
Cloud Nothings - The black hole understands
BandcampVÖ: 03.07.2020
Ach, sähst Du nur diese Schönheit
Man muss schon ein extremer Verfechter der Glas-halbvoll-Theorie sein, um etwas wirklich Gutes in der Coronavirus-Pandemie zu finden. Dabei gab es ja durchaus ein paar wenige positive Aspekte. Allen voran: So manch einer erinnerte sich an die Leute und Dinge, die wirklich etwas zählen im Leben. Und andere wurden durch die Isolation richtig kreativ! Millionen neuer Brotbäcker wurden geboren, Ölbilder gemalt, Bäumchen gepflanzt, Bücher geschrieben. Dylan Baldi und sein Bandkollege Jayson Gerycz von Cloud Nothings haben das Leben in der Quarantäne genutzt, um ein neues Album aufzunehmen – und das auch noch vollkommen getrennt voneinander. Ein Hoch auf stabile Internetverbindungen!
"The black hole understands", das Ergebnis dieser liebevollen Teamarbeit in aufgezwungener Einsamkeit, wurde zudem an einem großartigen Tag veröffentlicht. Am mittlerweile regelmäßig abgehaltenen Bandcamp Day nämlich verzichtet die titelgebende Plattform für 24 Stunden auf sämtliche Erlöse. Und weil Cloud Nothings zwar eine sehr kreative, aber sicher nicht unbedingt reiche Band sind, gibt es das sechste Werk bisher ausschließlich für zehn US-Dollar (oder mehr) auf der persönlichen Künstlerseite.
Dass man dem Album an keiner Stelle anmerkt, dass sich Baldi und Gerycz während der Aufnahmen niemals im gleichen Raum aufhielten, spricht bereits für die Investition – noch viel mehr jedoch, dass es wirklich prima geworden ist. Poppig, melancholisch, nachdenklich, hier und da sogar ein bisschen herzzerreißend: "The black hole understands" führt musikalisch durch die verschiedenen Isolationsphasen, ohne ständig den Holzhammer zu schwingen. Fordern Protomartyr ihre Hörerschaft lieber zu ungeahnten Emotionen heraus, reichen Cloud Nothings die tröstende Hand. Der wunderbare Opener "Story that I live" etwa zeigt gleich in den ersten Minuten, dass hier nicht mit dem üblichen Noise der Band zu rechnen ist, sondern mit klaren, sauberen Strukturen. Schönheit im Chaos – es gibt sie also doch.
"The black hole understands" würde insbesondere die ersten Tage und Wochen in der Isolation verkörpern, hieß es im Vorfeld. Also die Zeit, in der alles noch neu und unsicher und richtig beängstigend war. Ein Trauerkloß liegt hier trotzdem nicht vor. "An average world" geht auch unter besonderen Bedingungen schön vorwärts und überzeugt dank Ohrwurm-Refrain und seinem grandiosen Finale, "A silent reaction" erinnert derweil an sämtliche High-School-Filme der Neunzigerjahre. Und "Right on the edge" an diese unbeschwerten Sommernächte mit den besten Freunden im ersten eigenen Auto. Lauer Fahrtwind, ein salziger Geschmack auf der Zunge. Das Gefühl von Freiheit. Kennen wir doch alle noch, oder?
Am Ende ist "The black hole understands" nämlich genau das: die liebevolle Erinnerung an schöne Zeiten. Selbst wenn ein Titel wie "Memory of regret" anderes vermuten lässt, ruft das Album stets wieder Gedanken an glückliche Augenblicke ab. Momentaufnahmen? Mag sein. Ist so einem kleinen Mini-Hit wie "The mess is permanent" aber auch völlig wurscht, ob man hier zwei Sekunden, zwei Stunden oder zwei Tage mit einem dämlichen Dauergrinsen durch die Gegend rennt. Sieht unter der Maske ja eh kein Mensch. Aber auch das kommt wieder. Woher diese Zuversicht stammt? Dreimal dürft Ihr raten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Story that I live
- An average world
- The mess is permanent
Tracklist
- Story that I live
- The sound of everyone
- An average world
- A weird interaction
- Tall gray strucure
- A silent reaction
- The mess is permanent
- Right on the edge
- Memory of regret
- The black hole understands
Im Forum kommentieren
noise
2020-08-22 20:50:45
Irgendwie kann ich auch nicht viel mit diesem Powerpop anfangen. Sicherlich gut gemacht und vor allem der Drummer hat wie immer einen guten Drive.
Hört sich an wie der Soundtrack zu einem Teeny Film am Baggersee. Nicht wirklich das was ich von denen hören möchte.
Gordon Fraser
2020-08-01 22:23:48
Für mich hingegen ist der Powerpop des st-Albums bis heute die attraktivste Seite der Band - das sie den hier wieder ein Stückweit aufgreifen macht das Album umso reizvoller für mich. Auf den letzten regulären Alben waren sie mir oft zu noisy.
Hoschi
2020-07-15 10:01:04
Ich geh direkt mit Magoose mit:
Da bleibt nichts, aber auch gar nichts hängen !
Gut, mir hat das letzte Album schon nicht sonderlich gefallen aber dieser Beach Boys artige Sound steht der Band, meiner Meinung nach, gar nicht.
Magoose
2020-07-10 22:35:22
Ich bin jetzt mal hart:
Klingt als würden die Cloud Nothings eine B-Seiten und Raritätenplatte von Nada Surf covern.
Bis auf zwei drei Songs (Sound Of Everyone, Average World, Titelsong) nimmt mich nichts davon mit.
Höre dann lieber nochmal die beiden oben erwähnten Glanzlichter "Attack On Memory" und "Here And Nowhere Else".
Schade drum, hab aber eigentlich auch nicht viel mehr erwartet von diesem Schnellschuss.
kingbritt
2020-07-09 11:25:27
"Dass man dem Album an keiner Stelle anmerkt, dass sich Baldi und Gerycz während der Aufnahmen niemals im gleichen Raum aufhielten"
Kenne ich auch "fast" nur so, das sich Musiker die Aufnahmen hin und her schicken.
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