Kashmir - Zitilites

Columbia / Sony
VÖ: 11.08.2003
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Lichtgestalten

Manchmal wehrt sich der Geist gegen das Verfassen einer Plattenkritik. Wie ein gut behüteter Schatz sollte sie bleiben, diese Band. Doch bereits im nächsten Moment fragt man sich, ob dieses Verhalten nur ein infantiler Rückfall in Zeiten ist, in denen man das Lieblingsspielzeug nicht mit dem gewindelten Konkurrenten teilen wollte. Man kennt das ja: Zuerst kann man sich stolz in seinem Indie-Status sonnen, weiß man doch eine dem gemeinen Musikfan noch nicht vertraute, wundervoll musizierende Band zu schätzen. Ein Jahr später schon hört man diese Formation vielleicht schon aus den Boxen eines jeden Golf GTI. Kashmir setzen mit "Zitilites" zum großen Höhenflug an, und die Musikzeitungen aller Herren Länder machen mit. Bitte gut festhalten.

Kashmir liefern mit "Zitilites" (sprich: Citylights) einen famosen Nachfolger zu "The good life" ab. Es ist ein Album über ihre Stadt Kopenhagen, über die Menschen dort und das Leben. Blitzlichter im Dunkel der urbanen Großstadt, warme Regionen, nahe am Herzen und nahe am Wasser gebaut. Es sind diese typischen Wechsel zwischen laut und leise, behutsam und in gewisser Weise brachial, die die Musik von Kashmir ausmachen. "Don't ever lose your ropes / This man is hanging by the ends", fleht Kasper Eistrup in "Rocket brothers", dem fulminanten Opener. Kashmir vertonen Gefühle. Und was sich bei anderen Bands wie eine verbale Seifenblase anhört, ist bei den Dänen zu spüren.

Mit diesen Gefühlswelten könnte man ganze Dramen füllen: Liebe, Schmerz und Bruderschaft sind bei Kashmir die Krisenregionen der menschlichen Seele. Da ist zunächst einmal die großartige Stimme von Kasper Eistrup, auf "Zitilites" mehr gedämpft als laut schreiend. Da ist dieser dezente Einsatz der Instrumente. Elegische Passagen wechseln mit Hau-Ruck-Gitarrenakkorden. So soll es sein. In manchen Momenten wirkt alles so vertraut, daß man ein Plagiat vermutet, doch nicht immer findet der Suchende. Ein wenig Radiohead, ein bißchen Motorpsycho, Pink Floyd und irgendwo dazwischen tatsächlich auch mal ein wenig von den Namensgebern Led Zeppelin. Kashmir liefern den Soundtrack Of Our Lives mit allen seelischen Aggregatzuständen.

"Surfing the warm industry" hingegen zeigt Kashmir von einer neuen Seite. Ein hämmernder Drumcomputer, eine monotone Stimme und wieder dieser anmutig herausgerufene Refrain. Kashmir vertonen subtil ihre Systemkritik, und im dazugehörigen Video wird auch visuell nichts hinterm Berg gehalten. Diese Songs sind tatsächlich wie Achterbahnfahrten. Dem Moment der Entspannung folgt der steile Aufstieg. Auch die Platte in sich wirkt gleich dem musikalischen Schema der Songs wie der Kopf des Janus. Auf den brachialen und hymnischen Beginn folgen mit "Aftermath" und "Melpomene" zwei sphärische Stücke. Zum Ende hin wird "Zitilites" noch ruhiger und getragener. Die Lichter der Stadt erlöschen langsam. "Petite machine" und "In the sand" legen Zeugnis ab von Kasper Eistrups großem Talent. Bald schon wird vielleicht jeder Kashmir mögen. Und wir uns damit abfinden. Man muß auch teilen lernen.

(Sebastian Peters)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rocket brothers
  • Surfing the warm industry
  • Melpomene

Tracklist

  1. Rocket brothers
  2. Surfing the warm industry
  3. The aftermath
  4. Ruby over diamond
  5. Melpomene
  6. The push
  7. Ramparts
  8. Petite machine
  9. The new gold
  10. Big fresh
  11. In the sand
  12. Small poems of old friend
  13. Zitilites
  14. Bodmin pill
Gesamtspielzeit: 61:52 min

Im Forum kommentieren

MopedTobias (Marvin)

2020-11-24 18:05:01

Ich geh auch mit "Zitilites", grandioses Album.

Enrico Palazzo

2020-11-24 17:34:25

Ich finde The Good Life ist ihre beste.

Kashmir war die allererste Band auf meinem allerersten Festival 1999. Super Gig und dadurch bis heute eine Band, die sich tief in meinem Herzen eingenistet hat.

kingsuede

2020-11-24 17:32:29

Dänemarks beste Band mit einem immer noch tollen Album.

Kashmir=Legenden

2013-05-11 11:28:30

Habe das Album erst vor kurzem entdeckt.
Was für ein Album, 10/10!
Fast ausschließlich Lieder für die Ewigkeit, wobei 'Melpomene' und 'In The Sand' die genialsten sind.

Kamm

2013-05-10 21:58:42

Ganz klar, 10/10.

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