
Lauv - How I'm feeling
Lauv / AWAL / Rough TradeVÖ: 06.03.2020
Mit Pop ins neue Jahrzehnt
Frauen haben im Pop das Zepter in der Hand – das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Zwischen den Taylor Swifts, Beyoncés und Charli XCXs dieser Welt tauchen auch immer wieder ebenso talentierte Newcomerinnen auf, wie zuletzt die begnadete Clairo. Was also tun als Pop-affiner männlicher Künstler ohne den Vornamen Justin? Ganz einfach: ebenso zeitgenössisch und einschmeichelnd agieren wie beispielsweise Troye Sivan. So ähnlich geht auch Lauv vor. Der Kalifornier ist spätestens seit seinem 2017 erschienenen Song "I like me better" in aller Munde. Bloß an den Chartplatzierungen seiner Singles ließe sich sein weltweiter Erfolg zwar nicht unbedingt erahnen, aber der Hype um den Sänger ist trotzdem da: Lauvs Single "Modern loneliness" erreichte binnen weniger Tage über 1,5 Millionen Klicks auf YouTube.
Der Song ist gleichzeitig der Abschluss seines zweites Albums "How I'm feeling" und thematisiert mit Chorgesang und Handclaps die alltäglichen Tücken einer Depression. "I'm trying to find a reason to get up", singt Lauv, der eigentlich Ari Staprans Leff heißt, nachdem federleichte Klaviertöne sich längst in vielschichtigen Pop verwandelt haben. Musikalisch zwar eins der zurückhaltenden Stücke des Albums, das die Thematik aber erschöpfend behandelt. In unbeschwerter bis zuckersüßer Pop-Ummantelung wie bei der Vorabsingle "Tattoos together" lässt Lauv nicht nur tief in sein Inneres blicken, sondern singt vor allem auch über die Einsamkeit, die sich trotz stabilem Freundeskreis immer wieder anschleicht.
Apropos Erfolg: Der Sänger mit lettischen Wurzeln ist auch als Kollaborationspartner und Songwriter für Charli XCX und Demi Lovato gefragt. Ehrensache also, dass auf "How I'm feeling" auch Gäste mit an Bord sind. Lauv scheint einer dieser Künstler seiner Generation zu sein, mit dem gerade jeder zusammenarbeiten will – von Stimmwunder Alessia Cara bis hin zur K-Pop-Boyband BTS bei "Make it right". Vorne mit dabei ist auch Pop-Pionier Troye Sivan: In "I'm so tired" verschmelzen sowohl Stimmen als auch Stil der beiden Sänger geradezu symbiotisch. Ein lässig zurückhaltender Beat und die schleifenartige Wiederholung der Passage "I'm so tired of lovesongs" legen hier die Grundsteine für einen Ohrwurm, der auch ohne klare Strukturen und Mainstream-Denkweise auskommt.
Lauv beweist auf "How I'm feeling" nicht nur ein Gespür für zunächst unscheinbare und doch packende Soundgefilde ("Sims", "Sad forever"), sondern macht den Weg für eine neue Form von Pop-Hits frei. Wo Sivan zum Beispiel auf seinem Debütalbum "Blue neighborhood" mit Synthie-Spielereien punktete, die Melodien aber noch recht formelhaft konstruierte, bricht Lauv mit genau diesem Rahmen. Mit Songs wie "Mean it" oder "Fuck I'm lonely" sorgt er ohne stetig klare Trennung von Vers und Refrain nicht nur für Zugänglichkeit, sondern auch für Einprägsamkeit und führt so (Mainstream-)Pop auch als Mann ins neue Jahrzehnt – Unterstützung von Kolleginnen nicht ausgeschlossen. Denn auch seinen Gästen bietet er Platz, sich voll in seinen Songs zu entfalten: Alessia Cara lockt er in "Canada" trotz Balladenhülle aus ihrem sonst eher aufgeblasenen Sound heraus, und als besonderes Schmankerl ist hier sogar Phoebe Bridgers am Songwriting beteiligt. Pop kann so viel Spaß machen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sims
- Canada (feat. Alessia Cara)
- Tattoos together
- Sad forever
- I'm so tired ... (feat. Troye Sivan)
Tracklist
- Drugs & the internet
- Fuck I'm lonely (feat. Anne-Marie)
- Lonely eyes
- Sims
- Believed
- Billy
- Feelings
- Canada (feat. Alessia Cara)
- For now
- Mean it (feat. Lany)
- Tell my mama
- Sweatpants
- Who (feat. BTS)
- I'm so tired ... (feat. Troye Sivan)
- El tejano (feat. Sofia Reyes)
- Tattoos together
- Changes
- Sad forever
- Invisible things
- Julia
- Modern loneliness
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Armin
2020-03-03 13:06:06- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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