Grace.Will.Fall - Barren by design
MidsummerVÖ: 29.05.2020
Plötzlich nachvollziehbar
Grace.Will.Fall haben seit jeher eine ganze Hand voll Probleme. Da wäre die simple Tatsache, dass das Quintett nun mal aus Schweden kommt und der Qualitätsanspruch an harte Musik aus jenen Gefilden nicht eben gering ist. Milde ausgedrückt. Da wäre natürlich auch der offensichtliche Vergleichsmaßstab mit dem klitzekleinen Namen Refused, an dem man als schwedische Hartwurstkombo unmöglich vorbeikommt, auch wenn die Referenz zuletzt hinter der revolutionären Geste wenig zu bieten hatte. Und da wäre vor allem die Kompromisslosigkeit, mit der Ulf Blomberg, John Andersson, Erik Johansson, Björn Isaksson und Hampus Mörk ihre Interpretation von Hardcore auf ihre Umgebung hetzen. Der leider schon dem großartigen "Second album" in manchen Ohren Abzüge in der B-Note bescherte.
Andererseits ist besagtes Album mittlerweile auch schon über elf Jahre alt. Obwohl die Band zwischenzeitlich mit "No rush" eher künstlerischen Stillstand präsentiert hatte, ist es also an der Zeit, wieder ein Ohr zu riskieren. Das – es war auch wirklich nicht anders zu erwarten – von der Band dann auch sofort gründlich durchgeputzt wird. Der Name Grace.Will.Fall steht auch 18 Jahre nach Gründung der Band für unbarmherzige Riffgewitter, für durcheinanderpolternde, messerscharf auf Kante genähte Rhythmik, für die nahe an der Perfektion zelebrierte Symbiose aus Präzision und Brutalität. Trotzdem lässt schon der Opener "Dicklike tendencies" dezente Verschiebungen im Soundgefüge erkennen. Die ganz ungezügelte Zerstörungswut hat die Band besser unter Kontrolle, dafür wird unter anderem der Liebe zum Rock'n'Roll, die schon immer ein Stück weit im Schaffen der Band vergraben war, mehr Platz eingeräumt. Sogar für ein paar Schlenker zwischen an Melodic-Hardcore geschulter Gitarrenarbeit und ganz klassischen Breakdowns nimmt sich die Band die Zeit. Und natürlich für jede Menge kleiner, angetäuschter Solo-Ablenkungsmanöver.
Auf den Punkt gebracht wird die neu entdeckte Nachvollziehbarkeit dann in "Uncertain answer". Da geriert sich die Band nämlich nachvollziehbar wie lange nicht mehr, knüppelt das Stück geradlinig durch seine Parts und spielt sich dabei derart in Rage, dass sie sogar ein richtiges Songfinale spendiert. Das alles bedeutet allerdings lange noch nicht, dass Grace.Will.Fall plötzlich handzahm und angepasst des Weges kommen. Auch im Jahre 2020 empfiehlt es sich, die Straßenseite zu wechseln, wenn der Fünfer einem entgegen schreitet. Man nehme nur das ordnungsgemäß auf Krawall gebürstete "Hopplîs hopplîshet", das die ersten 90 Sekunden nahe an der Grenze zur vollumfänglichen Raserei operiert. Das aber die Zeit findet, zwischenzeitlich für ein paar Takte Schutz in ruhigen Gewässern zu suchen, bevor der Malstrom alles versinken lässt. Überall verteilt die Band derlei kleine Trostpflaster inmitten ihrer Prügelattacken. "In for the kill" könnte unter seiner spröden, kratzbürstigen Oberfläche tatsächlich das melodieverliebteste Stück sein, das die Band jemals geschrieben hat. Der Titeltrack ist bei aller Vertracktheit im Herzen ein einwandfreier Punksong. Und "Unsound enough" präsentiert kurz vor Schluss sogar eine Akustikgitarre. Vor allem aber zeigt all das en passant, dass die Probleme von einst der Vergangenheit angehören – wer von Hardcore aus Schweden spricht, spricht spätestens jetzt auch von Grace.Will.Fall.
Highlights & Tracklist
Highlights
- In for the kill
- Barren by design
- Unsound enough
Tracklist
- Dicklike tendencies
- Uncertain answer
- Surrounded by plague
- Hopplîs hopplîshet
- In for the kill
- It might rumble
- In case of humanity
- Barren by design
- Black sails
- Unsound enough
- Last dance
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Armin
2020-06-17 20:10:42- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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