Mt. Joy - Rearrange us

Dualtone / eOne / SPV
VÖ: 05.06.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Ode an die Leude

Um mal unverblümt zu starten: Irgendwie verarschen Mt. Joy sämtliche Neuhörer ihrer Musik zu Beginn ihres zweiten Albums "Rearrange us" gleich doppelt. Ein Blick auf die Tracklist verrät, dass der Opener ein Titel namens "Bug eyes" ist, und natürlich denkt man da als erstklassig ausgebildeter Musikfan sofort, ob das nicht etwa ein Dredg-Cover sein könnte. Spoiler alert – nö, ist es nicht. Dann beginnt das gute Stück und schmeichelt sich gemütlich im Ohr ein. Ach, so ist das also, ein Folk-Album! Sphärische Gesänge, eine kleine Gitarrenmelodie, Lagerfeuer-Stimmung. Herzig! Zumindest bis zur Hälfte, wenn das Quintett seinen inneren Indie-Rocker erkennt und ihn gemeinsam mit etwas Psychedelic-Pop ungefiltert rauslässt.

Diejenigen, denen Mt. Joys selbstbetiteltes Debütalbum von 2018 trotz Rolling-Stone-Hypes durch die Lappen gegangen ist, dürften hier also eine kleine, aber feine Überraschung erleben. Gemeinsam mit Produzent Tucker Martine, der in der Vergangenheit auch schon mit den stilistisch gar nicht so fernen My Morning Jacket an deren letzten beiden Werken "Circuital" und "The waterfall" zusammengearbeitet hat, schufen die Kalifornier mit ihrem Zweitling ein Album, das in erster Linie Bock machen soll. Mission erfüllt! "Rearrange us" ist eine Platte von stinknormalen Leuten für andere stinknormale Leute. Klingt langweilig? Nur dann, wenn man eine gewisse Routine eben nicht als Beweis für die Tatsache sieht, dass das Leben augenblicklich zumindest nicht schlechter geworden ist. Da kommt dann so ein Track wie das eingangs erwähnte Nicht-Cover "Bug eyes" gerade recht: ein sanfter Beginn, der Dich noch behutsam am Abgrund abholt und schließlich mit ordentlich Vollgas in eine bessere Zukunft verschwindet – zumindest für die kommenden fast 40 Minuten ist die Welt in Ordnung.

So darf sich das hyperaktive "My vibe" dann auch gern mal in alter Radio-Pop-Manier austoben und derart verausgaben, dass das anschließende entspannte "Let loose" sich noch ein Runde ausruhen muss, bevor es sich zum Schluss in fast schon noisigem Allerlei verlieren darf. Das Artwork von "Rearrange us" verspricht nicht zu wenig: Kunterbunt und manchmal etwas übervoll geht es hier zu, mit vielen Menschen auf einem Haufen und doch auch mit unterschwelliger Melancholie im Hintergrund. Muss man halt erstmal bringen, einen Song wie "Every holiday", der eindeutig an die kuscheligen Feiertage zur kalten Jahreszeit erinnert, in der Mitte eines Albums zu platzieren, das zum Sommeranfang erscheint. Aber wie wissen insbesondere Anhänger der "Fallout"-Videospiel-Reihe? Richtig: Anything goes.

Man muss halt auch mal loslassen können. Dann erst entfaltet sich die schier unbändige, stürmische Energie eines "Acrobats" am besten, das sogar leichten Postrock-Charakter aufweist und sich dennoch nicht in einer genretypischen dystopischen Landschaft verliert, sondern stets das Licht sucht. Und dann erst kann man mit "Witness" wachsen, das sich hier Zeile für Zeile weiter aufbaut und abermals von einer gefälligen Folknummer zu einem Art-Rocker mit Gospel-Untermalung verwandelt. Mit dem abschließenden "Strangers" machen Mt. Joy den Sack dann einfach zu: In der kalifornischen Version einer Südstaaten-Party wird das Klavier noch schnell in die Mitte des Saloons geschoben, sämtliche Gäste an der Hand genommen und ausgelassen durch den ganzen Laden getanzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Ja, so eine Fete mit normalen Leuten, das muss schon auch mal sein – auch wenn sie uns am Anfang fast verarscht hätten.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Let loose
  • Acrobats
  • Strangers

Tracklist

  1. Bug eyes
  2. Rearrange us
  3. Have faith
  4. My vibe
  5. Let loose
  6. Every holiday
  7. Come with me
  8. Death
  9. Acrobats
  10. Witness
  11. Us
  12. Become
  13. Strangers
Gesamtspielzeit: 39:47 min

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Armin

2020-06-03 19:37:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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