Haim - Women in music pt. III

Vertigo / Universal
VÖ: 26.06.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

... und die Hits von heute!

Die drei Haim-Schwestern sind popkulturelle Schwämme. Das merkt man, wenn man sie ganz generell über Musik reden hört, wenn sie über ihre Einflüsse, ihre Sozialisation sprechen und sie sich dabei gegenseitig – und das nicht selten in einem ziemlichen Redeschwall – die Bälle zuwerfen. Dabei macht es keinen großen Unterschied, ob es sich um Girl- und Boygroups der späten Neunzigerjahre handelt oder um die wirklich großen Helden der Pop- und Rockgeschichte. Ob Spice Girls, Prince oder Fleetwood Mac: Haim absorbieren quasi alles, was ihnen in die Finger kommt. Das kam auf den beiden bisherigen Alben bereits zur Geltung, doch erst mit der neuen, dritten Platte "Women in music pt. III" dringt dieser Aspekt so richtig in den Fokus. Dieses Album, das inklusive der drei als Bonussongs deklarierten Vorab-Singles 16 Stücke umfasst, ist ein buntes, quirliges Pop-Panoptikum. Eine Reise durch Stile, Jahrzehnte und Stimmungen. Am Ende tragen die Songs aber trotzdem immer unmissverständlich die Haim-Handschrift.

Das beginnt schon im schwülen Jazz-Pop des Openers "Los Angeles": Ein schräges Saxophon eröffnet den bunten Reigen, der Beat streift gedankenverloren durch die gleißenden Straßen, das Arrangement erinnert an Vampire Weekend. Was letztlich auch niemanden überraschen dürfte, besteht doch eine enge Freundschaft zwischen den drei Schwestern aus Kalifornien und der Indie-Institution aus New York. Eine weitere Verbindung wird über das Produzentenduo hergestellt: Ariel Rechtshaid ist der Haus- und Hofproduzent beider Bands und Rostam Batmanglij war lange Zeit der Mann an den Tasten bei Vampire Weekend. Das folgende "The steps", einer der vielen bereits vorab veröffentlichten Songs, gibt sich hingegen als zeitgemäßes Update von Shania Twain: Ein sanfter Country-Twang umweht die Nummer, ein emanzipatorischer Verve durchzieht die knapp vier Minuten. Der versatile Pop-Entwurf der Haim-Schwestern lässt sich problemlos in die unterschiedlichsten Richtungen weiterdenken.

Auch R'n'B findet seinen Platz in diesem Kosmos: Das buttrige "3 AM" tanzt sich mit weichen Knien zurück in die späten Neunzigerjahre, als der hier präsentierte Sound das Ding der Stunde war. "Another try" stolpert sogar über einen dezenten Reggae-Beat und selbst das funktioniert, auch wenn man mit dem Genre vielleicht eher wenig anfangen kann. Zur Folge hat diese stilistische Vielfalt, dass sich "Women in music pt. III" oft anfühlt wie ein Senderdurchlauf amerikanischer Radiostationen, lose verbunden durch die immer wiederkehrenden Stimmen der Schwestern und die klassischen Haim-Melodien. Möchte man also auf Teufel komm raus einen winzigen Kritikpunkt formulieren, so wäre es wohl am ehesten der, dass die Kohärenz, die auf dem Debüt "Days are gone" noch eine wirkliche Waffe war, hier ein wenig verloren geht. Aber wie verbittert müsste man sein, um einer so vielseitigen, spielfreudigen Platte ans Bein pinkeln zu wollen? Eben, schon ziemlich verbittert.

Nimmt man "Women in music pt. III" also als das, was es tatsächlich ist, nämlich als stilistisch vielseitiges Portfolio, so wird man mit dem Album große Freude haben. "Man from the magazine" fällt in seiner Reduktion beispielsweise so ziemlich aus dem Rahmen, wirkt wie eine schüchterne Garagenaufnahme, was dem kurzen Track zusätzlich den Charme einer spontanen Fingerübung verleiht. Dass direkt darauf mit "All that ever mattered" ein Stück folgt, das so ziemlich das Gegenteil von reduziert ist, versteht sich fast von selbst: Gniedelnde Powergitarren, wie man sie zuletzt oft bei Bilderbuch gehört hat, treiben die Nummer vor sich her, bis der Schweiß aus allen Poren tropft. In diesen gut zwei Minuten stecken Funk, Soul, Pop und Rock, kondensiert und auf den Punkt gebracht. Emotional wird es im akustisch gehaltenen "Hallelujah", dem melancholischen Höhepunkt der Platte, widmen Haim diesen Song doch einer Jugendfreundin, die bei einem Autounfall verstarb. Hier gibt es dann passenderwesie keine knalligen Gesten, sondern dezenten Folkpop aus der Fleetwood-Mac-Schule. Und den beherrschen Danielle, Este und Alana ja sowieso am allerbesten.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The steps
  • Man from the magazine
  • All that ever mattered
  • Summer girl

Tracklist

  1. Los Angeles
  2. The steps
  3. I know alone
  4. Up for a dream
  5. Gasoline
  6. 3 AM
  7. Don't wanna
  8. Another try
  9. Leaning on you
  10. I've been down
  11. Man from the magazine
  12. All that ever mattered
  13. FUBT
  14. Now I'm in it (Bonus)
  15. Hallelujah (Bonus)
  16. Summer girl (Bonus)
Gesamtspielzeit: 51:39 min

Im Forum kommentieren

Armin

2021-02-19 19:14:42- Newsbeitrag

Die Hinweise auf Instagram haben sich in den vergangenen Tagen verdichtet, jetzt ist es offiziell: HAIM haben sich keine Geringere als Taylor Swift für eine neue Version des Albumtracks „Gasoline“ aus dem im Juni 2020 veröffentlichten Album „Women in Music Pt. III“ eingeladen! Aufmerksame Fans haben auf dem zuletzt veröffentlichtem Insta-Post der HAIM-Schwestern im Hintergrund die Zapfsäule mit der Nummer 13 entdeckt (bekanntermaßen die Glückszahl von Taylor) und in einem weiteren Post gab es bereits einen kurzen Teil des Chorus zu hören. Mit der gemeinsamen Version von „Gasoline“ revanchiert sich Taylor Swift bei HAIM, die ihrerseits bereits als Feature-Gäste auf der Single „no body no crime“ auf Taylors im Dezember veröffentlichten Album „evermore“ zu hören waren.

Auf Instagram schreiben HAIM:



“Since we released WIMPIII in June, Taylor had always told us that Gasoline was her favorite. so when we were thinking about ways to reimagine some of the tracks from the record, we immediately thought of her. she brought such amazing ideas and new imagery to the song and truly gave it a new life. thank you @taylorswift for adding your incredible voice and spirit to a track that means so much to us.”



Hört euch die neue Version von „Gasoline“ hier an:



HAIM - Gasoline ft. Taylor Swift




Heute ist aber nicht nur die neue Single mit Taylor Swift erschienen, HAIM veröffentlichen zusätzlich auch ihr von der Kritik gefeiertes Album „Women In Music Pt. III“ noch einmal in der Expanded Version. Neben „Gasoline“ mit Taylor Swift enthält diese Edition des Albums auch eine neue Version von „3AM“ mit Thundercat. „Women In Music Pt. III" ist bei den diesjährigen Grammys als „Album of the Year“ nominiert, was HAIM zur ersten rein weiblichen Rock Band macht, die jemals in dieser Kategorie nominiert wurde. Außerdem wurde auch die Single „The Steps“ in der Kategorie „Best Rock Song“ nominiert. Die Grammys werden in diesem Jahr am 14. März verliehen.



Hört euch die Expanded Version von „Women in Music Pt. III“ hier an:



https://HAIM.lnk.to/WIMPIIIExpandedPR

Cade Redman

2020-08-10 17:34:46

"Gasoline" und "The Steps" sind zur Zeit meine Sommerhits.

Alice

2020-07-22 12:44:41

Mir gefällt es auch wieder sehr gut, bereits der Opener hat mich gekriegt, toller Song.

fuchs

2020-07-21 22:28:34

"Dadrock" wäre allerdings fast schon eine Auszeichnung für eine Platte, die von drei Schwestern aufgenommen wurde. ^^

Mich hat noch nicht bekommen, aber ich werde definitiv noch oft versuchen, weil es im Prinzip genau mein Ding ist.

greenice24

2020-07-21 16:10:45

Also für mich auch ein sehr gelungenes und abwechslungsreiches Sommeralbum, das nach mehrmaligem Hören auch noch besser wird. Für mich persönlich das beste Haim-Album. Und klar ist auch, dass sie das Rad nicht neu erfunden haben, aber raffiniert neues aus altem zusammengeschraubt haben. Für mich schon eine 9/10. Und wem es nicht gefällt, weil Dadrock, kann ja was anderes hören.

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