Pottery - Welcome to Bobby's motel

Partisan / PIAS / Rough Trade
VÖ: 26.06.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Moving units

Eklektizismus und Disziplin: Die Band Pottery aus Montreal beackert mit großer Freude ein weites stilistisches Feld. Ihr zweites Album "Welcome to Bobby's motel" deckt unheimlich viel aus der populärmusikalischen Geschichte der letzten gut 50 Jahre ab. Schnell ist man bei dieser extravaganten Hatz bei großen Vorbildern wie Devo, Talking Heads oder Gang Of Four angelangt. Dazu kommt einiges vom mitreißenden Funk der 70er oder dem massenagitierenden Soul von Sly & The Family Stone. Könnte ganz schön wirr werden, wäre da nicht die so notwendige Disziplin, die Pottery immer aufrechterhalten. Gerade der Rhythmus fährt viele sich abwechselnde und ineinander übergehende Passagen auf, aber in jedem Moment wird jeder Beat, jede Bass-Note mit großer Präzision gespielt. So entpuppt sich mancher oberflächlich betrachtet chaotischer Song als genau durchkonstruierte Komposition einer wahnwitzigen Architektur, die immer logisch, immer nachvollziehbar bleibt.

Warum aber "Bobby's motel"? Pottery selbst sprechen von jener Figur als universellem Jedermann, der jede Art von Gefühl zustande bringen kann. Und das Motel, mag es auch schäbig sein und die Mini-Bar nicht gefüllt, steht für den Lebensraum, der den Ort für jegliche menschliche Erfahrung bereithält. Auch hier also ein weit gefasster Rahmen, der abgedeckt wird. So ist dann auch das musikalische Spektrum breit gefächert – aber immer unter der Prämisse, dass der Rhythmus schiebt und treibt. Der "Hot heater" entwickelt sich zur Kampfansage der Bewegungsfreiheit, nachdem er zuerst tiefe Fußstapfen in Form kräftig ausgeteilter Drum-Beats hinterlässt. Aber bereits hier tänzelt die Funk-Gitarre mit leichtem Schwung, bevor ein lateinamerikanischer Swing übernimmt.

Solche Beschreibungen zeigen schon: Es bleibt selten bei der einen Gangart, bei einer einzigen Charakteristik. Dass jedoch die einzelnen Bestandteile schlüssig ineinandergreifen, macht aus dieser Platte ein vollumfängliches Vergnügen, bei dem es drunter und drüber geht, wobei eine übergeordnete musikalische Instanz aber immer den Kurs hält. Die üppige Schussfahrt "Texas drums pt I & II" durchfährt seine groovige Gerichtetheit hypnotisch, aber nicht beiläufig: Das rhythmische Grundgerüst sorgt für einen schneidigen Ablauf, doch die Vocals im Chor, die gefährlich funkelnden Bläser und die schnittigen Gitarren befeuern die coole Nummer mit inniger Hitzigkeit.

"Reflection" ist dann der einzige Song, bei dem das Diktat des Rhythmus zugunsten einer genüsslich schmachtenden Melodik zurücktritt. Aber selbst hier bleiben Schlagzeug und Bass die unerlässliche Grundlage, auf der sich das Stück entrollt. Deutlich dominanter geben sich diese Instrumente in "Take your time", das wie so oft auf diesem Album zackigen Post-Punk mit schrägem Art-Pop vermengt. Auch dieser Song zeigt dann wieder auf, wie brillant Pottery einen Weg finden zwischen Haltlosigkeit und Kontrolle – oder eben zwischen Eklektizismus und Disziplin.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hot heater
  • Texas drums pt I & II
  • Take your time

Tracklist

  1. Welcome to Bobby's motel
  2. Hot heater
  3. Under the wires
  4. Bobby's forecast
  5. Down in the dumps
  6. Reflection
  7. Texas drums pt I & II
  8. NY Inn
  9. What's in fashion?
  10. Take your time
  11. Hot like jungle
Gesamtspielzeit: 37:42 min

Im Forum kommentieren

Armin

2020-06-17 20:13:27- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

humbert humbert

2020-05-15 05:57:22

Ein neues Lied: Hot Heater. Erinnert stark an Talking Heads! Das Album wird jedenfalls gut abwechslungsreich.

humbert humbert

2020-04-25 20:31:57

Rockband aus Kanada. Erinnert mich etwas an Parquet Courts, nur rockiger. Das Album kommt am 26. Juni raus.


Texas Drums Pt I & II

Hot Like Jungle

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