Peter Oren - The greener pasture
Western Vinyl / CargoVÖ: 24.04.2020
John Wayne vorm Ladebildschirm
Klarer Fall von aus der Zeit gefallen. Peter Oren ist genervt, von diesem ganzen Social-Media-Zirkus, von extrakurzen Aufmerksamkeitsspannen, von ökonomischer Effektivität. Als eine der aufregensten zeitgenössischen Stimmen des Americana kommt Oren ja ohnehin aus einer eher anachronistischen Ecke, doch heißt das nicht, dass der Amerikaner weltfremd aus seiner Komfortzone heraus musiziert. Die Zeichen der Zeit hat Oren erkannt, so erinnert die isometrische Darstellung einer Farm auf dem Cover seines neuen Albums "The greener pasture" an völlig durchrationalisierte Industrieanlagen, doch lehnt er diese rundweg ab. Oren besitzt laut eigener Aussage genau zwei Fähigkeiten: Konzerte zu spielen und Rechnungen zu bezahlen. Ach ja, großartige Songs schreibt er auch noch, wie sein drittes Album beweist.
Wenn ein Song "In line to die" tituliert ist, ahnt man schon, was einen erwartet. Und Oren liefert genau das: Kohlrabenschwarze Gravitas in der Stimme, die Gitarre ist schief im Rahmen aufgehängt, zu ihr gesellt sich noch ein konstanter Beat mit knorrigem Herzschlag. Dies ist ebenso klassisch wie der folgende "Stud song", welcher fast trotzig mit Schunkel-Country zum dezidiert unmodernen Scheunenfest aufspielt. Der Punkt bei all dem ist jedoch, dass man Oren seine Stücke aus dem musikalischen Gestern vollauf abnimmt. Die Grabesgitarre von "Free" weht dann jedoch durch Sphären, die von Natur aus zeitlos sind, entlang des Styx, entbunden von hektischem "Jetzt muss das aber!". Würde, zwar ramponiert und mitgenommen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine jenseitige Ruhe strahlt durch diese Stücke, eine abgewandte Konzentration auf Dinge außerhalb der Vernetzungen.
Damit landet Oren bei Wahrheiten und Realitäten, denen man nicht noch schnell den Mund nachschminken muss. Vielmehr besteht auf "The greener pasture" ein Wille zur Konzentration auf die Basics. Der Titelsong kommt prima damit zurecht, einsam dazustehen, kriegt nur einige Anregungen von elektronischen Klangerzeugern, hier mal eine geloopte Geige, da eine Spur düsterer Synthies, das reicht. Wegweiser bleibt jedoch immer diese tiefe Stimme, welche jedoch auch so manches Mal Geborgenheit und Schutz suggeriert.
Und in die Musik von "The greener pasture" kann man dann auch Vertrauen setzen. "Fun yet" ist eine grundehrliche Americana-Nummer, spult sich mit einigen Gitarrenverschnörkelungen in aller Ruhe ab. Dass "John Wayne" einen eigenen Song bekommt, ist da fast Ehrensache. Dieser gerät zu einem elegischen Abgesang, der die titelgebende Figur jedoch nicht haltlos glorifiziert. Als Gegenentwurf wird der "Loading page" ein eigener Song spendiert, mit der Oren sein Leben vergleicht. Immer noch nicht ganz fertig, im Wartezustand, ein Verharren vor einem sklavisch verehrten Objekt, dem Computerbildschirm. Doch selbst solche mit der Moderne verbundene Beobachtungen halten Peter Oren nicht davon ab, in seinen Bart zu grummeln und die Gitarre knarzen zu lassen. Altmodisch ist dies vielleicht, jedoch auch eine geeignete Waffe, um aus dem Gestern heraus den zeitgenössischen Irrsinn aufs Korn zu nehmen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Free
- The greener pasture
- John Wayne
- Loading page
Tracklist
- In line to die
- Stud Song
- Free
- The greener pasture
- Whole world
- Fun yet
- John Wayne
- Gnawed to the bone (Come by)
- Ones and ohs
- Don't eat their feed
- Fences, ranchers, and cattle prods
- Loading page
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Armin
2020-04-15 20:30:08- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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