Matt Holubowski - Weird ones

Audiogram / Membran
VÖ: 21.02.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Gar nicht mal so komisch

Vor einigen Wochen "Witz der Woche" in der Plattentests.de-Rundmail für Mitarbeiter: "Essen zwei Kannibalen einen Clown, sagt der eine: 'Schmeckt irgendwie komisch.'" Nun ja, über Geschmäcker lässt sich bekanntlich streiten. Sicherlich auch unter Menschenfressern. Und "komisch" ist eh ein weiter Begriff. Matt Holubowskis "Weird ones" jedenfalls tragen eher keine wasserspritzende Blume am Revers. Der kanadische Singer-Songwriter widmet sein mittlerweile viertes Album einem anderen Schlag komischer Typen und schräger Vögel. Zum Beispiel solchen, die sich in den Wald zurückziehen, um Musik aufzunehmen. Genau das hat auch der aus Québec stammende Künstler getan. Dabei heraus kam ein Album, das der derzeit überaus angesagten Prämisse "Stell Dir vor, es wird Frühling, und keiner geht hin" sehr gerecht wird.

Der Blick durchs Fenster ziert schon das Artwork von "Weird ones", das konstruierenden Bauhausstil mit impressionistischer Landschaftsdarstellung paart und zu einer surrealisitischen Melange verschmilzt. Genauso könnte man auch den Sound des Albums beschreiben, das höchstens deswegen "Folk" als Genre zugeordnet bekommt, weil man sonst auch nicht weiß, was man da hinschreiben soll. Gemeinsam mit seinem Produzenten Connor Seidel und einer Handvoll Gastmusiker hat Holubowksi Arrangements geschaffen, die von blumig bis nebulös reichen. Die erste Single "Two paper moons" fasst das wunderbar zusammen. Die eingängige Percussion und die soft gezupfte Gitarre entwickeln zwar einen Sog, der durchaus poppig daherkommt, doch der Gesang des Kanadiers entwickelt eine geisterhafte Dynamik, die weit entfernt vom allzu Simplen den Hörer umgarnt wie ein mytholgischer Sirenenruf. Noch deutlicher äußert sich das im großartigen "Down the rabbit hole", in welchem Holubowski fesselnde Streicher addiert und von der singenden Kopfstimme ins dumpfe Spoken Word wechselt.

Das anschließende "The highlands" ist wärmer, wenn auch nicht ausgelassener – zumindest bis in die zweite Hälfte, wo sich abermals Streicher eingliedern und mithin die gebrochenen Drones vertreiben. Der Rhythmus wird langsamer, eine Slide-Gitarre hält Einzug, und Holubowski steigert seinen klagenden Gesang immer weiter, bis schließlich ein paar tiefe Bläser seinen Zeilen den letzten Nachdruck verleihen, bevor der Song mit Meeresrauschen ausleitet. Grandios. Ebenso beachtenswert: Das sonnige "Eyes wider", das einen unsagbar tollen Chorus in die Waagschale wirft, der niemandem, der die Lyrics nicht versteht, verraten würde, dass er eigentlich vom Lügen erzählt. Auch das Up-Tempo von "Greener" gefällt – insbesondere, wenn zum letzten Drittel der Sound eine verzerrte Elektrische nach vorn rückt und Holubowksi beginnt, energischer zu intonieren.

Selbst "Mellifluousflowers", das fast ausschließlich mit einer Gezupften und ein paar einzelnen Pianotasten auskommt, bricht nicht mit der gesättigten Stimmung der Platte, sondern erweitert sie höchstens um das Konzept der Stille. So kommt auch der fast zehnminütige Closer "Love, the impossible ghost" musikalisch ohne viel Aufhebens aus. Dafür schürt Holubowski gesanglich noch einmal das Feuer an – ohne dabei allzu große Töne zu spucken, natürlich. Es es geht um Trennung, aber auch ums Ausbrechen. "Where’s the way out, where’s the door? / I can’t stay here, I abhor it", lauten die zentralen Zeilen des Stücks, das sich zwischendurch ein angenehm uneitles Gitarrensolo gönnt und sich am Ende mit einer Minute Ruhe verabschiedet. Da spricht er sicher dem ein oder anderen aus der Seele. So komisch ist das gar nicht mal.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Two paper moons
  • Down the rabbit hole
  • Eyes wider

Tracklist

  1. Weird ones
  2. Two paper moons
  3. Thoroughfare
  4. Around here
  5. Down the rabbit hole
  6. The highlands
  7. Weird ones II
  8. Eyes wider
  9. Greener
  10. Moon rising
  11. Mellifluousflowers
  12. Love, the impossible ghost
Gesamtspielzeit: 50:34 min

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Armin

2020-04-01 21:12:39- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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