Big Fox - See how the light falls
Backseat / SoulfoodVÖ: 20.03.2020
Die Superheldin
Eigentlich, liebe Leser, hättet Ihr diese Rezension bereits vor knapp zwei Jahren zu sehen bekommen sollen. Am 25. Mai 2018 hätte "See how the light falls" erscheinen sollen, das dritte Album von Charlotta Perers und ihrem Projekt Big Fox. Doch die Veröffentlichung wurde aus privaten Gründen auf unbestimmte Zeit verschoben und seitdem schlummerte die damalige Promo bei mir im Archiv. Ein seltsames Gefühl, war die Platte doch ein wunderbares, intimes Kleinod schwedischer Songwriter-Kunst. Ende 2019 schaffte Perers dann Klarheit. Sie hatte kurz vor dem angedachten Termin die Diagnose Lymphdrüsenkrebs erhalten und sich einer Chemotherapie unterzogen. Ein verständlicher Grund, alles zu verschieben. Die Krankheit hat sie glücklicherweise besiegt und sich wieder "See how the light falls" gewidmet. Ein Vergleich ergab: An den Songs wurde nichts verändert, es ist das gleiche Album, das schon 2018 hätte erscheinen sollen. Gut so. Lediglich das Cover, das Perers mit kurzen Haaren zeigt, dient als Artefakt der zwischenzeitlichen Ereignisse.
Insofern bleibt es zwar verlockend, die zehn Stücke in Verbindung mit der Erkrankung zu bringen, was aber zur Fehlkonstruktion gerät. Auch wenn Momente wie "Reality" durchaus wie eine Vorahnung einen Schatten vorauswerfen: "Reality's coming closer now / Reality's standing in my doorway / Waiting to come in." Die Musik hinter den Zeilen traut sich dementsprechend nicht aus ihrem Schneckenhaus heraus. "See how the light falls" verbindet insgesamt weniger eine einheitliche Idee, stattdessen lebt das Album von den tollen Songs. Davon drängen sich gleich zu Beginn ein paar, insbesondere "The fight", das wie ein übergroßes Kissen mit der Hook "Close your eyes now / Close your ears now / Close your heart now, dear" zum Versinken einlädt. Das mit einem äußerst verspielten Beat versehene "Beast" wird von hübschen Synths abgefedert und macht seinem Titel ebenfalls keine Ehre. "One hand strokes and one hand heals." Der Fokus liegt auf Letzterem.
Mit "Sad eyes" und "All I'm trying" stehen zwei wunderbar leise Songs hintereinander. "I don't have the answers for you / I'm just as lost as you" – Perers solidarisiert sich mit Dir, ja, genau Dir. "Rain falls" beschwört eine leichte David-Lynch-Atmosphäre herauf und gerade wenn nicht mehr viel zu kommen scheint, wird der Song plötzlich lauter und intensiver. Einen rhythmusbetonten Hit gibt es auch: "Final call" schielt im dunkel-schummrigen Club sogar Richtung Tanzfläche, wo "See how the light falls" doch eigentlich gar nicht zu Hause ist. "You feel it coming closer / You feel it in your bones / It's a longing unexpected / It's a final call." Auch Körperlichkeit kann Charlotta Perers. Neben Sentimentalität, Esoterik und sogar in "Let love in" etwas Kitsch. Eine echte Superfrau war sie also schon 2018. Nun wissen wir: Den Krebs besiegen kann sie auch. Dafür sollten wir alle dankbar sein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The fight
- Beast
- Sad eyes
- Final call
Tracklist
- The fight
- Beast
- Sad eyes
- All I'm trying
- Final call
- Watching the garden
- Rain falls
- Let love in
- Reality
- Steps
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chocolat ideal
2020-09-27 16:55:08
Tolles Album. Irgendwo zwischen Daughter, Feist und Beach House. Hört das hier niemand? Ein kleiner Skandal!
Armin
2020-03-10 21:29:16- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Big Fox - See how the light falls (2 Beiträge / Letzter am 27.09.2020 - 16:55 Uhr)