
Art Feynman - Half price at 3:30
Western Vinyl / CargoVÖ: 26.06.2020
Luftiger Nachdruck
Wo zieht man da die Grenze? Luke Temple, vormals Here We Go Magic, hat ein weiteres Künstler-Alter-Ego, nämlich Art Feynman. Doch sowohl unter seinem eigenen Namen als auch unter dem Feynman-Moniker macht Temple Art-Pop, gerne eher experimentell. Doch die Feynman-Songs weisen eine eigene Charakteristik, ein eigenes Feeling auf. Sie plätschern verspielt und scheinbar lose vor sich hin, finden im ungezwungenen Spiel mit mäandrierenden Verläufen jedoch fast immer eine eindringliche Melodie als Höhepunkt. So auch diesmal auf "Half price at 3:30", dem neuesten Output der Feynman-Figur.
So findet "Taking on Hollywood" nach einem losen Versteckspiel mit Funk-Strukturen seine Erfüllung in einer blütenweißen Melodieseligkeit, ohne den großen Hook-Hammer auszupacken. Ein versonnenes, selbstvergessenes Spiel mit weichen Tonfolgen, die im leichten Wellengang an- und abschwellen. "China be better" hingegen groovt sich mit westafrikanischem Gestus vorsichtshalber schon mal warm, bekommt aber als Downer diesen matten, eher abgetönten Gesang Feynmans zur Seite gestellt. Und dies ist einer der exemplarischen Zustände dieses Albums: immer auf der Lauer, immer im Begriff, einen großen Höhepunkt anzusteuern, wobei der anzunehmende Sturmlauf nie wirklich ausgeführt wird. Stattdessen baut Art Feynman in solch einem Work-In-Progress trotz milder Klänge eine reizvolle Spannung auf.
Es sind Schräglagen in der musikalischen Anmutung, welche dieses Album spannend gestalten. Das "Ideal drama" changiert zwischen exotischer Percussion und klassischer Balladen-Melodik, lässt sich schwer festmachen, verbreitet dabei einen sonderbaren Glamour mit augenzwinkernder Träne im Knopfloch. Feynman hat in einem kürzlich gegebenen Interview angegeben, dass er sich die Isolationszeit mit Malen und Zeichnen vertrieben hat. Wäre dieses Album die Grundlage für Feynmans Ausflüge in die bildenden Künste, wären wohl wässrig aufgeschwemmte Aquarelle dabei herausgekommen. Man kann einen Song wie "The physical life of Marilyn" nur schwer greifen, doch zwischen den wolkigen, fluiden Klängen spielt sich dann doch ein kleines, eindringliches Drama ab.
Und immer wieder diese Ambivalenz: Da können analoge Percussion und dezent eingestreute Akustikgitarre in "I'm gonna miss your world" eine gewisse Erdigkeit andeuten, doch ist der Track insgesamt als luftiges Mantra ohne nennenswerte Bodenhaftung angelegt. Und auch der urbane Groove mit Verweisen nach Afrika in "Not my guy" lassen erst nicht vermuten, dass es sich hier eigentlich um reinstes Trump-Bashing handelt: "You're not anybody else's guy." Das abschließende "I can dream" ist dann noch einmal ein perfektes Beispiel für den Modus Operandi dieser Platte: Scheinbar beiläufig tändelt die Gesangsmelodie dahin, doch ein aufmerksamer Hörer macht dabei wunderschöne Höhen und Tiefen aus, kleine Verzierungen und Kreisel. Und dieses Aufblühen im Nebensächlichen ist dann ganz eindeutig und unvergleichlich: Art Feynman.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ideal drama
- Not my guy
- I can dream
Tracklist
- Dtine
- Taking on Hollywood
- China be better
- Ideal drama
- The physical life of Marilyn
- I'm gonna miss your world
- Night flower
- Not my guy
- Emancipate your love life
- Nancy are you hiding in your work
- I can dream
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Armin
2020-06-17 20:10:00- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Art Feynman - Half price at 3:30 (1 Beiträge / Letzter am 17.06.2020 - 20:10 Uhr)