Dave Simonett - Red tail

Dancing Eagle / Thirty Tigers / Membran
VÖ: 13.03.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Der Blick nach außen

Was macht man eigentlich, wenn man bereits zwei unterschiedliche Bandprojekte ins Leben gerufen hat, die innerhalb der Folk- und Country-Szene recht weit entfernt voneinander erscheinen und den Alltag eigentlich schon alleine auffressen könnten? Man geht wie Dave Simonett ins Studio, bastelt an ein paar Demoaufnahmen, die dann urplötzlich Albumqualität aufweisen, jedoch nicht wirklich zum Output der beiden bisherigen Projekte passen. Der frenetische Bluegrass-Country von Trampled By Turtles kommt kaum noch durch und auch die intimeren Kammer-Folk-Songs mit Dead Man Winter schielen nur bedingt durch die insgesamt acht Songs auf "Red tail". Was allerdings auffällt, ist eine Entspanntheit, die augenscheinlich durch den Entstehungsprozess angenehm beeinflusst wurde.

Simonett variiert auf seinem ersten Soloalbum unter seinem eigenen Namen Folk- und Country-Weisen, die auf das erste Ohr unglaublich vertraut scheinen. Das vertonte amerikanische Idyll, mag man meinen – so sanft schlendert die Gitarre im eröffnenden "Revoked" ins Blickfeld, das sich die hübschen Hintergrundchöre mit Sicherheit von DeVotchKa ausgeliehen hat. Simonett singt gefühlvoll über Harmonien, die seit Generationen fest in der Hand der Musik des mittleren Westens zu sein scheinen, generell ist seine Stimme vor allem seit seinen Anfangstagen bei Trampled By Turtles reifer und vor allem gelassener geworden. Mit "Silhouette" zieht er das Tempo an, der Schlagzeug hüpft munter von rechts nach links und die Gitarre vibriert befreit mit sonnigem Feedback im Gepäck. Vor allem in diesen Momenten ist dem Album klar anzumerken, dass Simonett den Blick dieses Mal nicht auf seine innersten Befindlichkeiten richtet. Sonne, Mond und Sterne, die Landschaft, der Himmel in seinen Blautönen – der Musiker aus Minnesota hat die Katharsis, die zuletzt seine beiden Alben mit Dead Man Winter ausgemacht hatte, nahezu völlig hinter sich gelassen und bietet dabei doch viel Interpretationsspielraum, ob seine naturbezogene Lyrik wie im ausschweifenden "In the western wind and the sunrise" denn nun eigentlich melancholisch schön oder schön melancholisch ist.

Dessen langes Outro mit seinen kurzen Pianotupfern lässt den Wind noch einmal kurz durch die Haare fahren, ehe "It comes and goes" die Grundzutaten für traurige Country-Songs am Lagerfeuer ein wenig zu plakativ zusammenwirft. Zweifelsohne virtuos ist das etwas zu lang geratene instrumentale Fingerpicking, das dem recht einfach gehaltenen Chorus folgt, die wagemutigeren Songs in der Mitte des Albums hatten jedoch ein wenig mehr versprochen. Auch "You belong right here" wirkt auf das erste Ohr recht konventionell, hier ist die dieses Mal verstärkte Gitarrenarbeit aber knackiger, kantiger und vor allem deutlich effektvoller ausgefallen.

Dass Folk und Country sich ihre Kraft aus Naturbetrachtungen oder simplen Alltagsweisheiten holen, um ein Gefühl der Nähe zum Zuhörer zu schaffen, ist leidlich bekannt. Auch Simonett nutzt diese Kraft aus, setzt aber zusätzlich auf seine gefühlserprobte Stimme und in weiten Teilen auf eine ausgedehnte Instrumentallandschaft. Den Blickwinkel zusätzlich nach außen gerichtet, wirkt "Red tail" dann aber eben doch nicht wie ein x-beliebiges Folkalbum, schließlich lässt uns hier ein Musiker mal weniger an seinem Seelenleben denn an seiner Lust am Musizieren teilhaben. Fast so als würde Simonett die beiden Welten seiner bisherigen Projekte einträchtig vereinen wollen.

(Carl Ackfeld)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Silhouette
  • In the western wind and the sunrise

Tracklist

  1. Revoked
  2. Pisces, queen of hearts
  3. Silhouette
  4. By the light of the moon
  5. In the western wind and the sunrise
  6. It comes and goes
  7. You belong right here
  8. There's a lifeline deep in the night sky
Gesamtspielzeit: 33:06 min

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Armin

2020-03-03 13:06:47- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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