward son". Nichts rührt sich. Niemand drückt den Buzzer. Allgemeine Ahnungslosigkeit – vor allem bei den jüngeren Teilnehmern. Aber auch bei vielen Älteren sind Kansas trotz einer fast 50-jährigen Bandgeschichte und mehr als 15 Millionen verkaufter Alben mittlerweile in der Kategorie "Ach die sind das!" angekommen. Das Vermächtnis der genannten Hits kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erinnerungen an die einstigen Progressive-Rock-Größen aus dem gleichnamigen US-Bundesstaat verblasst sind, zumal die Band in den letzten Dekaden nur sporadisch und mit überschaubarer Qualität von sich hören ließ. Doch mit ihrer neuen Platte haben Kansas das Potenzial, wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Dabei ist die Grundvoraussetzung gar nicht so günstig, denn die Genreveteranen rücken keinen Millimeter von ihrem progressiven Rock der sehr traditionellen Prägung ab, was je nach Geschmack als Warnung oder Anreiz verstanden werden kann. In einem Metier, dessen Musik ständig abzurutschen droht in den Abgrund abstrakter Anonymität oder ins Tal, wo Milch, Honig und Zuckerguss im Überfluss fließen, gelingt Kansas zwar im Wesentlichen die Gratwanderung, der Hang zum zuweilen kindlich wirkenden Überschwang bleibt aber klar erkennbar. Das bedeutet: wunderbare Melodien und entzückende Spielereien, aber auch quitschfidele Sperenzchen, die dieser Variante des progressiven Rock seit jeher eigen(artig) sind.
Allzu präsent und aufdringlich fallen solcherlei Eskapaden aber zum Glück nicht aus, was daran liegt, dass Kansas im Großen und Ganzen recht kompakt agieren. Wo sich progressive Tonfolgen sonst gerne über gefühlte Ewigkeiten hinwegschleppen, spielt die Altherrenriege abgesehen von den ersten beiden Titeln nicht lange um den heißen Brei herum. Tatsächlich erreicht nur das mehr als achtminütige "The abscence of presence" die dem Genre sonst standesgemäße Longtrack-Dimension. Der Titelsong ist folgerichtig auch das einzige Stück, das sich nicht als Singleauskopplung anbietet. Dank griffiger Melodien und charmanter Einfälle kredenzen Kansas ansonsten jede Menge Wohlfühl-Prog, ohne dabei zu seichte Gewässer anzusteuern. Besonders gelungen sind den Amerikanern dabei die Balladen "Memories down the line" und "Never", die sich vielleicht zu eingangs genannten Klassikern gesellen würden, wenn die Zeiten anders wären. Aber auch recht straight nach vorne rockende Ausflüge wie "Jets overhead" und "Animals on the roof" machen richtig Laune, denn Kansas, die nach zahlreichen personellen Wechseln inzwischen in einer Besetzung spielen, bei der nur noch Rich Williams und Phillip Ehart als Gründungsmitglieder dabei sind, wissen genau, welche Knöpfe sie drücken müssen. Nach "The abscence of presence" dürften also wieder mehr Jeopardy-Teilnehmer die richtige Frage stellen, wenn die Antwort "Diese Band hat es mit ihrem neuen Album geschafft, an längst vergangene Großtaten anzuknüpfen und in ihrem Genre wieder an Relevanz zu gewinnen" lautet.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Memories down the line
- Never
- Animals on the roof
Tracklist
- The absence of presence
- Throwing mountains
- Jets overhead
- Propulsion 1
- Memories down the line
- Circus of illusion
- Animals on the roof
- Never
- The song the river sang
Im Forum kommentieren
Mr Oh so
2022-08-24 01:46:32
Gebe zu, meine Aussage über die ersten drei Alben verkennt etwas die doch starken Differenzen. Das erste Album ist ein Meisterwerk. Das zweite fällt da doch extrem ab, höre ich - bis auf den tollen Opener - auch gar nicht mehr. Meines Wissens wurde das ja auch sehr hastig zusammengestückelt.
Mit dem dritten Album, Astra, finden Asia dann jedoch wieder zur Form. Und präsentieren ein Album voller Pop-Kleinode mit gelegentlichem Ausschlag in rockigere Gefilde. Natürlich alles im 80er-Kontext, aber eben nicht so supercheesy wie bei Alpha.
Analog Kid
2020-07-18 17:31:30
Die erste Asia find ich auch wirklich noch unironisch gut. Da findet man tatsächlich musikalisch noch progressive Versatzstücke, rhythmische Spielereien, Keyboarder Geoff Downes lässt sogar gelegentlich die Finger flitzen, manches erinnert auch total an die sehr gute "Drama" von Yes.
Aber schon auf "Alpha" regiert dann ja wirklich nur noch überproduzierter Schmalz. Ich find's ja noch ganz witzig (ebenso den Nachfolger), aber würde das hier definitiv tausend mal eher als "cheesy" titulieren, als die klassische Kansas-Phase der 70er.
Ich mein, DAS ist doch wirklich cheesy:
https://youtu.be/x-Ef-MLZ-PQ
(aber geil, keine Frage:) liebe diese Nummer)
Mr Oh so
2020-07-09 23:18:18
Hab mir ein paar (der genannten) Kansas-Songs angehört. Is mir, ehrlich gesagt, zu cheesy.
Asia dagegen liebe ich. Die ersten 3 Alben - großartig!
Bonzo
2020-07-09 21:41:43
Bruford hat aber auch wirklich nur mit Bassmonstern zusammengespielt. Squire, Wetton, Berlin, Levin...
Analog Kid
2020-07-09 19:42:32
Na da gibt's aber passendere Kandidaten. Mr. Bumsdada Alan White z.B., in den Siebzigern noch geil mit Yes, danach nur noch 4/4 Autopilot.
Oder Mick Pointer, dessen Künste einer bei den BBS glaub ich mal als "Gestocher" bezeichnet hat :)
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