Sammy Brue - Crash test kid

New West / PIAS / Rough Trade
VÖ: 12.06.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Alter eigentlich egal

Sammy Brue ist eben erst 18 geworden und veröffentlicht trotzdem schon sein zweites Album. Da hält man kurz inne, überlegt, wo man im selben Alter stand und weil man da vermutlich gerade erst mitten im Abitur oder der Ausbildung steckte, stellt man fest: Ganz schön beeindruckend. Dann hört man "Crash test kid", Brues elf Songs umfassendes Zweitwerk, und konstatiert weiter: Verdammt, das ist auch wirklich beeindruckend gut. Zu guter Letzt kann man über den jungen Amerikaner dann noch lesen, dass er bereits als Support von Michael Kiwanuka und Justin Townes Earle unterwegs war – und dem leicht zu Beeindruckenden gerät endgültig die Kinnlade außer Kontrolle.

"Gravity" startet mit wohlig-lässigem Gezupfe, gipfelt aber nach der Hälfte in einem im besten Sinne scheppernden Country-Rock-Part. Schon dieser Opener zeigt, was Brue auf dem Album grandios gelingt: das Wilde und das Poppige, das Eindringliche und das Spaßige miteinander in Einklang zu bringen. "I don't feel gravity, no no no" heißt es im Refrain und Brue singt das mit seiner paradoxerweise gleichermaßen rauen wie sanften Stimme so überzeugend, dass man glaubt, der Sänger würde tatsächlich gerade über den Dingen schweben. Die Songs hat er zusammen mit dem Iren Iain Archer geschrieben, der zuvor bereits mit Jake Bugg zusammengearbeitet hat. In "Teenage mayhem", einem chaotischen Blues-Rocker, der stark an das texanische Duo Black Pistol Fire erinnert, ruft der Musiker die Jugend dazu auf, sich politisch zu engagieren – und zwar so energisch, dass sich von Brues Wunsch nach Aktivismus auch etwas auf den Hörer überträgt. In "Megawatt", einem der poppigsten Songs des Albums, erinnert der 18-Jährige an Shout Out Louds, was zum einen an der stimmlichen Ähnlichkeit, vor allem aber an der charmanten Instrumentierung mit treibenden Drums, elektrischen und akustischen Gitarren liegt.

Diese rockigen Tracks strotzen nur so vor Leidenschaft für und Spaß am Musizieren, so auch "What you give" oder das an junge Arctic Monkeys erinnernde "Fishfoot". Brues Talent als Songwriter wird aber vor allem in den ruhigeren Stücken deutlich. "True believer" gemahnt stellenweise an Bob Dylans "Ballad of a thin man", anders als der Nobelpreisträger treibt Brue den Song aber zu einer stimmig-poppigen Klimax und dem schönsten Refrain des Albums. Einer an sich zweifelnden Person erklärt Brue "I caught you lying / And now you think you deserve pain / But I tell you / No one's out to get you" und versichert im Refrain wahnsinnig eindringlich: "I'm your true believer." Das Titelstück, als kurze Atempause in der Mitte platziert, ist eine reduzierte Piano-Ballade, die an Father John Misty denken lässt. Wieder ist es der Refrain, der besonders unter die Haut geht. "Save me from falling", barmt Brue da, was besonders in der zweiten Hälfte dank der gefühlvollen Streicher Gänsehaut-Potenzial hat. Das Wunderbare an "Crash test kid": Es spielt überhaupt keine Rolle, dass dieses Album von einem 18-Jährigen geschrieben wurde, denn es ist altersunabhängig fantastisch. Wenn man die wenigen Lenze, die Brue auf dem Buckel hat, dann aber doch mit einrechnet, wird das Staunen nur umso größer.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Gravity
  • True believer
  • Crash test kid
  • What you give

Tracklist

  1. Gravity
  2. Die before you live
  3. Teenage mayhem
  4. True believer
  5. Pendulum thieves
  6. Crash test kid
  7. Megawatt
  8. Fishfoot
  9. Skatepark doomsday blues
  10. What you give
  11. Paint it blue
Gesamtspielzeit: 38:05 min

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Armin

2020-06-03 19:35:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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