Becca Stevens - Wonderbloom

GroundUp / Membran
VÖ: 20.03.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Beccs Gold

Vergleiche, immer diese Vergleiche. Ja, wenn man auf jemanden aufmerksam machen will, kann so ein "Hört sich an wie" ganz hilfreich sein. Hat sich die Promo-Abteilung von Becca Stevens auch gedacht. Folge: selbstbewusstes Name-Dropping. Also dann mal los. Genannt werden Björk, St. Vincent, Tori Amos und Joni Mitchell. Klar, dass Stevens so richtig nach keiner der genannten klingt. Das hat aber einen dezidiert positiven Grund und schlägt dann doch die Brücke zu den genannten Granden. Becca Stevens klingt nämlich ziemlich einzigartig, und das schon seit ihrem Debüt 2008. So auch wieder auf der neuen Platte "Wonderbloom". Diese ist vom Grundansatz eindeutig Pop, soll aber nicht heißen, dass auf komplexe und differenzierte Kompositionen verzichtet würde. Stevens ist eine Tüftlerin, macht fast alles im Studio selbst und das merkt man. Rhythmische Verschiebungen, die die Songs spannend durch mehrere Phasen leiten, raffiniertes Spiel mit den Soundbestandteilen und eine gekonnte Verlagerung der atmosphärischen Gewichtung der Songs, alles da, alles zu Ende gedacht. Dazu kommen aber eben Melodieverläufe, die sich unproblematisch beim Hörer einnisten, der Zugang fällt leicht.

Nach dem gedämpften "Low on love" zeigt sich im Schulterpolster-Funk von "I wish" direkt eine reizende Ambivalenz. Das Stück hat Verve und Drive, prägnante Beatstaffagen und ein satter Groove auf der einen Seite, auf der anderen aber eben auch eine kontrollierte Nüchternheit im Gesang Stevens, der ein Markenzeichen der Künstlerin aus Brooklyn ist. Denn Stevens übertreibt und überzeichnet nicht, die allzu grellen Töne lässt sie in der Schublade.Ein Stück wie "Slow burn" zeigt deutlich, dass es genügt, die verschiedenen Stimmungen und Rhythmusfiguren in Ruhe aber überzeugt zu verbinden, wenn das grundsätzliche Songwriting tragfähig genug ist. Der sanfte Schmelz, wenn die Amerikanerin in die höheren Tonlagen wechselt, das extravagante Spiel mit den Stop-and-go-Percussion, passt alles wunderbar. Weg von der Dance-Plastik-Haptik geht dann "I will avenge you", welches mit kratzigen Gitarren einen astreinen Pop-Song in sinisteres Sonnenuntergangs-Rot taucht. Im Refrain stehen die Zeichen klar auf Hymne, doch Stevens hält das Pathos mit kühler Kontrolle zurück und explodiert eben nicht in ihren Leidenschaften, ein Hit, der zum Frösteln einlädt.

Auch "True minds" ist so ein Stück, welches seine Eingängigkeit in faszinierend schillernde Kleider hüllt. Die klöppelnden Percussions in der Strophe bieten den Song in stotternden Portionen dar, nur um dann im Refrain einer direkten Eindeutigkeit Platz zu machen. Dies sind alles Elemente, die geradezu zum mehrmaligen Hören einladen, man entdeckt ständig Neues, selbst bei Durchgang vier und fünf. Und für Gefühl ohne Kitsch sorgt Stevens zum Ende der Platte auch noch mit dem großartigen "Heather's letters to her mother". Bei der Briefschreiberin handelt es sich nämlich um Heather Heyer, die bei den Nazi-Aufmärschen 2017 in Charlotteville zu Tode gefahren wurde und nun ihre Mutter darum bittet, ihren Weg fortzusetzen. Da dürfen in diesem unaufgeregten Stück mit zärtlichen Gitarren sogar Neffe und Nichte Stevens mitsingen. Dies ist dann der emotionale Schlusspunkt einer Platte, der es bei weitem nicht an Gefühl mangelt, die aber ihren besonderen Reiz aus der könnerhaften Kontrolliertheit der Kompositionen zieht.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Slow burn
  • I will avenge you
  • True minds
  • Heather's letters to her mother

Tracklist

  1. Low on love
  2. I wish
  3. Between me and you
  4. Good stuff
  5. Slow burn
  6. Charlemagne
  7. I will avenge you
  8. You didn't know
  9. True minds
  10. Feels like this
  11. Never mine
  12. Response to criticism
  13. Halfway
  14. Heather's letters to her mother
Gesamtspielzeit: 53:49 min

Im Forum kommentieren

kapomuk

2020-03-22 12:52:22


Es gibt sie noch, die intelligente Pop-Rock-Musik! Hier findet alles zu einem Gesamtkonzept zusammen: zerrende Gitarren, klickernde Synthesizer, wandelbare Stimme, viele 80er-Anleihen (Prince!) und doch absolut zeitgemäß. Kein Wunder, dass GroundUp, das Label von Snarky Puppy, die Platte rausgebracht hat.

Blogbeitrag auf Peters Panorama

Armin

2020-03-10 21:32:22- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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