IAMX - Echo echo

Caroline / Universal
VÖ: 13.03.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Im Schmerz wiedergeboren

"Unsere Herzen erobert nur der edle Barde mit der Schädelharfe", wusste 2013 Andreas Knöß in seiner Rezension zu IAMX' "The unified field". Fast eine Enttäuschung also, dass Mastermind Chris Corner sieben Jahre später lediglich mit einer handelsüblichen, wiewohl formschönen Gitarre posiert. Denn auch wenn man es vom überaus emotionalen Exil-Briten mit dem glamourösen Elektro-Pop nicht erwarten würde: Die Sechssaitige war sein erstes Instrument und prägt nun auch "Echo echo". Als der an Tool und Dream Theater, aber auch an Muse und dEUS erprobte Produzent David Bottrill ins Geschehen eingriff, schien laut Corner zunächst ein Traum wahr zu werden: eine Metal-Platte. Wer jetzt einen Matthew-Bellamy-Klon in Spandexhose halluziniert, kann sich diesen aber gleich wieder aus dem Kopf schlagen, denn es ist dann doch ein Akustik-Album geworden.

Was im IAMX-Kontext bemerkenswert genug ist. Gerade angesichts seines qualitativ durchgehend hochwertigen Outputs mag man es dem Gefühlsmenschen Corner zwar nicht verdenken, dass er lieber mit überschwappenden Eimern auf der musikalischen Zeitleiste balanciert, statt Klimmzüge am Brotkasten zu machen – sein unverkennbarer Hang zu Pathos und Überarrangement aber war vielen stets ein Dorn im Ohr. Doch wie würden sich ausgewiesene Tanzkracher wie "Spit it out" oder "Kiss and swallow" verhalten, wenn man sie ihrer elektronischen Wucht beraubt und stattdessen mit deutlich großzügigerer Spielzeit ausstattet als die Originale? Verblüffende Antwort auf bange Frage: so luftig, individuell und schlüssig, wie es nicht unbedingt zu erwarten war. Genauer gesagt so, wie sich "I come with knives" zu Beginn behutsam und mit aller Zeit der Welt auffächert.

Mit einem großartigen Song haben wir es hier nach wie vor zu tun – und der gibt sich dadurch zu erkennen, dass er aufs Minimalste heruntergebrochen nichts von seinem Zauber einbüßt. Fiebrige Sequenz und verwunschener Flüsterchor raus, verspielte Akkorde zu spartanischer Beat-Figur und exzellentem, nur vereinzelt manieriertem Gesang rein – so einfach kann das gehen. Trotzdem bleiben diese und alle anderen Bearbeitungen unbeugsame Statements zu zwischenmenschlichem Schiffbruch, persönlichen Höllen und dem Bedrohlichen im Vertrauten: Das Titelstück des Debüts "Kiss and swallow" fordert unverändert "Make a list of the cunts you'd send to hell" und zückt wie ein gefallener "Personal Jesus" trocken die Gummiwaren fürs sardonische Vergnügen. Dass der Refrain-Ausruf "Echo echo" diesem Album seinen Namen gibt, spricht nur für das spröde Prachtstück.

Und ja: Auch hier leidet Corner oft wie ein Hund. Was ihm hinsichtlich seiner jahrelangen Depressionen zugestanden sei, obwohl das "The alternative"-Highlight "Bring me back a dog" auf der abgespeckten Reise durch seine Diskografie leider fehlt. Dafür wächst "I salute you Christopher" über den Status der Ouvertüre zu "Volatile times" hinaus und auf schmerzlich brillante sieben Minuten an – auch weil der genesene Corner aus der Zeile "A scientific death is better than a fairytale of the eternal life" plötzlich Klarheit statt Verzweiflung zu beziehen scheint. "The background noise" hingegen tastet auch in akustischer Fassung so mulmig nach dem Unheil wie die Zunge nach einem kranken Zahn, und das fidele "Spit it out" kommt wenig später gerade recht. Karies-Musik? Ist "Echo echo" zu keiner Zeit. Fingerübung? Eher sanfter Faustschlag. Herzen erobert? Sowieso.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kiss and swallow (acoustic)
  • I salute you Christopher (acoustic)
  • The background noise (acoustic)
  • Spit it out (acoustic)

Tracklist

  1. I come with knives (acoustic)
  2. Kiss and swallow (acoustic)
  3. Mercy (acoustic)
  4. I salute you Christopher (acoustic)
  5. The background noise (acoustic)
  6. You can be happy (acoustic)
  7. Bernadette (acoustic)
  8. Spit it out (acoustic)
  9. Insomnia (acoustic)
  10. The power and the glory (acoustic)
  11. Surrender (acoustic)
Gesamtspielzeit: 66:06 min

Im Forum kommentieren

MM13

2020-03-26 18:45:22

hab von iamx immer nur sporadisch ein paar singles gehört,nie auf albumlänge.das hier schon und ich finds der hammer,vom elektrosound zur akkustik-session,da sind wirklich "neue" sachen entstanden.i salute you christopher,steht bei mir gerade ganz oben.

Armin

2020-03-25 21:04:03- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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